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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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um die Stadt zu erreichen. Jede Meile, die ich sie zu hart vorwärts treibe, macht die nächste langsamer. Doch habe ich eine Wahl? »Nil, gebt euren Wickanern Bescheid – ich will, dass der gesamte Treck vor Sonnenuntergang das Tor passiert hat. Eure Krieger sollen zu allen Mitteln greifen, um das zu erreichen, außer die Leute zu töten oder zu verkrüppeln. Die Flüchtlinge haben vielleicht vergessen, wie viel Angst sie vor euch haben – dann erinnert sie daran.«
    »Es sind nur knapp dreißig«, erinnerte ihn Neder. »Und es sind alles nur jugendliche – «
    »Zornige Jugendliche, wolltest du sagen. Nun gut, geben wir ihnen etwas, an dem sie ihren Zorn auslassen können.«
     
    Der Arenweg machte es ihnen etwas leichter, denn das erste Drittel, das die Einheimischen als ›Die Rampe‹ bezeichneten, führte sanft abwärts der Ebene entgegen, in der Aren lag. Kegelförmige Hügel begleiteten sie im Osten, und das würde so bleiben, bis sie nur noch tausend Schritte von Arens Nordmauer entfernt waren. Die Hügel waren nicht natürlichen Ursprungs; es waren Massengräber, Dutzende von ihnen, die aus der Zeit Kellanveds stammten, von jenem Gemetzel, das die irregeleiteten T’lan Imass unter den Bewohnern der Stadt angerichtet hatten. Der Hügel, der Aren am nächsten lag, war einer der größten. Er beherbergte die Überreste der herrschenden Familien der Stadt, ihres Heiligen Beschützers und des Falah’d.
    Duiker befahl Nil, die Vorhut anzuführen, und ließ sich ans hinterste Ende des Trecks zurückfallen, wo er, Neder und drei andere Wickaner sich die Lungen aus dem Hals brüllten, um den Schwächsten und Langsamsten der Flüchtlinge Beine zu machen. Es war eine herzzerreißende Aufgabe, und sie ließen mehr als einen Leichnam zurück, der der Anstrengung nicht mehr gewachsen gewesen war. Es war keine Zeit, die Leichen zu begraben, und niemand hatte die Kraft, sie mitzuschleppen.
    Im Norden – leicht nach Osten versetzt – kamen die Staubwolken unaufhaltsam näher. »Sie nehmen nicht die Straße«, keuchte Neder, als sie ihr Pferd herumwarf und die Staubwolke anstarrte. »Sie kommen über Land – da sind sie langsamer, viel langsamer – «
    »Auf der Karte sieht es aber kürzer aus«, bemerkte Duiker.
    »Aber die Hügel sind dort nicht eingezeichnet, oder?«
    »Nein. Karten, die nicht aus dem Imperium stammen, zeigen nur die Ebene. Ich nehme an, die Grabhügel sind zu neu.«
    »Man sollte eigentlich annehmen, dass Korbolo Dom eine malazanische Karte hätte – «
    »Es sieht aber nicht so aus – und das wird uns möglicherweise retten, Mädchen …«
    Er konnte selbst hören, dass seine Worte falsch klangen. Der Feind war zu nahe – er schätzte, dass er kaum noch eine Meile entfernt war. Auch wenn man die Grabhügel in Betracht zog, konnten berittene Truppen eine solche Distanz in ein paar Dutzend Minuten zurücklegen.
    Von der Vorhut hörte er schwache wickanische Schlachtrufe.
    »Sie haben Aren gesichtet«, sagte Neder. »Nil hat es mir durch seine Augen gezeigt – «
    »Und die Tore?«
    Sie runzelte die Stirn. »Sind geschlossen.«
    Duiker fluchte. Er lenkte sein Pferd zu den Nachzüglern hinüber. »Die Stadt ist in Sicht!«, brüllte er. »Es ist nicht mehr weit! Bewegt euch!«
    Von irgendwoher, aus verborgenen, unsichtbaren Quellen, erwachten bei den Worten des Historikers neue Kräfte. Zunächst spürte er es nur, doch dann konnte er auch sehen, wie eine wellenförmige Bewegung durch die Massen lief, eine leichte Beschleunigung des Schritts, ein Gefühl der Erwartung – und der Furcht. Der Historiker drehte sich im Sattel um.
    Die Staubwolke hing über den kegelförmigen Hügeln. Sie war näher gerückt, jedoch noch nicht so nah, wie sie es eigentlich hätte sein müssen.
    »Neder! Sind Soldaten auf den Wällen von Aren?«
    »Ja. Da ist kein Zoll mehr frei – «
    »Und die Tore?«
    »Nein.«
    »Wie nah ist die Vorhut dran?«
    »Vielleicht noch tausend Schritte – die Menschen fangen jetzt an zu rennen – «
    »Was im Namen des Vermummten ist mit denen los?«
    Er starrte erneut zu der Staubwolke zurück. »Bei Feners Huf! Neder, nimm eure Wickaner – reitet nach Aren!«
    »Aber was ist mit dir?«
    »Um mich kann sich der Vermummte kümmern, verdammt! Geh! Rettet die Kinder eures Volkes!«
    Sie zögerte einen Augenblick und riss dann ihr Pferd herum. »Ihr drei!«, rief sie den wickanischen Jungen und Mädchen zu, »kommt mit!«
    Er schaute ihnen nach, wie sie ihre müden Pferde am

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