Im Bann des Adlers
schöner Gedanke, mit dem ich alles andere erst einmal verdrängte. „Wie geht es jetzt weiter, nachdem ich nun gereinigt bin?“, entgegnete ich munter.
„Na ja“, antwortete sie zögernd, „Es gibt da noch ein paar Dinge, die du für heute Abend wissen solltest. Zuerst einmal, wenn du in den Orden aufgenommen wurdest, dann gibt es nichts mehr außer uns und du wirst dein Leben lang mit uns verbunden sein. Du wirst keine Wahl mehr haben, du gibst wie in einer Ehe sozusagen, dass Versprechen, bis das der Tod uns scheidet. „Was?“ Wie war denn das nun wieder zu verstehen? Das Mädchen erklärte mir, dass bei der Aufnahme jeder einen Teil von sich gebe, symbolisiert durch einen Tropfen Blut, denn Blut bedeutet Leben. Dieses wird dann vermischt und an Mutter Erde geopfert zum Zeichen der Verbundenheit. Somit wäre ich also für immer mit dem Orden und der Göttin verbunden und dieses Band könne nicht einmal der Tod lösen, da ich ja in der Erde die ihnen heilig ist beigesetzt bin, also direkt bei Mutter Natur. Dem nicht genug wurde mir mitgeteilt, dass kein Kontakt zur Außenwelt gewünscht wird. Aus Schutz der Gemeinschaft, da viele Menschen die Ehrung der Götter nicht verstehen würden. Wem sagte sie das, auch ich war damit nicht einverstanden, hatte jedoch gar keine Wahl. „Sind denn alle freiwillig hier?“ platzte es aus mir heraus, bevor ich auch nur nachdachte. Unruhig rutschte die Kleine auf ihrem Stuhl hin und her. Offenbar nicht sicher, was sie mir sagen sollte. Schließlich rang sie sich eine Antwort ab. „Eigentlich bin ich nicht befugt über solche Dinge zu sprechen, aber ich denke, nachdem du jetzt sowieso zu uns gehören wirst, kannst du es auch erfahren. So ziemlich alle sind freiwillig hier, aber es werden immer weniger, die zu uns finden, da wir ja keinen Kontakt nach außen pflegen. Da kann es dann schon mal passieren, dass wir sozusagen für uns werben, wie bei dir. „Na das war ja ein starkes Stück, was hieß hier werben, ich wurde gefangen wie ein wildes Tier und gezwungen, zu bleiben und nun auch noch beizutreten. Die hatten ja wirklich nicht alle Tassen im Schrank!
Ich bemühte mich, meine Gefühle unter Kontrolle zu bringen und lächelte nur, da ich Angst hatte, meine Stimme würde mich verraten. Das Mädchen schien dies als Einverständnis in alles zu werten und lächelte ebenfalls, während sie sich erhob. Sie verließ das Zimmer mit dem Kommentar. „Rühr dich nicht von der Stelle, denn es gibt noch eine Überraschung für dich“. Kaum schloss sich die Tür hinter ihr, rang ich nach Luft und versuchte irgendwie meine Wut und Beunruhigung zu kontrollieren.
„Bleib ruhig“ wiederholte ich immer wieder in Gedanken wie ein Mantra, „bald ist alles vorbei“. Verzweifelt klammerte ich mich an diese Hoffnung.
Als Nadine kurze Zeit später strahlend die Tür öffnete, hoffte ich man sah mir nichts an. Doch ich brauchte mir gar keine Gedanken zu machen.
Sie war viel zu beschäftigt damit, das Paket in ihren Händen auf das Bett zu legen, und aufzupacken. Während sie unentwegt auf mich einredete, dass wir beide am Abend wunderschön sein würden und was für eine Ehre es für uns war gemeinsam das Fest zu erleben. Die Bedeutung ihrer Worte verstand ich leider erst viel zu spät. Sie förderte ein traumhaftes Wasserfallartiges blaues Kleid zutage, dass genau meine Größe zu haben schien. Es war wirklich toll, aber hier wunderte mich wirklich gar nichts mehr. Ich zog es an und betrachtete mich neugierig im Spiegel. Obwohl der Anlass denkbar schlecht war, fühlte ich mich trotzdem schön und begehrenswert. Wie verrückt die Welt doch manchmal sein kann. Auch von Nadine wurde ich bewundernd betrachtet und sie freute sich das mir die Robe so gut stand. Sie reichte mir beide Hände und sah mir tief in die Augen, während sie sagte. „So einen Menschen wie dich habe ich noch nicht kennen gelernt. Ich bin froh darüber und ich bin mir sicher wir wären auch außerhalb des Ordens Freundinnen gewesen. Victor wird dich gleich holen.“ Dann küsste sie mich kurz auf beide Wangen und ging. An der Tür drehte sie sich noch einmal kurz um und öffnete den Mund, schüttelte dann aber doch lächelnd den Kopf und ging. Es war als hätte sie vorhin meine Gedanken gelesen, dachte ich und drehte mich noch einmal vor dem Spiegel.
Die Zeit bis Victor mich holte, schien sich endlos zu ziehen, und obwohl ich wusste, es wäre besser diese Gedanken nicht zu haben, war ich gespannt auf seine Reaktion,
Weitere Kostenlose Bücher