Im Bann der Wüste
das musste der vom Nebel gedämpfte Schein eines Lagerfeuers sein.
Stimmen erklangen ringsum; leise gemurmelte Worte im rauen Dialekt der Tithansi, die auf und ab zu tanzen schienen, bis Duiker sich sicher war, dass ein paar Stammeskrieger genau hinter ihm standen und in aller Ruhe darüber diskutierten, wo sie ihre Speere in seinen Rücken stoßen sollten. Was auch immer der Nebel für Spiele mit Geräuschen spielte, der Historiker vermutete, dass Nil und sein Kamerad den Effekt mit magischen Mitteln verstärkt hatten – und dass von dieser akustischen Verwirrung schon bald ihr Leben abhängen würde.
Lull tippte Duiker auf die Schulter, winkte ihn mit einer Geste vorwärts, dorthin, wo die Waerlogas verschwunden waren. Der Nebelfetzen war undurchdringlich; der Historiker konnte nicht weiter als eine Armeslänge sehen. Mit finsterem Gesicht ließ er sich auf den Bauch sinken, schob die Schwertscheide an seiner Hüfte ein Stück nach hinten und begann vorwärts zu robben, dorthin, wo Nil wartete.
Das Feuer war gewaltig, die Flammen wirkten durch die Nebelschleier gespenstisch. Sechs Tithansi-Krieger saßen oder standen in Sichtweite, alle anscheinend in dicke Pelze gehüllt. Ihr Atem bildete Dampfwolken vor ihren Gesichtern.
Duiker, der nun neben Nil lag, konnte jetzt sehen, dass eine dünne Eisschicht den Boden bedeckte. Kalte Luft wehte über sie hinweg, als der leichte Nachtwind einen launischen Haken schlug.
Der Historiker stupste den Waerloga an, nickte in Richtung auf den gefrorenen Boden und hob fragend die Brauen.
Nils Antwort bestand in einem kaum sichtbaren, angedeuteten Achselzucken.
Die Krieger warteten. Rot bemalte Hände waren in dem Versuch, sie warm zu halten, in Richtung der Flammen ausgestreckt. Vielleicht zwanzig Atemzüge lang änderte sich nichts, dann standen die, die sich hingekauert oder hingesetzt hatten, auf und wandten sich wie alle anderen nach links.
Zwei Gestalten traten in den Feuerschein. Der vordere der beiden Männer war gebaut wie ein Bär, und der Vergleich wirkte noch passender, da er ein Bärenfell über die breiten Schultern gelegt hatte. Links und rechts an seinem Gürtel hing jeweils eine einklingige Wurfaxt. Sein Lederhemd stand oberhalb des Brustbeins offen und ließ kräftige Muskeln und dichtes, verfilztes Haar erkennen. Die mit scharlachroter Farbe auf seine Wangen gemalten Streifen zeigten, dass er ein Kriegshäuptling war, wobei jeder Streifen für einen jüngst errungenen Sieg stand. Die Anzahl der frischen Streifen machte deutlich, wie sehr er den Malazanern zusetzte.
Hinter diesem Furcht erregenden Mann kam ein Semk.
Damit wäre eine Annahme also widerlegt. Offensichtlich war der viel beschworene Hass der Semk auf alle, die keine Semk waren, als Huldigung für die Göttin des Wirbelwindes begraben worden. Oder, was es wahrscheinlich besser trifft, als Maßnahme, nun Coltaine zu vernichten.
Der Semk war eine gedrungenere, noch kämpferischere Version des Tithansi-Kriegshäuptlings; er war so behaart, dass er auf ein Bärenfell verzichten konnte. Seine einzigen Kleidungsstücke waren ein lederner Lendenschurz und mehrere Gürtel, die eng um seinen Bauch geschnallt waren. Der Mann war mit schmieriger Asche bedeckt, sein zottiges schwarzes Haar hing in dicken Strähnen herab, und in seinen Bart waren Fetische aus Fingerknochen geflochten. Er trug unentwegt ein verächtliches Grinsen zur Schau.
Als der Semk näher ans Feuer trat, wurde noch eine weitere Einzelheit sichtbar: Sein Mund war mit Darmfäden zugenäht. Beim Atem des Vermummten, die Semk nehmen ihre Schweigegelübde wirklich verdammt ernst.
Die Luft wurde eisig. Irgendwo in Duikers Hinterkopf begannen ganz schwach Alarmglocken zu läuten, und er streckte einen Arm aus, um Nil erneut anzustupsen.
Doch noch bevor er den Waerloga berühren konnte, surrten Armbrüste. Zwei Bolzen ragten aus der Brust des Tithansi-Kriegshäuptlings, während zwei andere Tithansi-Krieger mit einem letzten Grunzen zu Boden sanken. Ein fünfter Bolzen bohrte sich tief in die Schulter des Semk.
Die Erde unter dem Feuer explodierte; glühende Kohlen, brennende Zweige und Äste wurden in die Höhe geschleudert. Ein vielgliedriges Wesen mit teerschwarzer Haut krabbelte aus dem Loch und stieß einen markerschütternden Schrei aus. Es warf sich auf die noch übrigen Tithansi, und seine Klauen zerfetzten Rüstungen und Haut.
Der Kriegshäuptling sank auf die Knie; er starrte verständnislos auf die mit Lederstreifen
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