Im Bann der Wüste
Er warf Kalam einen Blick zu. »Tut mir Leid, Korporal, aber ich werde mich wohl daran beteiligen, die Rebellion in deinem Heimatland niederzuschlagen. Also … werde ich mich freiwillig melden.«
Kalam streckte ihm eine blutverschmierte Hand entgegen. »Ich bitte dich nur darum, am Leben zu bleiben. Das ist alles.«
Der Sappeur nickte.
Schattenthron seufzte. »Kein Wunder, dass wir die halbe Welt erobert haben – mit solchen Soldaten! Nein, Fiedler, ich spotte nicht. Dieses eine Mal spotte ich nicht. Obwohl Laseen Soldaten wie dich nicht verdient hat. Sei’s drum. Wenn die Nebel sich lichten, wirst du dich in der Gasse hinter dem Grinsenden Mann wiederfinden.«
»Das käme mir sehr gelegen, Kellanved. Ich weiß das zu schätzen.«
Einen Augenblick später war der Sappeur verschwunden.
Der Assassine warf Schattenthron einen müden Blick zu. »Ihr versteht doch wohl, dass ich kein zweites Mal versuchen werde, Laseen zu töten, oder? Meine Jagd ist vorbei. Tatsächlich bin ich sogar fast versucht, Euch und Cotillion zu warnen; lasst sie in Ruhe – überlasst das Imperium der Imperatrix. Ihr habt hier Euer eigenes Reich – «
»Du bist versucht, uns zu warnen, hast du gesagt?« Der Gott schob sich näher heran. »Schluck’s runter, Kalam, oder du wirst es bereuen.« Die von Schatten umwogte Gestalt zog sich wieder ein Stück zurück. »Wir tun, was uns gefällt. Vergiss das nie, Sterblicher.«
Minala kroch an Kalams Seite und legte ihm eine zitternde Hand auf die unverletzte Schulter. »Geschenke von den Göttern machen mich nervös«, flüsterte sie. »Vor allem Geschenke von diesem Gott.«
Er nickte voller Zustimmung.
»Oh«, sagte Schattenthron, »seid doch nicht so. Mein Angebot steht. Ein Zufluchtsort, eine echte Gelegenheit, euch niederzulassen. Als Mann und Frau, hahaha! Nein, als Mutter und Vater! Und vor allem: Ihr braucht nicht darauf zu warten, eigene Kinder zu bekommen – Apt hat welche für euch gefunden!«
Die Nebel, die sie umgaben, lichteten sich plötzlich, und jetzt konnten sie hinter Apt und ihrem Schützling ein behelfsmäßiges Lager auf der Kuppe eines niedrigen Hügels sehen. Zwischen den Zeltreihen huschten kleine Gestalten hin und her. Rauch stieg von zahllosen Feuerstellen auf.
»Du hast dir gewünscht, sie zu retten«, zischte Schattenthron voller Schadenfreude. »Zumindest hat Apt das behauptet. Jetzt hast du sie. Eure Kinder warten auf euch, Kalam Mekhar und Minala Eltroeb – alle dreizehnhundert!«
Kapitel Vierzehn
Der Priester des Älteren Gottes Mael
träumt von anschwellenden Meeren …
Abenddämmerung
Sethand
I n einer gewaltigen Staubexplosion öffnete sich der sich drehende Tunnel des Wirbelwinds auf die Ebene. Drahtiges, merkwürdig schwarzes Gras lag vor Sha’ik, die ihren Zug vorwärts führte. Nach einem Augenblick zügelte sie ihr Reittier. Was sie zunächst für bucklige Steine gehalten hatte, die sich in alle Richtungen erstreckten, waren – wie sie jetzt feststellte – in Wirklichkeit Leichen, die in der Sonne vor sich hin rotteten. Sie waren auf einem Schlachtfeld herausgekommen, auf einem Stück Land, auf dem einer der letzten Kämpfe zwischen den Truppen Korbolo Doms und Coltaines stattgefunden hatte.
Das Gras war schwarz, weil es von geronnenem Blut bedeckt war. Hier und da flatterten ein paar Kapmotten herum. Fliegen umschwirrten die von der Hitze aufgedunsenen Leichen. Der Gestank war überwältigend.
»In Fetzen gerissene Seelen«, sagte Heboric neben ihr.
Sie warf dem alten Mann einen Blick zu und winkte dann Leoman zu sich heran. »Nimm eine Gruppe Kundschafter«, sagte sie zu dem Wüstenkrieger, »und sieh nach, was da vor uns liegt.«
»Der Tod liegt vor uns«, sagte Heboric. Er zitterte trotz der Hitze.
Leoman grunzte. »Er ist überall um uns herum – wir sind schon mittendrin.«
»Nein. Das hier – das hier ist nichts.« Der ehemalige Priester richtete seine blinden Augen auf Sha’ik. »Korbolo Dom – was hat er getan?«
»Das werden wir noch früh genug erfahren«, schnappte sie und gab Leoman und seinen Männern ein Zeichen, aufzubrechen.
Die Armee der Apokalypse marschierte aus dem Gewirr des Wirbelwinds heraus. Sha’ik hatte jeden ihrer drei Magier einem Bataillon zugeteilt – sie fand es besser, wenn sie nicht zu nahe beieinander waren und auch zu ihr einen gewissen Abstand hielten. Sie waren nicht allzu begeistert von dem Befehl zum Aufbruch gewesen, und sie spürte jetzt, dass
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