Im Bann der Wüste
hatte.«
Cotillion kniff die Augen zusammen. »Ich glaube, dein Vater hatte keine große Wahl, Panek.«
»Aber die Feinde waren auch Väter, versteht Ihr? Und Mütter und Großmütter – und sie waren alle so furchtbar wütend auf uns. Sie haben uns unsere Kleider weggenommen. Unsere Sandalen. Sie haben uns alles weggenommen … sie waren so wütend. Und dann haben sie uns bestraft.«
»Und wie haben sie das gemacht?«
»Sie haben uns an Kreuze genagelt.«
Cotillion schwieg längere Zeit. Als er schließlich wieder sprach, klang seine Stimme merkwürdig gepresst. »Du erinnerst dich also daran.«
»Ja. Und ich verspreche zu tun, was man mir sagt. Von jetzt an. Alles was Mutter sagt. Ich verspreche es.«
»Panek. Jetzt hör deinem Onkel einmal gut zu. Ihr seid nicht dafür bestraft worden, dass ihr nicht das getan habt, was man euch gesagt hatte. Hör zu – ich weiß, dass das jetzt ziemlich hart ist, aber versuch, es zu verstehen. Sie haben euch wehgetan, weil sie es tun konnten, weil niemand da war, der in der Lage gewesen wäre, sie daran zu hindern. Dein Vater hätte es versucht – ich bin sicher, dass er es versucht hat. Aber er war hilflos – genau wie du. Wir haben dich jetzt mit hierher genommen, weil wir – deine Mutter und Onkel Cotillion – dafür sorgen wollen, dass du nie wieder hilflos bist. Hast du das verstanden?«
Panek warf seiner Mutter einen Blick zu. Sie klickte sanft.
»In Ordnung«, sagte der Junge.
»Wir werden einander lehren, mein Junge.«
Panek runzelte die Stirn. »Was kann ich Euch denn lehren?«
Cotillion schnitt eine Grimasse. »Lehr mich, was du siehst … hier, in dieser Sphäre. Deine Geisterwelt, die Schatten-Veste, die es früher
hier gegeben hat, die alten Orte, die es noch gibt …«
»Das, wo du hindurchgehst, ohne es zu sehen.«
»Ja. Ich habe mich oft gefragt, warum die Hunde niemals geradeaus laufen.«
»Was für Hunde?«
»Du wirst ihnen früher oder später begegnen, Panek. Verschmuste Köter, alle miteinander.«
Panek lächelte, entblößte dabei scharfe Fänge. »Ich mag Hunde.«
Cotillion zuckte leicht zusammen. »Ich bin sicher, sie werden dich auch mögen«, sagte er. Er richtete sich auf, schaute Apt an. »Du hast Recht, das kannst du nicht allein. Ammanas und ich, wir werden darüber nachdenken.« Er wandte sich noch einmal dem Jungen zu. »Deine Mutter hat jetzt andere Aufgaben. Sie muss Schulden abtragen. Willst du mit ihr gehen oder lieber mit mir kommen?«
»Wo gehst du hin, Onkel?«
»Die anderen Kinder sind ganz in der Nähe von hier abgelegt worden. Hättest du Lust, mir dabei zu helfen, sie dorthin zu bringen, wo sie in Zukunft wohnen werden?«
Panek zögerte kurz, bevor er erwiderte: »Ich würde sie gern wiedersehen, aber nicht jetzt gleich. Ich werde mit Mutter gehen. Sie muss sich um den Mann kümmern, der sie darum gebeten hat, uns zu retten – das hat sie mir erklärt. Ich würde ihn gern kennen lernen. Mutter sagt, er träumt von mir, davon, wie er mich das erste Mal gesehen hat.«
»Ich bin mir sicher, dass er das tut«, murmelte Cotillion. »Hilflosigkeit quält ihn genauso wie mich. Nun gut, dann bis wir uns wieder sehen.« Er wandte seine Aufmerksamkeit noch einmal der Dämonin zu, starrte lange in Apts Auge. »Als ich aufgestiegen bin, meine Teure, ging es auch darum, den Albträumen zu entfliehen, die Gefühle mit sich bringen …«Er zog eine Grimasse. »Stell dir vor, wie überrascht ich bin, dass ich dir jetzt für solche Ketten danken möchte.«
Panek mischte sich ein. »Onkel, hast du Kinder?«
Der Aufgestiegene zuckte zusammen, schaute weg. »Eine Tochter, in gewisser Weise.« Er seufzte, lächelte schief. »Ich fürchte, wir haben uns zerstritten.«
»Du musst ihr verzeihen.«
»Verdammter Klugscheißer!«
»Du hast gesagt, wir müssen einander lehren, Onkel.«
Cotillions Augen weiteten sich. Dann schüttelte er den Kopf. »Leider muss das mit dem Verzeihen andersrum laufen.«
»Dann muss ich sie kennen lernen.«
»Nun, es ist alles möglich – «
Apt meldete sich zu Wort.
Cotillion machte ein finsteres Gesicht. »Das, Teuerste, war völlig unangebracht.« Er drehte sich um, zog seinen Umhang um sich und schritt davon.
Nach einem halben Dutzend Schritten blieb er stehen und warf einen Blick zurück. »Grüßt Kalam von mir.« Einen Augenblick später wurde er von Schatten eingehüllt.
Panek starrte noch immer hinter ihm her. »Glaubt er etwa, dass man ihn jetzt nicht mehr sehen kann?«, fragte er
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