Im Bann des Daemons
Kraftlos setzte er sich auf den Boden. „Wir werden ihm niemals entkommen“, flüsterte er verzweifelt.
„
Wem?“ Jill spürte, wie sie allmählich in Panik geriet.
„
Dem Dämon, der unser Herr ist.“
„
Es ist nur ein Alptraum, den ich wegen des schrecklichen Buches habe“, flüsterte sie, um sich selbst zu beruhigen.
„
Das hatte ich auch zunächst angenommen“, erwiderte der Mann. „Als ich das erste Mal Emma im Traum begegnet war, dachte ich, es wäre wirklich nur ein Traum gewesen. Aber das war es nicht. Auch du wirst bereits zum Teil der Geschichte, deshalb bist du hier. Der Fluch zeigt auch bei dir schon seine Wirkung.“
„
Kann man denn gar nichts machen?“, fragte Jill, während sie selbst fieberhaft aufzuwachen versuchte. Es war nur ein blöder Traum, nichts weiter. Ein blöder Traum.
„
Du glaubst mir nicht“, sagte der Mann. Doch er klang nicht verärgert, eher resigniert. „Nicht, dass es etwas ändern würde, aber du kannst gern im Zeitungsarchiv nachschauen. Es war in Köln, 1951, als wir verschwunden sind.“
Ein furchtbares Grollen hallte durch den Raum und er zuckte zusammen. Das kleine Mädchen fing wieder zu weinen an. „Der Meister ruft“, sagte der Mann und erhob sich schwerfällig. „Trotzdem, wenn dir noch Zeit bleibt, schlage es nach: Emma und Rudolf, 1951“, sagte er noch, dann wandte er sich ab und ging davon.
Jill wachte auf, sie lag in ihrem Bett und die Sonne schien zum Fenster hinein. Sie hatte nur geträumt. Und doch hatte sie das Gefühl, als würde eine Stimme tief in ihrem Kopf bedrohlich flüstern: „Bald gehörst du mir!“
Den Vormittag verbrachte die junge Frau im Archiv des Kölner Stadtanzeigers. Sie hatte zwei Stunden gebraucht, um den richtigen Mikrofilm zu finden. Und als ihr Blick schließlich auf den gesuchten Artikel fiel, überkam sie ein haltloses Zittern.
Tag 6: Emma wird immer noch vermisst
, lautete eine der Schlagzeilen.
Mit kraftlosen Fingern drehte Jill den Film einen Tag weiter.
Tag 7: Nach der Tochter nun auch der Vater – treibt ein kranker Serienkiller sein Spiel?,
stand dort.
Jill machte sich gar nicht erst die Mühe, den Text zu lesen, denn darunter war ein Foto abgebildet, das Emma und Rudolf zeigte. Sie sahen genauso aus wie in ihrem Traum. Sie hätte sich vieles erklären können, aber nicht das.
Ihr Gehirn ratterte. Die beiden hatten das Buch gelesen und sieben Tage später waren sie spurlos verschwunden. Sie selbst hatte das Buch nun seit vier Tagen, das hieß, ihr blieben vermutlich noch drei, bevor sie ebenfalls verschwinden würde. Drei Tage, um den Fluch zu brechen. Am liebsten hätte Jill vor Angst und Verzweiflung geweint, doch damit hätte sie nur wertvolle Zeit verschwendet. Zeit, die sie nicht mehr hatte.
Allein würde sie es niemals schaffen. Sie brauchte Hilfe. Es musste doch jemanden geben, der ihr helfen konnte. Fieberhaft versuchte sie, sich zu erinnern, was sie in der Vorlesung über okkulte Literatur im letzten Semester gelernt hatte. Doch damals hatte sie alles für mystischen Blödsinn gehalten. Hätte sie damals geahnt, was ihr nun passierte, hätte sie viel aufmerksamer zugehört. Doch es half nichts. Kurzentschlossen packte Jill ihre Sachen zusammen und fuhr zur Uni.
Zum Glück war Dr. Blum, die die Vorlesung gehalten hatte, in ihrem Büro. Überrascht musterte sie die Studentin, die so plötzlich und außer Atem bei ihr hereinplatzte.
„Sie müssen mir helfen“, keuchte Jill.
„Ich kenne dich doch“, sagte Dr. Blum nachdenklich. „Du warst letztes Semester in meiner Vorlesung über Okkultismus. Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass du den Stoff besonders ernst genommen hattest.“
„Ja, vielleicht“, stammelte Jill ungeduldig. „Aber jetzt brauche ich wirklich Ihre Hilfe. Da ist dieses Buch und ich fürchte, es ist verflucht und ich werde in drei Tagen dort drin verschwinden …“
Die Dozentin musterte sie streng. „Ist das ein blöder Scherz?“
„Nein!“, entfuhr es Jill verzweifelt. „Sie müssen mir glauben! Hier“, sie holte das Buch aus ihrer Tasche hervor und reichte es der Frau.
„Interessant“, murmelte diese, während sie sich den Einband ansah und das Buch hin- und herwendete. Als sie jedoch Anstalten machte, es zu öffnen, fuhr Jill dazwischen. „Nein! Sie dürfen es nicht aufmachen. Wenn Sie auch nur ein Wort davon lesen, wird der Fluch auf Sie übergehen!“
„Das ist dein Ernst, oder?“
Die junge Frau nickte hektisch mit dem Kopf.
„Wieso setzt
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