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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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»Wer, Soldat?«
    »Dieser haarige Semk – «
    »Obwohl er jetzt nicht mehr besonders haarig ist«, warf ein anderer Sappeur ein.
    »Wir waren der Aufräum-Trupp«, sagte der erste Mann und zeigte ein blutfleckiges Grinsen. »Coltaines Axt – ihr wart die Schneide, wir waren der Keil. Wir haben dieses Monstrum in Grund und Boden gehämmert, aber es hat nichts genützt – «
    »Der Sergeant hat einen Pfeil abbekommen«, sagte der andere Sappeur. »Seine Lunge ist verletzt – «
    »Nur ein Lungenflügel, und es ist nur ein Nadelstich«, korrigierte ihn der Sergeant. Er blieb kurz stehen, um auszuspucken. »Der andere ist völlig in Ordnung.«
    »Du kannst kein Blut atmen, Sergeant – «
    »Ich hab schon Schlimmeres eingeatmet – schließlich hab ich schon ein Zelt mit dir geteilt, Junge …«
    Der Trupp marschierte weiter, wobei sich die Männer ununterbrochen stritten, ob der Sergeant einen Heiler aufsuchen sollte oder nicht. Die Seesoldatin schaute hinter ihnen her und schüttelte den Kopf. Dann wandte sie sich zu dem Historiker um. »Ich überlasse es Euch, mit Sormo zu sprechen, Historiker – das geht doch in Ordnung, oder?«
    Duiker nickte. »Zwei von deinen Freunden haben es nicht geschafft …«
    »Aber einer hat’s geschafft. Wenn es wieder mal um eine Übungsstunde im Schwertkampf geht, werde ich nach Euch suchen, Herr.«
    »Meine Gelenke werden allmählich steif, Soldat. Du wirst mich stützen müssen.«
    Sie ließ Nil sanft ins Gras sinken und ging davon.
    Wenn ich zehn Jahre jünger wäre, hätte ich vielleicht den Mut gehabt, sie zu fragen … ach, was soll’s. Allein der Gedanke an all die Streitereien am Lagerfeuer …
    Die beiden wickanischen Reiter kehrten zurück, und an ihrer Seite lief ein gefährlich aussehender Hirtenhund. Das Tier steckte in einem Geschirr und zog eine Schlepptrage hinter sich her. Irgendwann einmal musste der Kopf des Hundes mit einem Pferdehuf Bekanntschaft gemacht haben; die Knochen waren schief zusammengewachsen, was dem Tier ein manisches Halbgrinsen verlieh, das hervorragend zu dem grausamen Glanz in seinen Augen passte.
    Die Reiter stiegen ab und legten Nil vorsichtig auf die Schlepptrage. Ohne weiter auf seine Eskorte zu achten, marschierte der Hund davon, zurück zum wickanischen Lager.
    »Das war vielleicht ein hässliches Vieh«, sagte eine Stimme hinter dem Historiker. Hauptmann Lull.
    Duiker grunzte. »Das ist der Beweis, dass ihre Schädel nur aus Knochen bestehen und kein Gehirn beinhalten.«
    »Immer noch in Gedanken versunken, alter Mann?«
    Der Historiker machte ein finsteres Gesicht. »Warum habt Ihr mir nicht erzählt, dass wir verborgene Unterstützung haben, Hauptmann? Wessen Leute waren das? Pormquals?«
    »Wovon redet Ihr eigentlich, beim Vermummten?«
    Er drehte sich um. »Über die Klaue. Irgendjemand hat unseren Rückzug gedeckt. Und er – oder sie – hat Wurfsterne und -messer benutzt und sich völlig unsichtbar in meinem Rücken gehalten!«
    Lulls Augen wurden groß.
    »Wie viele Kleinigkeiten hat Coltaine außerdem noch für sich behalten?«
    »Es ist völlig unmöglich, dass Coltaine irgendetwas davon weiß, Duiker«, sagte Lull und schüttelte den Kopf. »Wenn Ihr Euch dessen sicher seid, was Ihr gesehen habt – und ich glaube, das seid Ihr –, dann wird die Faust es wissen wollen – und zwar jetzt gleich.«
    Zum ersten Mal seit Duiker ihn kannte, wirkte Coltaine verunsichert. Er stand vollkommen reglos da, als wäre er sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sich nicht jemand in seinem Rücken herumdrückte – unsichtbare Klingen, die ihm in den nächsten Sekunden den Todesstoß versetzen würden.
    Bult stieß tief aus der Kehle ein Knurren aus. »Die Hitze hat Euren Verstand verwirrt, Historiker.«
    »Ich weiß, was ich gesehen habe, Onkel. Mehr noch – ich weiß, was ich gespürt habe.«
    Es wurde lange still in dem Zelt; die Luft war stickig und still.
    Sormo betrat das Zelt. Er blieb direkt im Eingang stehen, wo Coltaine ihn mit einem Blick förmlich festnagelte. Die Schultern des Waerloga waren herabgesunken, als könnte er die Last nicht mehr länger ertragen, die er all die vergangenen Monate getragen hatte. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen und verrieten seine Müdigkeit.
    »Coltaine hat ein paar Fragen an dich«, sagte Bult. »Später.«
    Der junge Mann zuckte die Schultern. »Nil ist aufgewacht. Ich habe Antworten.«
    »Andere Fragen«, erwiderte der narbige Veteran mit einem düsteren, humorlosen Grinsen.
    Coltaine

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