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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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undeutliches Gemurmel – ist sie tot? Hast du Imperatrix Laseen getötet?«
    Ich habe einen Geist getötet … wenn überhaupt. Nein, eine Vogelscheuche, die ich mir zusammengebastelt und als Laseen ausgegeben hatte. Ein Assassine sollte niemals das Gesicht hinter der Maske seines Opfers sehen. »In dem Zimmer da gibt es nichts als irreführende Echos. Wir sind hier fertig, Minala.«
    Ihre Augen blitzten. »Irreführende Echos? Und das ist alles? Nach all dem … Du hast drei Kontinente überquert, um dein Vorhaben durchzuführen!«
    Er zuckte die Schultern. »So sind wir nun einmal, oder nicht? Wieder und wieder verfallen wir der närrischen Überzeugung, dass einfache Lösungen existieren. Ja, stimmt, ich hatte mir eine dramatische, befriedigende Konfrontation erhofft – das Aufblitzen von Zauberei, das Spritzen von Blut. Ich wollte mit eigenen Händen eine Todfeindin töten. Stattdessen« – er lachte rau auf – »hatte ich eine Audienz bei einer sterblichen Frau … zumindest einer mehr oder weniger sterblichen Frau …« Er schüttelte sich. »Jedenfalls hat die Klaue keine Lust, den Fehdehandschuh einzupacken.«
    »Na toll. Was machen wir also?«
    Er grinste. »Ganz einfach – wir stopfen ihn ihnen in ihre vom Vermummten verfluchten Rachen.«
    »Das ist so ziemlich das Dümmste, was ich je gehört habe …«
    »Stimmt. Und jetzt komm mit.«
    Sie führten den Hengst am Zügel und durchquerten die Eingangshalle.
     
    Langsam löste sich die unnatürliche Dunkelheit in der alten Haupthalle auf. Jetzt war in einer Ecke ein Stuhl zu sehen, auf dem eine vertrocknete Gestalt saß. Haarsträhnen wehten leicht in einem schwachen Luftzug, die Lippen waren zurückgezogen, die Augenhöhlen zwei unergründliche Tümpel der Leere.
    In der Nähe der rückwärtigen Wand öffnete sich ein Gewirr, und ein großer, schlanker, in einen dunkelgrünen Umhang gekleideter Mann trat heraus. Er blieb in der Mitte des Zimmers stehen, neigte den Kopf in Richtung der doppelflügeligen Tür gegenüber, und drehte sich dann zu dem Leichnam auf dem Stuhl um. »Und?«
    Von irgendwoher zwischen den leblosen Lippen drang die Stimme von Imperatrix Laseen hervor. »Er ist keine Bedrohung mehr.«
    »Seid Ihr sicher, Imperatrix?«
    »Irgendwann im Verlauf unseres Gesprächs hat Kalam bemerkt, dass ich nicht in Fleisch und Blut hier bin, dass er seine Jagd wieder aufnehmen müsste. Doch anscheinend haben meine Worte gewirkt. Er ist ja schließlich auch kein unvernünftiger Mann. Wenn Ihr also jetzt freundlicherweise Eure Jäger zurückrufen würdet.«
    »Das haben wir schon einmal besprochen – Ihr wisst, dass das unmöglich ist.«
    »Ich würde ihn nur ungern verlieren, Topper.«
    Der Mann stieß ein bellendes Lachen aus. »Ich habe gesagt, ich kann meine Jäger nicht zurückrufen, Imperatrix. Soll das etwa heißen, dass Ihr tatsächlich glaubt, sie könnten Erfolg haben? Beim Atem des Vermummten, sogar Tanzer selbst hätte sich nicht so ohne weiteres mit Kalam Mekhar angelegt. Nein, es ist besser, diese schreckliche Nacht als eine längst überfällige Gelegenheit zu sehen, die Bruderschaft von ihren schwächeren Elementen zu befreien …«
    »Wie überaus großzügig von Euch.«
    Toppers Lächeln wirkte gequält. »Wir haben heute Nacht ein paar Lektionen über das Töten gelernt, Imperatrix. Es gibt Einiges zu bedenken. Außerdem habe ich ein Opfer, an dem ich meine Wut auslassen kann.«
    »Ihr sprecht von Perl, Eurem bevorzugten Leutnant …«
    »Er wird nicht mehr bevorzugt …«
    In Laseens Stimme mischte sich ein warnender Unterton. »Ich vertraue darauf, dass er sich von Euren Aufmerksamkeiten wieder erholen wird, Topper.«
    Er seufzte. »Ja, aber im Augenblick möchte ich ihn ein bisschen schwitzen … und über die treffendste Lektion nachdenken lassen, die Kalam uns erteilt hat. Ein gewisses Maß an Bescheidenheit kann einem Mann nur gut tun, wie ich immer zu sagen pflege. Würdet Ihr mir da nicht zustimmen, Imperatrix?
    Imperatrix?«
    Ich habe mit einem Leichnam gesprochen. Ah, Laseen, das ist eines der Dinge, die ich am meisten an Euch schätze – Eure außerordentliche Fähigkeit, einen auflaufen zu lassen …
     
    Sie schoben sich gerade an der äußeren Mauer des Alten Bergfrieds entlang, als der Hauptmann der Wache im wahrsten Sinne des Wortes über sie stolperte. Minala hob die Armbrust, und der Mann streckte vorsichtig die Arme vom Körper weg. Kalam trat vor, zog ihn rasch in den Schatten und entwaffnete ihn.
    »In

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