Im Bann des Adlers
kalten stahlgrauen Augen. Ich war fasziniert von ihnen, obwohl ich wieder diese furchtbare Angst in mir aufsteigen fühlte, hatte ich auch gleichzeitig das Gefühl, nun sicher und geborgen, zu sein.
„Gut, du bist Gast in diesem Haus und wirst es sein, solange bis du dich anders entschieden hast. Jedenfalls hoffe ich sehr, dass du dich hier bei uns wohlfühlst und einige Zeit bei uns bleiben wirst. Wir möchten es nicht an Gastfreundschaft fehlen lassen. Falls dir einiges seltsam erscheint, so wirst du es bestimmt schon bald verstehen“. Er hatte eine sehr dunkle klare und angenehme Stimme, ganz im Gegenteil zu dem Mann, der mich vorher begrüßte. Irgendwie fand ich diesen großen gut gebauten, dunkelhaarigen Kerl, spannend. Mein Mund war auf einmal ganz trocken und ich konnte nur nicken. Es kam mir gar nicht in den Sinn aufzustehen und ihm ein Nein entgegen zu schleudern, was eigentlich meiner selbstbewussten Art entsprochen hätte. „Nun möchte ich dir ein wenig das Haus und die Gärten zeigen, damit du siehst, dass du dich hier uneingeschränkt bewegen kannst. Es soll dir hier immer gefallen und an nichts fehlen“.
„Was soll das heißen, immer gefallen? Ich würde gerne meine Freunde verständigen, dass es mir gut geht, ist das machbar?“ Eigentlich sollte es eine entrüstete Antwort werden, aber es hörte sich eher an wie die Bitte eines verschüchterten Mädchens. „Bitte nicht jedes Wort von mir auf die Goldwaage legen.
Sobald du dich erholt hast von deinem Sturz in die Falle, steht es dir frei zu gehen. Leider haben wir hier wirklich keine Telefone und auch keine Handys.“ Darauf fiel mir jetzt gerade nichts ein. Überhaupt schien mein Gehirn irgendwie einen Weichspülgang hinter sich gebracht zu haben. Das war doch nicht ich, so passiv war ich nie, vor allem nicht in so einer Situation. Trotzdem beschlich mich der Gedanke, dass ich mit diesem Mann wohl überall hingehen würde, er hatte einfach etwas äußerst Anziehendes an sich. Später in meinem Zimmer würde ich mein Handy, welches ich unter der Matratze des Bettes versteckt hatte, einschalten und versuchen José und Hillary zu erreichen. Damit sie wussten, wo ich steckte. Dabei gab es nur ein Problem, ich wusste selbst nicht, wo genau ich mich befand. Aber vielleicht konnte ich das jetzt herausfinden. Ich bekam zuerst eine Führung durch das ganze Haus, mit Ausnahme des Kellers, des Dachbodens und einiger verschlossener Türen. Ich habe sehr viele seltsame Räume gesehen. Kahle und überfüllte, dunkle und helle und überall seltsamer Weise meist schwarz gekleidete Menschen, die aber alle recht nett wirkten. Entweder waren diese Personen alle in Trauer oder dies hier war so etwas wie ein Orden und die Kleidung eine Art Tracht so ähnlich wie im Kloster. Ich fragte meinen Begleiter danach und dabei fiel mir auf, dass ich noch nicht einmal seinen Namen kannte. „Wie heißt du eigentlich und was für eine Kleidung tragen diese Menschen, ist es eine Art Ordenstracht?“ „Mein Name ist Victor und wir sind wie eine Familie und nicht alle, aber viele von uns sind Priester. Aber das kann ich dir ein anderes Mal genauer erklären, jetzt finde dich hier erst einmal zurecht.“ Na toll, ein Priester. Aber eigentlich sollte mir das ja auch egal sein, schließlich hatte ich ja José. Die großen Gärten, drei getrennt eingezäunte Grundstücke, lagen hinter dem Haus. Es gab einfach alles, was das Herz begehrte. Blumen, saftige grüne Wiesen, Obstbäume mit Orangen, Feigen, Nüssen. Einen kleinen Olivenhain, Sträucher und vor allem Gemüsebeete mit allen Arten, die man sich denken konnte. Einfach wunderbar. Natürlich wusste ich aus meinem kleinen Gemüsegarten zu Hause, wie viel Arbeit dahinter steckte und sprach Victor darauf an. „Der Garten gibt uns Kraft und eine gute Ernte, wenn wir der Mutter getreu dienen, denn sie ist die Macht.“ Aha, also beteten sie wahrscheinlich zur Muttergottes nicht ungewöhnlich in Spanien. Im Schatten eines Kirschbaumes machten wir es uns bequem.
„Wie heißt dieser Ort, wo sind wir? Ich bin neugierig, da ich Reiseführerin bin, aber diese Gegend hier ist mir fremd.“ „Wo kommst du eigentlich ursprünglich her, ich kann hören, dass du keine geborene Spanierin bist?“ Lautete Victors Gegenfrage. „Eigentlich aus Deutschland. Berlin, vielleicht hast du schon mal davon gehört. Ich lebe jetzt schon vier Jahre in Spanien.“ „Soso, aus Deutschland. Du sprichst unsere Sprache fast perfekt, man merkt den
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