Im Bann Des Jaegers
denen sie begegnet war, Mitleid mit ihr verspürt hatten, doch weder sie noch ihre »Schwestern« hatten ihr Leben als bemitleidenswert empfunden. Sie hatten viele Aspekte ihrer Kindheit ausgekostet. Es war hart und zeitweilig sogar grausam gewesen, aber sie hatten einander nahegestanden und die körperlichen Betätigungen ausgekostet, in denen sie hervorragende Leistungen erbrachten.
Jetzt, nachdem sie sich in einer ihr unbekannten Welt als Fremde empfunden hatte, als sie auf sich selbst gestellt gewesen war, war ihr klargeworden, dass sie kein echtes Glück gekannt hatte. Das hatte ihr erst Kane gezeigt. Er hatte ihr so viel gegeben, und wenn er sie jemals verriet …
Ein kleines Schluchzen entrang sich ihr, und sie unterdrückte es sofort und schämte sich ihrer Schwäche.
»Kleines«, sagte Kane beschwichtigend. »Hör mir zu. Du musst mich ansehen, während ich dir das sage. Ich weiß, dass du weißt, ob ich die Wahrheit sage, wenn du in meine Augen schaust.«
Kleines . Mit diesem Kosewort hatte er sie noch nie angesprochen. Sie war kein kleines Kind und erst recht kein Baby, aber sie fühlte sich wie neugeboren. Die Liebe in seiner Stimme erschütterte sie fast so sehr wie seine Zärtlichkeit. Rose holte tief Atem, um zur Ruhe zu kommen, und zwang sich, ihren Kopf zu heben. Wenn Kane nicht gehört hatte, was ihr Körper ihm gesagt hatte, dann würde er es sehen, wenn er ihr ins Gesicht sah. Sie liebte ihn mit ihrem ganzen Wesen, und ihr graute. Sie hatte sich ihm in die Hände gegeben, ohne es vorgehabt zu haben, und jetzt besaß er die gesamte Macht über sie.
Kanes grüne Augen schienen ihr lange Zeit forschend ins Gesicht zu blicken, ehe er ihr fest in die Augen sah. »Ich kann nur vermuten, wie sehr du dich im Moment fürchtest, Rose. Mir geht es genauso. Nicht vor Whitney. Auch nicht davor, Vater zu sein. Mit beidem kann ich umgehen. Aber du machst mir Angst – wir machen mir Angst. Ich habe mich einem anderen Menschen nie derartig ausgeliefert gefühlt. Mein Herz gehört dir, Rose. Das klingt doof und schmalzig, und ich bin kein Mann von der Sorte, die nette Dinge sagt, weil Frauen sie hören möchten, aber wenn ich es könnte – wenn ich die richtigen Worte fände, um dir zu sagen, dass du mir schreckliche Angst einjagst, ohne mich wie ein Idiot anzuhören – , dann täte ich es.«
Sie fühlte sich von Glück erfüllt. Er hatte Recht; sie konnte in seinen Augen sehen, dass er die nackte Wahrheit sagte. Es gefiel ihr, dass er sich ihr gegenüber vorsätzlich so verletzlich machte, ihr seine Gefühle enthüllte und darauf vertraute, dass sie … ihn nicht verraten würde. Er hatte ihr soeben gesagt, dass er es verstand, und war das Risiko eingegangen, bevor sie den Mut dazu hatte finden können.
Sie fand beinah blind seinen Mund, verschmolz mit ihm und störte sich überhaupt nicht daran, dass ihre Milch zu fließen begann, obwohl es ihr eigentlich peinlich war und ihr ganz bestimmt nicht das Gefühl gab, bezaubernd oder sexy zu sein. Sie fühlte die Glut seiner festen Lippen, und ihr Herz flatterte. Ihn zu küssen war so, als ließe man sich in einem wunderschönen Traum versinken. Sie hätte ihn für alle Zeiten küssen können, bis in alle Ewigkeit. Seine Hände gruben sich in ihr Haar und sandten ihr einen Schauer über den Rücken. Er reagierte sofort darauf. Seine Arme wurden zu Stahl und hielten sie gefangen, während sein Mund über ihren glitt und den Kuss vertiefte, bis sie glaubte, ihr könnte das Herz in der Brust zerspringen.
Sie hob ihren Kopf ein wenig und blickte auf ihn hinunter, ließ ihre Zungenspitze über seine Unterlippe gleiten und kostete genüsslich seinen Geschmack aus. »Ich fürchte mich auch, Kane«, gestand sie. »Ich hielt es für folgerichtig, dich zum Vater meines Kindes zu machen.« Ein kleines Lächeln trat auf ihr Gesicht. »Du siehst sehr gut aus, und du besitzt Charakterstärke und Integrität. Du bist frei von Grausamkeit, Täuschung und Ausflüchten. Ich dachte, wir würden zusammenleben und glücklich sein und uns behaglich fühlen.«
Sie beobachtete, wie sein Lächeln seinen wunderschönen Mund weicher werden ließ und sich in das leuchtende Grün seiner Augen einschlich. »Behaglich?«, wiederholte er und ruckelte herum, damit sie fühlen konnte, wie er sich halbsteif in ihr bewegte. »Das ist nicht unbedingt das beste Wort, um unser Zusammensein zu beschreiben.«
In Verbindung mit diesem spöttischen, anzüglichen Grinsen sandte das, was sie in sich
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