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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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breiter. »Ihr seid eine Rote Klinge, genauer gesagt eine Offizierin. Was uns zu Verbündeten macht.«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Wer seid Ihr?«
    »Nennt mich Perl. Nun, mir will scheinen, Ihr wart kurz davor, das imperiale Gewirr zu betreten. Ich schlage vor, dass wir genau das jetzt gemeinsam tun, ehe wir unsere Konversation fortsetzen – und ehe das Tor sich schließt.«
    »Könnt Ihr es denn nicht offen halten, Perl? Schließlich seid Ihr doch in diesem Gewirr gereist …«
    Der Mann runzelte in einer spöttischen Geste übertrieben theatralisch die Stirn. »Ach, leider ist diese Tür an einem Ort, an dem es eigentlich gar keine Tür geben dürfte. Und ich muss bedauerlicherweise zugeben, dass selbst das imperiale Gewirr nördlich von hier von … unwillkommenen Eindringlingen … besucht wird … aber ihre Art des Eindringens ist von weitaus … primitiverer Natur, könnte man sagen. Auch wenn dieses Tor ganz eindeutig nicht von Euch geschaffen wurde, würde ich vorschlagen, dass wir unverzüglich den Vorteil wahrnehmen, den uns sein Vorhandensein an dieser Stelle verschafft.«
    »Nicht, so lange ich nicht weiß, wer Ihr seid, Perl. Oder besser, was Ihr seid.«
    »Ich bin eine Klaue, das ist doch offensichtlich. Wem sonst wird das Privileg gewährt, das imperiale Gewirr zu benutzen?«
    Sie nickte in Richtung des Tores. »Jemand hat sich dieses Privileg gerade selbst gewährt.«
    Perls Augen blitzten. »Und genau darüber werdet Ihr mir ein bisschen erzählen, Rote Klinge.«
    Sie saß einen Augenblick schweigend im Sattel und dachte nach; dann nickte sie. »Ja. Ganz hervorragend. Ich werde Euch begleiten.«
    Perl trat ein Schritt zurück und winkte mit einer behandschuhten Hand.
    Lostara Yil drückte ihrem Pferd die Fersen in die Flanken.
    Der rasierte Knöchel im Loch des Schnellen Ben brauchte länger, um sich wieder zu schließen, als irgendjemand geglaubt hatte. Sieben Stunden, nachdem die Rote Klinge und die Klaue im imperialen Gewirr verschwunden waren, glitzerten Sterne am mondlosen Himmel, und die Öffnung klaffte noch immer; ihre hellrot eingefassten Ränder verblassten allmählich zu einem stumpfen Magentarot.
    Geräusche klangen durch den Hain, die Echos von Angst und Entsetzen im Lager Korbolo Doms. Gruppen von Berittenen mit Fackeln in den Händen jagten in alle Richtungen davon. Magier riskierten ihre Gewirre, suchten Pfade durch die Sphären der Zauberei, die jetzt gefährlich geworden waren.
    Dreizehnhundert malazanische Kinder waren verschwunden; weder die Außenposten noch die berittenen Patrouillen hatten bemerkt, wie oder von wem sie befreit worden waren. Die x-förmigen hölzernen Kreuze waren leer; alles, was noch darauf hindeutete, dass an ihnen noch kurz zuvor menschliche Wesen in entsetzlicher Agonie gehangen hatten, waren Flecken von Blut, Urin und Exkrementen.
    In der Dunkelheit war die Ebene merkwürdig lebendig – Schatten schwebten über dem reglosen Gras.
    Apt kam fast geräuschlos in den Hain geschritten; ihre dolchähnlichen Fänge grinsten ihr natürliches Grinsen. Schweiß glänzte auf ihrer schwarzen Haut, und ihre dicken, stachligen Haarborsten waren taufeucht. Sie – denn Apt war in der Tat weiblich – stand aufrecht, ihr einziges Vorderbein um den schlaffen Körper eines Jungen gelegt. Blut tropfte von seinen Händen und Füßen, und sein Gesicht war entsetzlich zerhackt und zerfressen. Er hatte keine Augen mehr, und wo einst seine Nase gewesen war, befand sich jetzt nur noch ein gähnendes rotes Loch. Schwache Atemzüge aus fiebrigen, verklebten Lungen bildeten neblige Fahnen, die verloren über die Lichtung schwebten.
    Die Dämonin hockte sich nieder und wartete.
    Schatten versammelten sich, quollen wie eine dunkle Flüssigkeit zwischen den Bäumen hervor und wogten vor dem Tor hin und her.
    Apt reckte den Kopf und riss das Maul zu einem raubtierhaften Gähnen auf.
    Eine undeutliche Gestalt formte sich in den Schatten. Die glühenden Augen von Hunden erschienen rechts und links der Gestalt – die Wächter …
    »Ich hatte schon gedacht, ich hätte dich verloren«, sagte Schattenthron flüsternd zu der Dämonin. »So lange hatten Sha’ik und ihre zum Untergang verdammte Göttin dich in ihren Fängen. Doch heute Nacht bist du zurückgekehrt, aber nicht allein – oh nein, alles andere als allein, Apt. Du bist ganz schön ehrgeizig geworden, seit damals, als du die Konkubine eines Dämonenlords warst. Aber, meine Liebe, sag mir doch bitte, was ich mit über

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