Im Bann der Wüste
rechts und verloren sich in der Ferne, als die Tithansi-Patrouille weiterging. Nil drehte sich um und winkte.
Mit gespannten Armbrüsten glitten die Soldaten vorwärts. Einen Augenblick später folgte der Historiker ihnen.
Ein Tunnel hatte sich im Boden vor den beiden Waerlogas geöffnet. Die Erde dampfte, Felsbrocken und Kieselsteine knackten vor Hitze. Der Tunnel sah aus, als wäre er von gewaltigen, krallenbewehrten Händen aufgerissen worden – und zwar von unten.
Duiker machte ein finsteres Gesicht. Er hasste Tunnel. Nein, sie jagten ihm eine Heidenangst ein. Es gab keinen rationalen Grund dafür – wieder falsch. Tunnel stürzen ein. Menschen werden lebendig begraben. Alles absolut vernünftig, möglich, wahrscheinlich, unausweichlich.
Nil ging als Erster; er rutschte in das Loch hinunter und verschwand außer Sicht. Der andere Waerloga folgte ihm rasch. Lull drehte sich zu dem Historiker um und winkte ihn vorwärts.
Duiker schüttelte den Kopf.
Der Hauptmann zeigte auf ihn, deutete dann auf das Loch im Boden und formte mit den Lippen das Wort sofort.
Einen Fluch vor sich hinzischend, kroch der Historiker vorwärts. Sobald er in Reichweite war, zuckte Lulls Hand vor, packte eine Hand voll staubiger Telaba und zerrte Duiker in die Tunnelöffnung.
Er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht aufzukreischen, als der Hauptmann ihn ohne weitere Umstände in die Tunnelöffnung stopfte. Er zappelte, tastete panisch um sich und spürte, wie seine blindlings austretende Ferse irgendetwas in der Luft hinter ihm traf. Ich wette, das war Lulls Kinn. Geschieht dir recht, du elender Bastard! Das Gefühl der Genugtuung half. Er kroch an den Sandschichten vorbei, die irgendein Hochwasser abgelagert hatte, und fühlte sich bald in warmem Fels geborgen. Es war sehr unwahrscheinlich, dass dieser Fels zusammenbrach, sagte er sich selbst, und beinahe hätte er diesen Gedanken laut ausgesprochen. Der Tunnel neigte sich auch weiterhin abwärts, und der warme Fels wurde zuerst schlüpfrig und dann richtig nass. Die Bilder einstürzender Tunnel wurden von albtraumhaften Visionen vom Ertrinken abgelöst.
Er zögerte, bis er eine Schwertspitze an der durchgelaufenen Sohle eines Mokassins spürte. Dann wurde gedrückt, und die Spitze bohrte sich in seine Haut. Wimmernd zog Duiker sich weiter.
Der Tunnel verlief jetzt gerade. Er füllte sich allmählich mit Wasser, das aus den feinen Rissen und Ritzen im Felsgestein strömte. Der Historiker platschte durch ein kühles Rinnsal, als er weiterschlitterte. Er verharrte kurz, nahm vorsichtig einen Schluck; es schmeckte nach Eisen und Sand. Aber es ist trinkbar.
Der Tunnel führte immer noch auf gleicher Höhe weiter. Der Wasserspiegel stieg mit alarmierender Geschwindigkeit. Durchnässt und zunehmend mit dem Gewicht seiner Kleider kämpfend, mühte Duiker sich weiter; er war erschöpft, und seine Muskeln begannen, ihn im Stich zu lassen. Das Einzige, was ihn noch zum Weiterkriechen bewegte, waren die keuchenden, spuckenden Geräusche hinter ihm. Sie ertrinken da hinten, und ich bin der Nächste!
Er erreichte den aufwärts führenden Teil des Tunnels, mühte sich mit bloßen Händen durch Dreck und rieselnde Erde. Eine Sphäre aus grauem Nebel erschien ein Stück voraus – er hatte das andere Ende des Tunnels erreicht.
Hände packten ihn und zogen ihn ins Freie, rollten ihn dann zur Seite, bis er in einem Bett aus scharfblättrigen Gräsern zum Stillstand kam. Leise keuchend lag er da und starrte den Himmel an, der in Wirklichkeit aus tief hängenden Nebelschwaden bestand. Unbewusst nahm er wahr, wie Lulls Soldaten aus dem Tunnel krochen und Verteidigungsstellung bezogen; sie atmeten keuchend, und von ihren Waffen tropfte schlammiges Wasser. Die Sehnen der Armbrüste werden sich dehnen, es sei denn, sie sind mit Öl voll gesogen und gewachst. Natürlich sind sie das – diese Soldaten sind schließlich keine Idioten. Die bereiten sich auf alles vor, selbst darauf, unter einer staubigen Ebene schwimmen zu müssen. Ich habe mal gesehen, wie ein Kamerad mitten in der Wüste Verwendung für eine Angelausrüstung gefunden hat. Was macht einen malazanischen Soldaten so gefährlich? Er darf denken.
Duiker setzte sich auf.
Lull unterhielt sich mit seinen Soldaten in einer ausgefeilten Gebärdensprache. Sie antworteten ihm auf die gleiche Weise und verschwanden danach im Nebel. Nil und der andere Waerloga begannen sich durch das Gras auf einen blassroten Fleck zuzuschlängeln;
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