Im Bann des Feuers Drachen2
das in der von Knöchelhieben aufgeplatzten Haut meiner Wangen brannte. Aber ich unterdrückte den Schmerz und konzentrierte mich auf meine unmittelbare Zukunft, erwartete das Brennen des Giftes.
Als würde der Geist meiner Mutter meinen unmittelbar bevorstehenden Abstieg in das Reich des Giftes erahnen, tobte er in meinem Inneren wie eine Made, die der Sonne ausgesetzt wird. Die Haut auf meinem Bauch wellte sich unter meinem Bitoo wie der einer Frau, die hochschwanger ist und deren Kind tritt und schlägt.
Erschauernd erwartete ich das Eintauchen, das Eindringen, die Verschmelzung mit dem Göttlichen.
15
D ie Zeit in der Viagand verstrich. Ich erfuhr den Wahnsinn und die Euphorie des Drachenliedes, wurde in den Baracken der Wächter missbraucht und »schlief ruhelos« mit Misutvia, wenngleich unsere Vertrautheit miteinander nicht annährend so zärtlich war wie die, welche ich mit Prinrut erlebt hatte.
Ich plapperte in den Erholungskammern, während gierige, grausame Drachenjünger an jedem meiner Worte hingen. Ich sprach von Nestern und Drachenfutter, von Jungbullen und gut gepflegten Schuppen, deutete in meinem Delirium an, dass vielleicht dann ein Bulle aus einem in Gefangenschaft gelegten Ei schlüpfen könnte, wenn man die Gesundheit und die Lebensumstände der Brutdrachen in allen Bruststätten verbesserte.
Die Drachenjünger schrieben meine Worte eifrig mit, und mir wurde bald klar, dass ich ins Schwarze getroffen hatte. Die anderen eingekerkerten Frauen, allesamt Bayen, wussten nichts über die verheerende Wirkung von Hunger, kannten die Bedürfnisse eines Drachen nicht. In ihren Fieberträumen delirierten sie über Politik, deuteten in ihren Interpretationen der Drachengesänge an, wie der Tempel die Pfeiler seiner Macht stärken und sich vom destruktiven Unkraut befreien könnte.
Ich dagegen sprach nicht vom Tempel oder politischen Strategien, sondern von den Drachen selbst. Von fetten Eigelben, die nur durch das beste Futter erzielt werden konnten, von sauberen Nestern, auf denen die Brutdrachen einer Brutstätte sich bequem niederlassen konnten. Ich redete über das, wovon ich etwas wusste: davon, wie Hunger und Krankheit Unfruchtbarkeit nach sich zog.
Eine Weile genoss ich durch die Neuartigkeit meiner Interpretationen viele Vorzüge, so dass ich vor jedem Stallbesuch nur noch einen flüchtigen obligatorischen Abstecher zu den Baracken der Wächter machen musste, und ich wurde nur der Grausamkeit eines Wächters ausgesetzt, und zwar desjenigen, der durch seine Brutalität und Gerissenheit ganz oben in der Hierarchie der Kriminellen stand.
In dieser Zeit der Gnade, in der meine Gesundheit noch halbwegs intakt war, und die Aussicht, mit dem Göttlichen zu verschmelzen, mich wie ein leuchtender Stern leitete, fand ich auch die Kraft, eine Rückkehr in die Vorbereitungszelle zu erbitten. Während meines kurzen Aufenthalts in diesem düsteren, stinkenden Sarkophag erlöste ich die Geister von Prinrut und Kabdekazonvia aus ihrer Gefangenschaft.
Prinrut, so erfuhr ich, stammte aus Brutstätte Ka. Ihr Name lautete Yimplars Limia. Sie war von ihrem Gebieter beschuldigt worden, dreimal eine Fehlgeburt eines männlichen Nachkommen provoziert zu haben, und war für dieses ungeheuerliche Verbrechen verhaftet worden. Obwohl ich nur wenig über Prinrut wusste, war ich davon überzeugt, dass ein solches Verhalten nicht in ihrem Wesen lag. Sie hätte ganz bestimmt ein Baby gewollt.
Die Fehlgeburten waren sicherlich natürlich bedingt gewesen und tragisch. Ihr Gebieter war ungeduldig gewesen und besaß genug Einfluss, um sich ihrer mit Hilfe des Tempels zu entledigen. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, dass sie eine Onai würde, eine heilige Frau, die dem Tempel diente, indem sie sterbende Bullen pflegte. Oder es hatte ihn nicht gekümmert, was aus ihr wurde. Möglicherweise hatte er sie bereits in dem Moment vergessen, in dem der Tempel sie verhaftete und er bei seiner nächsten erwählten Frau lag.
Kabdekazonvia war wegen wiederholter Aufsässigkeit gegen ihren Gebieter verhaftet worden, gegen ihre Verwandten und gegen die Drachenjünger des Tempels. Ich hatte in der bleichen, hageren Kabdekazonvia jedoch keinen aufsässigen Charakterzug erkennen können. Dafür war sie viel zu apathisch gewesen. Wie konnte jemand, der einst so kühn gewesen war, danach eine so leblose Unterwürfigkeit an den Tag legen?
Ich kam nicht auf den Gedanken, mich selbst zu betrachten, als ich diese Frage stellte.
Nachdem ich
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