Im Bann Des Jaegers
sparsam. Sowie sie das Baby sicher untergebracht hatte, wandte sie sich um, zog ihr Schnellfeuergewehr von ihrem Rücken wieder nach vorn und trat in die Türöffnung, um Kane Feuerschutz zu geben.
»Zehn Uhr, auf deiner Seite, Gideon«, schnauzte jemand.
Gideon feuerte, ohne zu zögern, und der Schuss hallte laut durch die Nacht. »Er ist abgeschossen, Boss. Wir sind bereit.«
Ihr Magen verkrampfte sich. Alle würden auf Kane schießen. Diese Männer und sie würden ihn vor den Schützen bewahren müssen. Sie hob das Gewehr an ihre Schulter und sah in das Nachtsichtgerät. Es waren nur Sekunden vergangen, doch sie erschienen ihr wie eine Ewigkeit.
Klettere schnell hoch, Kane. Sie bemühte sich, ihn ihre Furcht um ihn nicht merken zu lassen. Wir erwarten dich hier.
Ich warte noch auf das Okay vom Boss, meine Liebe. Gleich bin ich bei euch.
Seine Stimme war ruhig, und sie hatte auch nichts anderes von ihm erwartet. Diesen Mann schien so schnell nichts zu erschüttern.
Das muss einfacher sein, als dich von einem Baby zu entbinden, stimmt’s? , neckte er sie, und sie hörte Gelächter in seiner Stimme.
Ihr Bauch verkrampfte sich vor Grauen noch mehr. Ihr Mund wurde trocken. In einer Gefechtssituation war sie grundsätzlich die Ruhe selbst und ließ sich durch nichts beirren, doch tief in ihrem Inneren stand sie eine Heidenangst aus.
Da hast du verdammt Recht.
Ich komme jetzt rauf, Süße. Der Boss hat mir gerade sein Okay gegeben.
Sie warf einen Blick nach unten, obwohl sie wusste, dass sie das nicht hätte tun sollen, um zu sehen, wie Kane hochsprang und das Seil packte. Nie hatte sie einen Mann so schnell klettern sehen. Hangelnd zog er sich geradewegs nach oben, während der Abwind der Rotorblätter das Seil wüst herumwirbeln ließ, wenn auch nicht annähernd so schlimm wie bei ihrem geringeren Gewicht. Seine Kraft überstieg ihr Vorstellungsvermögen, und sie musste sich zwingen, in das Zielfernrohr zu starren, um ihn zu beschützen.
Er hatte mehr als die Hälfte der Strecke zum Hubschrauber hinter sich gebracht, als zwei von Whitneys Männern schnelle Schüsse abzugeben begannen. Sie entdeckte einen Soldaten, der sein Gewehr hob, und sie schoss auf ihn und sah ihn zu Boden gehen. Eine Salve von Schüssen wurde abgegeben, und der Hubschrauber bewegte sich mit einem heftigen Ruck.
Sie keuchte und blickte nach unten. Kane hatte den Eingang erreicht und streckte eine Hand aus, um sich in den Hubschrauber zu ziehen. Sie hörte nicht wirklich, wie die Kugel in ihn einschlug, aber sie sah, wie sein Körper zurückgeschleudert wurde, fort von dem Hubschrauber, und sie warf sich auf den Boden und packte mit beiden Händen sein Handgelenk.
Halt bloß das Seil fest! Rose ließ möglichst viel Schärfe in ihren Befehlston einfließen.
Überall war Blut, so viel, dass sie nicht sehen konnte, woher es kam. Er war zu schwer, viel zu schwer, und sie hatte keine Zeit. Einer der Männer neben ihr beugte sich gemeinsam mit ihr hinaus und packte ihn unter den Armen.
»Erschießt diesen verfluchten Dreckskerl.« Der Befehl ertönte hinter ihr.
»Schon dabei, Boss«, sagten zwei Stimmen gleichzeitig.
Kane war bewusstlos, aber als die Kugel ihn getroffen hatte, hatte sein Instinkt ihn mit seiner freien Hand das Seil umklammern lassen. Sie mussten seine geballte Faust gewaltsam öffnen, damit er es losließ. Bevor der Scharfschütze einen zweiten Schuss abgeben konnte, feuerten mindestens zwei Männer hinter ihr Schüsse über ihren Kopf hinweg ab.
Sie hatte keine Zeit, den Mann an ihrer Seite zu identifizieren, der Kane davor bewahrte, in den Tod zu stürzen. »Macht schon, jetzt macht schon. Wir haben keine Zeit. Bereitet eine Transfusion vor. Macht schon. Los jetzt. Ich brauche einen Erste-Hilfe-Koffer. Öffnet schnell einen, und holt das Jod raus.«
Sie setzte alle Kraft ein, die sie besaß, um dem Mann neben ihr dabei zu helfen, Kanes volles Gewicht in den Hubschrauber zu hieven. Sie zerrte ihn tiefer hinein und legte ihn richtig hin. Dann kniete sie sich schleunigst neben ihn und hatte ihr Messer schon gezogen. Sie schnitt seine Kleidungsstücke fort und entblößte seinen Bauch. Die Kugel war über den Unterleib eingedrungen und hatte sich in seinen Brustkorb gebohrt.
»Seht zu, dass ihr eine Nadel in ihn reinkriegt, bevor seine Venen kollabieren«, schnauzte sie, ohne die Männer mit den grimmigen Gesichtern anzusehen, die um sie herumstanden. Ihre gesamte Konzentration richtete sich darauf, Kane zu retten
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