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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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auf den Arenweg hinunter. »Zieht Eure Armee zurück, Korbolo Dom. Vereinigt sie hier mit meinen Streitkräften.«
    »Äh … Seherin?«
    »Die Apokalypse hat nur einen Anführer – oder genauer gesagt, eine Anführerin, Korbolo Dom. Tut, was ich gesagt habe.«
    Und einmal mehr erzählt das Schweigen eine Geschichte.
    »Natürlich, Seherin«, sagte die abtrünnige Faust schließlich mit gepresster Stimme.
    »Leoman.«
    »Seherin?«
    »Lass deine Männer ein Lager aufschlagen. Sie sollen die Toten in der Ebene begraben.«
    Korbolo Dom räusperte sich. »Und wenn wir uns neu gruppiert haben – was werden wir dann tun? Was schlagt Ihr vor?«
    Vorschlagen? »Wir werden uns mit Tavore auseinander setzen.
    Aber die Zeit und den Ort werde ich bestimmen, nicht sie.« Sie machte eine kurze Pause und fügte dann hinzu: »Wir kehren zurück in die Raraku.«
    Sie beachtete die Ausrufe nicht, die Überraschung und Bestürzung verrieten, beachtete auch die Fragen nicht, die ihr zugerufen wurden, selbst als sie allmählich zu Forderungen wurden. Die Raraku – das Herz meiner neuen Macht, Ich werde ihre Umarmung brauchen … wenn es mir gelingen soll, diese Furcht – nein, dieses Entsetzen – das meine Schwester in mir hervorruft, niederzukämpfen. Oh Göttin, bitte führe mich jetzt …
    Als sie nicht im Geringsten auf die Protestrufe reagierte, erstarben diese allmählich. Ein Wind war aufgekommen, fuhr seufzend durch das Tor in ihrem Rücken.
    Heborics Stimme war trotz des Windes gut zu verstehen. »Wer ist das hier? Ich kann nichts sehen – kann nichts spüren … Wer ist dieser Mann?«
    Der beleibte, in Seidenroben gewandete Priester antwortete ihm schließlich. »Ein alter Mann, Handloser. Ein einfacher Soldat, weiter nichts. Einer von Zehntausend.«
    »Könnt … könnt Ihr …« Heboric drehte sich langsam um; seine milchig weißen Augen glänzten. »Könnt Ihr das Lachen eines Gottes hören? Kann irgendjemand das Lachen eines Gottes hören?«
    Der Jhistal-Priester neigte den Kopf. »Ich höre leider nur den Wind.«
    Sha’ik blickte Heboric stirnrunzelnd an. Er wirkte auf einmal so … klein.
    Nach einem kurzen Augenblick wendete sie ihr Pferd. »Es wird Zeit zum Aufbruch. Ihr alle habt Eure Befehle.«
    Heboric war der Letzte. Er saß hilflos auf seinem Pferd und starrte zu einem Leichnam hinauf, der ihm nichts verriet. Das Gelächter in seinem Kopf wollte nicht aufhören, das Gelächter, das von dem Wind herangetragen wurde, der durch das Aren-Tor in seinem Rücken wehte.
    Was soll ich nicht sehen? Bist du das gewesen, Fener? Hast du mich jetzt wirklich geblendet? Oder ist es jener Fremde aus Jade, der schweigend in meinem Inneren fließt? Ist das alles ein grausamer Witz … oder ein Akt der Barmherzigkeit?
    Sieh doch, was aus deinem ungeratenen Sohn geworden ist, Fener. Und wisse – du musst es doch ganz gewiss wissen –, dass ich heimkehren will.
    Ich will heimkehren.
     
    Kommandant Blistig stand auf der Brustwehr und sah zu, wie die Mandata und ihr Gefolge die breiten Kalksteinstufen heraufstiegen, die zum Tor des Palasts direkt unter ihm führten. Sie war nicht so alt, wie er es gern gehabt hätte, doch selbst aus dieser Entfernung konnte er etwas von jener Härte spüren, über die sie den Gerüchten nach verfügen sollte. Eine gut aussehende junge Frau ging neben ihr – es hieß, sie sei Tavores Geliebte und Adjutantin –, doch Blistig konnte sich nicht erinnern, ob er jemals ihren Namen gehört hatte. Auf der anderen Seite schritt der Hauptmann der Wachen ihrer Familie neben ihr her, ein Mann namens Gimlet. Er sah aus wie ein Veteran, und das war beruhigend.
    Hauptmann Keneb betrat die Brustwehr. »Ich hatte kein Glück, Kommandant.«
    Blistig runzelte die Stirn und stieß dann einen tiefen Seufzer aus. Die Mannschaft des verkohlten Schiffs war praktisch sofort verschwunden, nachdem sie angelegt und die Verwundeten von Coltaines Siebter Armee von Bord geschafft hatte. Der Kommandant hätte sie bei der Ankunft der Mandata gerne bei der Hand gehabt – er vermutete, dass Tavore wünschen würde, sie zu befragen –, und der Vermummte weiß, dass diese respektlosen Bastarde dringendst einmal zurechtgestutzt werden müssten …
    »Die Überlebenden der Siebten sind zusammengezogen worden, damit sie sie inspizieren kann, Kommandant«, sagte Keneb.
    »Einschließlich der Wickaner?«
    »Ja. Die beiden Waerlogas sind auch dabei.«
    Blistig erschauerte trotz der schwülen Hitze. Die beiden waren ein

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