Im Bann des italienischen Millionaers
der Baumkrone. Nur etwas kühler war es geworden, und einige Wolken standen am Himmel.
„Lust auf eine Kletterpartie?“, fragte er neckend.
„Wie?“
„Hast du nicht einmal mit deiner Mutter zusammen zwei Tage auf einem Baum verbracht, um gegen den Fortschritt der Zivilisation zu demonstrieren?“
Seufzend fegte sie ein paar Brotkrumen von ihrem Rock. Wie oft hatte sie sich schon darüber geärgert, was die Skandalpresse aus dieser Geschichte gemacht hatte!
„Wir haben versucht, einen Kindergarten vor dem Abriss zu bewahren. Eine Fast-Food-Kette wollte an der Stelle ein Schnellrestaurant und ein Parkhaus errichten. Aber es war das letzte Fleckchen Grün, wo die Kinder dieser Gegend draußen spielen konnten, anstatt vor Fernseher- und Computerbildschirmen zu versauern.“
„Und wie ging es aus?“
„Die Fast-Food-Kette hat gewonnen.“ Reiche Geschäftsleute, Kapitalisten. Menschen wie er. Ärgerlich schüttelte sie ihre Jacke aus, auf der sie gesessen hatte. Die Krümel flogen in seine Richtung. „Und bevor du dich weiter lustig machst: Ich habe mich auch nicht vor den Bulldozer geworfen, ich bin gestolpert und hingefallen!“
Ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. Oder war er nur überrascht, dass er sich geirrt hatte?
Auf einmal fiel ihr Blick auf seinen Arm. Oh, nein!
„Was ist denn?“, fragte Damiano, dem ihr veränderter Gesichtsausdruck nicht entgangen war.
„Du hast ein Stück Tomate am Ärmel.“
Wortlos schüttelte er es herunter.
„Sol ich dir den Fleck ausreiben?“
„Nein danke, das ist nicht nötig.“
Langsam machte sie sich auf den Weg zurück ins Haus. Er begleitete sie.
„Eins wüsste ich gern … „, begann er nach einem kurzen Moment des Schweigens. „Wie kann ein junges Mädchen glauben, es könnte einen Kampf mit einer globalen Fast-Food-Kette gewinnen?“
„Oder einen weltgewandten Mann wie dich verführen?“
Er tat, als hörte er den Sarkasmus in ihrer Stimme nicht. Vielleicht wollte er auch nur nicht daran erinnert werden, wer eigentlich wen verführt hatte. Und aus welchem Grund.
„Wie bist du da hineingeraten? Du wirkst so klein und zerbrechlich und willst dich gegen das System auflehnen? Gegen die Stadtverwaltung, große Konzerne? Und mich?“
„Was sollte ich denn deiner Meinung nach tun? Den Mund halten und mir die Butter vom Brot nehmen lassen? Und ich bin da auch nicht hineingeraten, wie du es ausdrückst. Meine Mutter konnte Ungerechtigkeit auf den Tod nicht ausstehen! Sie hat sich immer für die Schwachen und Wehrlosen eingesetzt. Und ich habe sie dabei unterstützt, weil ich derselben Überzeugung war. Und später …“ Sie stockte. Wieso sollte ihm erzählen, dass sie sich Sorgen um ihre Mutter gemacht und Angst gehabt hatte, dass Chelsea irgendwann zu weit gehen würde in ihrem aussichtslosen Kampf gegen die Reichen und Mächtigen.
„Si?“ Fragend blickte er sie an. Seine dunklen, beredten Augen sagten mehr als alle Worte der Anteilnahme.
Und doch erwiderte sie: „Vergiss es. Du würdest es ohnehin nicht verstehen.“ Sie wandte sich ab. Nur zurück an die Arbeit! Nicht mehr nachdenken! Und dem Blick dieser Augen alles durchschauenden Augen entgehen …
„Und wer ist er nun, Riva?“
„Wer ist wer?“
„Der Mann, der dich in den Nächten wach hält, sodass du tagsüber einschläfst.“
„Das geht dich nichts an!“, fauchte sie und wurde rot.
„Wenn du einschläfst, während du eigentlich für mich arbeiten solltest, geht es mich sehr wohl etwas an!“
Himmel! Wieso hatte ihr das auch passieren müssen?!
„Mach dir keine Sorgen“, erwiderte sie kühl. „Meine Arbeit wird darunter nicht leiden.“
„Wer ist er?“, wiederholte Damiano ungeduldig.
Sie schluckte nervös. Irgendwie musste sie ihn doch von diesem Thema ablenken können. „Hör zu, es tut mir wirklich leid, dass ich meine Mittagspause überzogen habe. Ich werde mir Arbeit mit nach Hause nehmen und ein paar Überstunden einlegen.“
„Das reicht mir nicht.“
„Mehr kann ich leider nicht tun.“
„Oh doch! Vielleicht sollte ich deine Chefin anrufen und darauf bestehen, dass du die Arbeit hier erledigst – bei mir!“
Unglaublich! Was erlaubte sich dieser Mann eigentlich?
„Olivia Redwood kann solche Forderungen gar nicht an mich stellen.“
„Aber ich!“
Um sich etwas zu beruhigen, atmete Riva tief durch. Ganz unrecht hatte er nicht. Immerhin war er der wichtigste Kunde ihrer Firma. Aber was sollte aus Ben werden, wenn Damiano
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