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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Mappo sah, dass er langsam nickte. »Und in der Tat verstehe ich es jetzt. Sie alle waren Wächter, genau wie du, Mappo. Und sie alle haben versagt. Sind vielleicht von meiner Hand getötet worden.«
    Er schüttelte sich. »Die Priesterin kann erkennen, was in meinem Gesicht geschrieben steht, denn ihr Gesicht wird zum Spiegel des meinen. Dann nickt sie. Ihr Stab erblüht vor Magie … und dann wandere ich über eine leblose Ebene. Allein. Der Schmerz ist fort – an der Stelle in meinem Innern, wo er bisher gewohnt hat, ist jetzt nichts mehr. Ich spüre, wie meine Erinnerungen davontreiben, immer weiter weg, und dann habe ich das Gefühl, ich habe nur geträumt … und wache auf.« Er drehte sich zu Mappo um. Das Lächeln auf seinem Gesicht war schrecklich anzusehen.
    Das ist unmöglich. Eine Verdrehung der Tatsachen. Ich habe das Gemetzel mit eigenen Augen gesehen. Ich habe mit der Priesterin gesprochen. Jemand hat dich in deinen Träumen besucht, Icarium, hat dich aus einer boshaften Laune heraus heimgesucht.
    Fiedler räusperte sich. »Sieht so aus, als hätten sie diesen Eingang bewacht. Was auch immer ihnen begegnet ist, hat sich als eine Nummer zu groß für sie erwiesen.«
    »In der Jhag-Odhan sind sie als die Namenlosen bekannt«, sagte Mappo.
    Icarium blickte den Trell mit harten Augen an.
    »Es heißt, dieser Kult sei ausgestorben«, murmelte Apsalar.
    Die anderen sahen sie an. Sie zuckte die Schultern. »Tanzers Erinnerungen.«
    Iskaral zischte. »Der Vermummte soll ihre verrotteten Seelen holen! Überhebliche Bastarde, alle miteinander – wie können sie es wagen, solche Behauptungen aufzustellen?«
    »Was für Behauptungen?«, fragte Fiedler grollend.
    Der Hohepriester schlang sich die Arme um den Oberkörper. »Nichts. Erzähle nichts davon, ja. Diener des Azath – pah! Sind wir nichts anderes als Figuren auf einem Spielbrett? Mein Herr hat sie aus dem Imperium entfernt, ja. Eine Aufgabe für die Krallen, wie Tanzer euch erzählen wird. Eine nötige Säuberung, so als würde man einen Dorn aus der Seite des Imperators ziehen. Gemetzel und Schändung. Ohne Gnade. Zu viele verletzliche Geheimnisse – Korridore der Macht – oh, wie sehr sie meinem Herrn übel genommen haben, dass er das Totenhaus betreten – «
    »Iskaral!«, schnappte Apsalar.
    Der Priester zuckte zusammen, als hätte sie ihn geohrfeigt.
    Icarium schaute die junge Frau an. »Wer hat diese Warnung gerufen? Wer hat durch deinen Mund gesprochen?«
    Sie warf ihm einen kühlen Blick zu. »Diese Erinnerungen zu besitzen bringt eine Verantwortung mit sich, Icarium – so, wie keine Erinnerungen zu besitzen einen reinwäscht.«
    Der Jhag zuckte zusammen.
    Crokus drängte sich nach vorn. »Apsalar?«
    Sie lächelte. »Oder Cotillion? Nein, ich bin’s nur, Crokus. Ich fürchte, ich war all dieser Vermutungen einfach überdrüssig. Als hätte ich ein Selbst, das von dem Gott, von dem ich einst besessen war, völlig unbefleckt wäre. Ich war nur ein einfaches Mädchen, als er sich meiner bemächtigt hat. Die Tochter eines Fischers. Aber ich bin kein einfaches Mädchen mehr.«
    Ihr Vater ließ ein lautes Seufzen hören. »Tochter«, polterte er, »keiner von uns ist mehr das, was er einmal war, und es war nicht einfach, gegen alle Widerstände hierher zu gelangen.« Er machte ein finsteres Gesicht. »Doch du hast dem Priester befohlen zu schweigen, um Geheimnisse zu schützen, die Tanzer – Cotillion – geschützt sehen will. Also waren Icariums Vermutungen nur allzu natürlich.«
    »Ja«, entgegnete sie. »Aber ich bin keine Sklavin dessen, was ich einst gewesen bin. Ich entscheide, was ich mit dem Wissen mache, das ich besitze. Ich suche mir meine eigenen Gründe, Vater.«
    Icarium meldete sich zu Wort. »Ich stehe hier getadelt vor dir, Apsalar.« Erneut blickte er Mappo an. »Was weißt du noch von diesen Namenlosen, mein Freund?«
    Mappo zögerte zunächst, sagte dann jedoch. »Mein Stamm hat sie als Gäste willkommen geheißen; sie haben uns aber nur selten besucht. Ich glaube allerdings, dass sie sich tatsächlich als Diener und Dienerinnen des Azath sehen. Wenn in den Trell-Legenden auch nur ein Körnchen Wahrheit steckt, kann es sehr wohl sein, dass der Kult bereits seit der Zeit des Ersten Imperiums existiert – «
    »Sie sind ausgelöscht worden«, kreischte Iskaral.
    »Vielleicht innerhalb der Grenzen des Imperiums«, lenkte Mappo ein.
    »Mein Freund«, sagte Icarium. »Du enthältst uns etwas vor. Ich würde es gerne

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