Im Bann Des Jaegers
ein Signal dafür, dass die Haustür geöffnet worden war. Automatisch glitt Rose von Kane hinunter und griff nach ihrem Morgenmantel und der Waffe, die stets wenige Zentimeter von ihren Fingerspitzen entfernt lag.
»Liebling, niemand, der nicht zur Familie gehört, hat den Code«, sagte Kane. »Jaimies Codes kann niemand knacken.«
»Trotzdem.« Sie schlich leise durchs Zimmer und blieb mit der Waffe im Anschlag an der Wand neben der Tür stehen.
12.
»Dr. Lambert ist hier, um nach dem Baby zu sehen, Rose«, rief Jaimie McKinley und klopfte an, während sie die Tür zum Wohnbereich aufstieß. »Bist du angezogen?«
Rose schlang ihre Hand fester um die Waffe und warf Kane einen besorgten Blick zu. »Warum muss er ständig nach ihm sehen?«, zischte sie entrüstet. »Er ist ein ganz normales Baby. Der Mann benimmt sich, als würden Sebastian Hörner und ein Schwanz wachsen. Andauernd ist er hinter ihm her.«
»Ich komme gleich raus«, rief Kane und stand aus dem Bett auf. »Sebastian schläft friedlich.« Auf dem Weg zum Bad zuckte er zusammen. »Biete ihnen Kaffee an.« Er blickte sich in der Badezimmertür noch einmal um. »Aber zieh dir erst etwas an. Ich will niemanden umbringen müssen.«
»Biete ihnen Kaffee an«, murmelte Rose tonlos und schnappte sich ihre Kleidungsstücke. Sie war total besudelt. Samen lief an ihren Schenkeln hinunter, und Milch tropfte von ihren Brüsten. Sie eilte zur Tür des Badezimmers. »Ich kann unmöglich … « Sie ließ den Satz abreißen, als sie das Gelächter in Kanes Augen sah. Er hatte eine Jeans angezogen und grinste sie spöttisch an. »Du bist abscheulich.«
Er senkte seinen Kopf, um ihr im Vorbeigehen einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. »Du kannst die Dusche ganz für dich allein haben.«
Sie warf einen besorgten Blick auf das schlafende Baby. »Ich will nicht, dass sie Sebastian anrühren, wenn ich nicht dabei bin.«
Seine Wimpern flatterten und senkten sich, als wollte er seinen Gesichtsausdruck verbergen, hoben sich jedoch gleich wieder, und er sah ihr fest in die Augen. »Ist dein Vertrauen jetzt schon verflogen?«
Gewissensbisse und Schuldgefühle drückten sie nieder, doch sie würde nicht lügen. »Ich traue ihnen nicht. Ich weiß, dass du sie schon lange kennst, aber ich eben nicht. Hab’ bitte Geduld mit mir, Kane.«
»Jaimie gehört zur Familie – ich empfinde sie als eine Schwester. Sie würde für mich durch die Hölle gehen – für uns. Eric kenne ich nicht so gut, aber er war immer der Arzt der Schattengänger«, sagte Kane. »Ich erwarte von dir kein spontanes Vertrauen zu den anderen, Rose, aber ich erwarte Aufgeschlossenheit von dir, wenn es um meine Familie geht.«
Sie nickte, und ihre Finger umklammerten den Türrahmen, bis die Knöchel weiß hervortraten. Es war ihr ein Gräuel, ihn zu enttäuschen. »Ich werde es versuchen.« Mehr brachte sie nicht zuwege. Bislang war ihr die Vorstellung unerträglich, Sebastian könnte in ihrer Abwesenheit von Fremden angefasst werden.
Sie biss sich fest auf die Unterlippe und merkte jetzt erst, wie aufgewühlt sie war. Das Wissen, dass sie Kane enttäuschen könnte, war schmerzhaft, aber sie konnte sich nicht dazu durchringen, ihr Kind Fremden zu überlassen, noch nicht einmal dann, wenn Kane dabei war. Er sah diese Menschen nicht als Bedrohung an, und daher würde es für sie einfach sein, das Baby zu entführen. Er war nicht auf der Hut.
Kane kam barfuß zurück, und seine nackten Füße erzeugten keine Geräusche auf dem Boden. Mit klopfendem Herzen beobachtete sie, wie er näher kam, bis er bedrohlich über ihr aufragte. Aus nächster Nähe war Kane einschüchternd, doch seine Hände waren sanft, als er sie um ihr Gesicht legte und es hob, um ihr einen zarten Kuss auf den Mund zu drücken. »Sebastian ist zu wichtig, um Risiken einzugehen. Falls du zu irgendeinem Zeitpunkt um seine Sicherheit fürchtest, will ich, dass du dich auf deine Instinkte verlässt. Das ist mein Ernst, Rose. Wirf dir niemals vor, dass du unser Kind beschützt.«
Sie hätte am liebsten ihre Arme um ihn geschlungen und ihn eng an sich gedrückt, doch die Milch tropfte noch, und sie hätte ihn vollgekleckert. »Ich werde daran arbeiten, Jaimie kennenzulernen«, versprach sie ihm.
»Das weiß ich doch.« Die Zuversicht in seiner Stimme beruhigte sie. Vielleicht kannte er sie tatsächlich besser, als sie sich selbst kannte.
Kane ließ seine Hände widerstrebend von ihrem Gesicht gleiten, statt sie zu streicheln, was er
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