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Im Bann Des Jaegers

Im Bann Des Jaegers

Titel: Im Bann Des Jaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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verbracht hatte.
    Sie warf einen Blick auf ihn und sah, wie er ihren Sohn hielt, und zugleich mit dem albernen Flattern in ihrer Magengrube schien jetzt auch noch ihr Herz zu schmelzen, und sie kam sich blöd vor. Sie wusste nicht, was normal war, und daher hatte sie nichts, womit sie ihre seltsamen Gefühle vergleichen konnte. Natürlich hatten sämtliche Frauen auf dem Gelände, als sie erwachsen geworden waren, über die Männer diskutiert, denen sie begegnet waren, aber es hatte immer eine strikte Trennung zwischen ihnen bestanden: Da gab es die Wächter, die sie gefangen hielten, und die Ausbilder, die sie trainierten.
    Sie blieb noch ein paar Stufen mehr hinter Kane zurück. Sie hatte nie das Gefühl gehabt, sie müsste errettet werden. Sie hatte sich nicht als die Prinzessin im Turm gesehen, nicht ein einziges Mal, in ihrem ganzen Leben nicht. Kane war ein harter, zynischer Mann, ein Soldat, der den Tod in seinen Augen trug, und doch konnte er so sanft mit einem Baby umgehen wie sie. Er gab ihr das Gefühl, zerbrechlich und schön und ungemein weiblich zu sein. Sie wollte die Prinzessin sein, die er davontrug.
    Sie kamen am ersten Stock vorbei, wo auf einer Seite die Computer untergebracht waren und auf der anderen das Trainingszentrum. Es stellte eine solche Freiheit dar, einfach die Treppe hinunterzusteigen, ohne vorher eine Erlaubnis eingeholt zu haben. Vielleicht war das der Grund, weshalb sie einkaufen gehen musste. Das Geld, das Lily Whitney-Miller auf ihren Namen zur Seite gelegt hatte, war eine gewaltige Stumme, die ständig wuchs. Jaimie hatte den notwendigen Papierkram erledigt, und Rose war nun erstmals in der Lage, ein Geschäft zu betreten und etwas zu kaufen. Sie brauchte sich nicht hineinzuschleichen und es zu stehlen. Sie brauchte sich nicht zu verstecken, und vor allem brauchte sie von niemandem die Erlaubnis dazu.
    Durch ihre gesenkten Wimpern warf sie einen verstohlenen Blick auf Kane. Sie stellte ihn nicht direkt auf die Probe, aber andererseits war es vielleicht doch genau das, was sie tat. Sie wollte nicht mit Wächtern leben, selbst dann nicht, wenn der Käfig vergoldet war. Kane war so gut zu ihr, und sie begann zu glauben, wenn auch immer nur für einen kurzen Moment, das Leben, das sie lebte, sei echt – nicht eines von Whitneys grausamen Spielen. Ein Teil von ihr musste Druck machen, um die Wahrheit zu sehen, auch wenn es sie mit Schuldbewusstsein und Scham erfüllte, die Dinge auf die Spitze zu treiben.
    Sie hatte Kanes Gesicht gesehen, als sie ihm gesagt hatte, sie würde einkaufen gehen. Er hatte ihr keine klare Antwort gegeben, und sie hatte zugelassen, dass sie vom Thema abkamen, und sich dazu entschieden, ihn zu necken, weil sie sich vor seiner Antwort gefürchtet hatte. Sie hatte befürchtet, alles, was sie lebte, sei nichts weiter als eine Illusion. Whitney war ein Meister im Erschaffen von Illusionen.
    Sie hatten es ins Erdgeschoss geschafft, und Kane hielt ihr die schwere Tür auf und trat zurück, damit sie vor ihm eintreten konnte. Das sah ihm so ähnlich. Kane war immer höflich und zuvorkommend und benahm sich ihr gegenüber wie ein Gentleman. Sie sah sich in dem riesigen Lagerhaus um. Sie hatten begonnen, sich dort häuslich einzurichten. Für sie war das ein unglaubliches Geschenk, das reinste Paradies. Aber hatte Whitney auch das irgendwie eingefädelt?
    Sie blinzelte mehrfach rasch hintereinander, und als sie wahrnahm, dass ihre Augen plötzlich brannten, trat sie ans Fenster und starrte auf die Straße hinaus. Die meisten Fenster waren nach und nach ausgetauscht worden. Jetzt waren es getönte und kugelsichere Scheiben ohne Gitter. Sie war glücklich, wirklich und wahrhaftig glücklich, und doch konnte sie die Furcht nicht ablegen, nichts von all dem sei real. Whitney hatte sie alle schon so viele Male getäuscht, und sie konnte ihr Glück nicht glauben.
    »Was ist, Rose?«, fragte Kane.
    Sie hätte sich ja denken können, dass ihm ihr plötzlicher Rückzug auffallen würde. Ihm entging nicht die kleinste Einzelheit.
    »Manchmal kommt es mir vor, als hielte ich den Atem an.« Sie wartete, da sie einerseits wollte, dass er es verstand, aber andererseits graute ihr auch davor, dass er es verstehen und wütend auf sie sein könnte, weil sie nicht daran glaubte.
    Kane blieb stumm. Sie fühlte ihn hinter sich. Er stand einfach nur da, sagte kein Wort und tat auch nichts. Hatte sie ihn verletzt? Wahrscheinlich. Wie könnte es ihn nicht verletzen, dass sie immer noch

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