Im Bann Des Jaegers
verbergen. Ihr fiel es immer noch ein bisschen schwer zu glauben, dass er all das für sie empfinden könnte, aber sie bemühte sich.
»Du hast mir das Leben gerettet.« Kane führte ihre Hand an seinen Mund. »Stimmt’s?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe dir eine Chance gegeben. Ich bin kein Experte im Heilen. Ich kann es nur in einer Krisensituation tun. Es ist mir gelungen, die durchtrennte Arterie zu flicken, aber ich war nicht sicher, ob sie halten würde, und daher konnte ich die Enden nicht loslassen, bevor wir auf dem Flugplatz gelandet sind. Sie hatten dort schon alles für die Operation vorbereitet. Der Arzt, der die Operation durchgeführt hat, hat auch alles andere wieder repariert. Die Kugel ist dort drinnen abgelenkt worden und hat eine Menge Schaden angerichtet. Du warst mehr als drei Stunden im Operationszelt, und zweimal wärest du ihnen beinah gestorben, Kane.«
»Er wäre im Hubschrauber gestorben, wenn du nicht gewesen wärst«, sagte Javier. »Für das, was du getan hast, sind wir dir alle sehr dankbar.«
Rose war derart verblüfft, dass sie tatsächlich einen Schritt zurückwich. Javier schien zu verschwinden und dann wieder aus der Wand hervorzukommen. Sie griff sich an die Kehle, denn es schockierte sie auch, wie er sie ansah. Sie war nicht mehr der potenzielle Feind, sondern fühlte sich mit Vorbehalt akzeptiert. Sie war dankbar dafür, dass sie bei ihm gut angeschrieben war.
»Ich weiß nicht, was passiert«, gestand sie. »Mein Körper übernimmt die Führung und handelt. Ich kann mich kaum daran erinnern, was ich genau getan habe.«
»Du hast ihn aufgeschnitten und deine Hände in ihn hineingesteckt«, sagte Javier.
Sie erschauerte, als sie sich an seine Reaktion erinnerte. Javier hatte ihr ein Messer an die Kehle gehalten. Die Geste hatte lässig gewirkt, war es aber keineswegs gewesen. Sie hatte unbeirrt weitergearbeitet, da sie wusste, dass ihr nicht viel Zeit blieb. Sie hatte die durchtrennte Arterie gefunden und sie innerhalb von Minuten geflickt und Mack angeschrien, er solle Kane sofort ihr Blut geben.
Von dem Moment an, als sie Kane in den Hubschrauber gezogen, die durchtrennte Arterie »gesehen« und ihn aufgeschnitten hatte, war alles verschwommen. Mack hatte nicht gezögert, sondern augenblicklich mit der Transfusion begonnen, während Gideon ihm noch Plasma gab. Sie hatte solche Angst gehabt, dass sie sich Sebastian hatte schnappen und mit ihm aus dem Hubschrauber hatte springen wollen. Lieber hätte sie es mit dem Unbekannten aufgenommen als ohne Kane mit diesen Fremden mit den grimmigen Gesichtern.
Seltsamerweise war es ausgerechnet Javier gewesen, der ihr geholfen hatte. Während des Flugs hatte er sie in einer stabilen Position gehalten und sie mit seinem eigenen Körper gestützt. Er hatte einen der anderen aufgefordert, improvisierte Kissen unter ihre Arme zu schieben, damit es ihr leichter fiel, die Arme hochzuhalten, und dann hatte er eine warme Decke um sie gelegt, während sie über Kane kauerte. Ihr Blut war in Kanes Körper geflossen, ein verzweifelter Versuch, ihn vor dem Verbluten zu bewahren, während ihre Finger tief in seinem Körper die Arterie festgehalten hatten, die sie notdürftig geflickt hatte. Diesen unglaublichen Flug im Hubschrauber würde sie niemals vergessen, denn sie hatte die ganze Zeit über versucht, für Kane zu atmen, und alle Kraft, die sie besaß, darauf verwendet, ihn zum Weiterleben zu zwingen.
»Whitney hat nie herausgefunden, was du kannst?«, fragte Kane.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich sagte es dir doch schon – selbst als Kinder wussten wir, dass wir unsere Gaben vor ihm verbergen mussten. Er hätte uns durchaus dabei helfen können, sie weiterzuentwickeln, aber wenn er etwas von mir gewusst hätte, hätte er die anderen Mädchen in Gefahr gebracht, um zu sehen, wie ich diese Gabe benutze. Er kann sehr grausam sein. Er selbst sieht das nicht so. In seinen Augen rechtfertigt der Fortschritt der Wissenschaft alles, was er tut.«
»Deshalb tust du dich so schwer mit Eric«, vermutete Kane.
Rose nickte. »Seine Wissbegier kann größer sein als seine moralischen Skrupel. Wenn ein Mensch erst einmal zu der Überzeugung gelangt, dass eine Einzelperson nicht zählt, wenn dem Allgemeinwohl gedient ist, dann überschreitet er eine Grenze und ist im Namen der Wissenschaft zu allem fähig. Whitney hat diese Grenze schon vor langer Zeit überschritten. Er ist fest davon überzeugt, dass sein Intellekt jedem anderen haushoch
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