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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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hören.«
    Der Trell seufzte. »Sie haben es auf sich genommen, deine Wächter zu rekrutieren, Icarium – und das tun sie schon seit Anbeginn der Zeit.«
    »Warum?«
    »Das weiß ich nicht. Jetzt, wo du mich fragst – « Er runzelte die Stirn. »Eine interessante Frage. Weil sie einst edle Schwüre geleistet haben, an die sie sich noch immer halten? Weil sie den Azath schützen wollen?« Mappo zuckte die Schultern.
    »Bei den feisten Knöcheln des Vermummten!«, knurrte Rellock. »Nach allem, was wir wissen, könnten es ja auch Schuldgefühle sein.«
    Alle starrten ihn an.
    Nachdem es einige Zeit lang still gewesen war, schüttelte sich Fiedler. »Kommt jetzt … Gehen wir ins Labyrinth!«
     
    Arme und Gliedmaßen. Was an den fesselnden Wurzeln zerrte, was sich in hoffnungslosen Versuchen freizukommen wand und streckte, was sich flehentlich in stummer Bitte oder tödlicher Offerte von allen Seiten reckte, war eine Ansammlung gefangener Lebewesen, und nur die wenigsten dieser schrecklich beseelten Gliedmaßen waren menschlichen Ursprungs.
    Fiedler verspürte den zwanghaften Wunsch, sich die passenden Körper, Köpfe und Gesichter zu diesen Gliedmaßen vorzustellen, doch seine Fantasie reichte dafür nicht aus, obwohl ihm klar war, dass das, was innerhalb der eng verwobenen Wände verborgen lag, selbst seine schlimmsten Albträume in den Schatten stellen würde.
    Tremorlors knorriges Wurzelgefängnis beherbergte Dämonen, uralte Aufgestiegene und solch eine Heerschar fremdartiger Kreaturen, dass der Sappeur zu zittern begann, als ihm seine eigene Bedeutungslosigkeit – und die seiner ganzen Art – bewusst wurde. Menschen waren nichts weiter als ein kleines, zerbrechliches Blatt an einem Baum, der zu groß war, um ihn auch nur in Ansätzen zu begreifen. Der Schock dieser Erkenntnis erschütterte ihn, verspottete seine Kühnheit mit unendlich vielen Echos von Zeitaltern und Sphären, die in diesem verrückten, tobenden Gefängnis gefangen waren.
    Sie konnten Kämpfe hören, die auf allen Seiten tobten, doch bisher gnädigerweise in anderen Bereichen des gequälten Labyrinths. Der Azath wurde von überallher angegriffen. Immer wieder drangen die Geräusche von knackendem, brechendem Holz an ihre Ohren. Tierische Schreie zerrissen die eisengrau verschmierte Luft über ihnen -Laute, die sich von den Kehlen, die sie ausgestoßen hatten, losgerissen hatten, die das Einzige waren, was diesem schrecklichen Kampf entkommen konnte.
    Der Kolben der Armbrust in Fiedlers Händen war schweißnass, während er sich langsam vorwärts schob, wobei er sich immer in der Mitte des Pfads hielt, außer Reichweite der unmenschlichen, gierigen Hände. Direkt vor ihnen war ein scharfer Knick. Der Sappeur kauerte sich hin und warf einen Blick zurück zu den anderen.
    Es waren nur noch drei Hunde da. Shan und Giar hatten sich davongemacht und andere Pfade genommen. Fiedler hatte nicht die geringste Ahnung, wo sie jetzt gerade sein mochten oder wie es ihnen erging, doch Baran, Blind und Ruud schienen über ihre Abwesenheit nicht beunruhigt. Die blinde Hündin trottete an Icariums Seite, als wäre sie nichts weiter als eine wohlerzogene Gefährtin des Jhag. Baran hielt sich zurück und bildete die Nachhut, während Ruud – eine fahle, gescheckte Masse aus Muskeln – keine fünf Schritte von Fiedler entfernt reglos verharrte. Seine dunkelbraunen Augen waren unverwandt auf den Sappeur gerichtet.
    Fiedler erschauerte, und sein Blick huschte erneut zu Blind hinüber. So nah … an Icariums Seite … Er verstand den Grund dafür nur zu gut, genau wie Mappo. Anscheinend konnte man tatsächlich Abmachungen mit einem Azath-Haus treffen – Schattenthron hatte es zumindest geschafft. Die Hunde würden nicht gefangen genommen werden, so sehr sich Tremorlor auch nach einer solchen Beute sehnen mochte, nach der jähen und endgültigen Beseitigung dieser uralten, mörderischen Wesen – doch nein, bei der Abmachung war es um einen weit größeren Preis gegangen …
    Mappo stand auf der anderen Seite von Icarium, die blank polierte Knochenkeule in der Hand. Eine Woge des Mitleids durchströmte Fiedler. Der Trell wurde innerlich zerrissen. Er hatte mehr zu tun, als auf Gestaltwandler zu achten – schließlich war da noch sein Gefährte, den er wie einen Bruder liebte.
    Crokus und Apsalar – Ersterer hielt seine Messer bewundernswert locker in den Händen – flankierten Diener. Pustl schlich in einem Schritt Abstand hinter ihnen her.
    Und das ist alles.

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