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Im Bann Des Jaegers

Im Bann Des Jaegers

Titel: Im Bann Des Jaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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– und ihr blieben nur Minuten. Ihre Handflächen brannten, wurden glühend heiß, und die sengende Hitze wurde unerträglich.
    »Jod. Beeilt euch. Schüttet es über seinen Bauch und meine Hände und das Messer.« Sie hielt ihre Hände hin und schnitt schon in Kanes Fleisch, während sie noch das Jod darüber ausgossen.
    Jemand – auch diesmal wusste sie nicht wer, und es war ihr auch ganz egal – drängte sich dicht an ihren Rücken und hielt eine Klinge fest an ihren Hals, eine Drohung, die man nicht missachten sollte, doch sie tat es. Wenn der Mistkerl sie töten wollte, na bitte, aber sie würde nicht einmal kostbare Sekunden mit dem Versuch vergeuden, ihm ihr Vorhaben verständlich zu machen. Sie konnte ohnehin nicht erklären, woher sie schon in dem Moment, als sie Kane berührt hatte, wusste, dass die Arterie durchtrennt war und er schnell verblutete – zu schnell.
    Alles um sie herum verblasste und wich in den Hintergrund zurück, bis sie in diesem tiefen Tunnel war, wo es nichts anderes mehr gab als ihre Hände, die nur noch auf das reagierten, was ein Mensch mit kritischen Verletzungen brauchte. Die Energie brandete bereits in ihrem Innern. Ihre Fingerspitzen prickelten und brannten. Sie tauchte ihre Hände in seinen Körper, und sie fanden mit untrüglicher Zielsicherheit die Arterie. Sie nahm sie zwischen ihre Finger, die an all dem Blut abglitten, und musste noch einmal danach tasten. Die Arterie fühlte sich an wie eine Nudel oder, noch schlimmer, wie ein Tintenfisch. Sie war nicht zimperlich, es sei denn, sie gestattete sich den Gedanken, sie könnte versagen. Nur dann wurde ihr richtig mulmig zumute.
    »Was zum Teufel tust du da?«, fragte eine barsche Stimme.
    »Lenk sie nicht ab.«
    Das musste der Master Gunnery Sergeant sein. Sie konnte es an seiner Stimme erkennen. Sie klang so, als käme sie aus weiter Ferne, aber sie nahm alle Anwesenden auf irgendeiner Ebene wahr.
    Sie konnte Geräusche hören. Schweren Atem. Die Rotorblätter des Hubschraubers. Das Knistern des Plastikbeutels, als einer der Männer Flüssigkeit durch einen Tropf laufen ließ, um die Vene für das lebensrettende Blut offenzuhalten, falls ihr gelang, was sie gerade versuchte. Falls . Da war sie. O Gott, sie hatte die Arterie.
    Lebe, Kane. Lass uns nicht allein.
    Sie tastete nach den Enden und drückte sie zusammen, schloss die Augen und holte langsam und tief Atem, sog den Atem ganz tief in ihren Körper ein und sandte die heilende Glut, diese sengend heiße Glut, durch ihre Adern und durch ihre Fingerspitzen hinaus. Sie musste die Enden miteinander verbinden, aber es war eine heikle Aufgabe, das Blut hindurchfließen zu lassen, während sie die durchtrennten Enden durch Hitze zusammenhielt.
    Das intensive Brennen verschlug ihr den Atem, doch sie hielt durch. Einen Moment lang wurde alles dunkel, und es waren nur noch Sterne da und ein Gefühl des Nachlassens. Ihr Magen hob sich. Sie nahm das Blut auf ihrer Kleidung wahr, ihre Hände, die in Kane steckten. Das Blut reichte ihr bis zu den Ellbogen. Sie konnte die übrigen Schäden nicht beheben, die seinen inneren Organen zugefügt worden waren, aber sie hatten eine Chance, ihn am Leben zu erhalten, bis der Chirurg übernahm, falls sie bis dahin durchhielt.
    »Beeilt euch. Benutzt mich für die Transfusion. Whitney hat bei Paaren immer darauf geachtet, dass sich die Blutgruppen miteinander vertragen.« Jetzt war es ihre eigene Stimme, die aus weiter Ferne kam, aber vielleicht auch aus einem tiefen, tiefen Loch. »Bestellt euren Chirurgen an den Landeplatz. Und beeilt euch um Gottes willen. Er muss die Operation dort, wo wir landen, schon vorbereitet haben. Ist das machbar?«
    »Der Doc wird da sein.«
    Sie drehte ermattet den Kopf um und sah in kalte schwarze Augen unter lachhaft langen Wimpern.
    »Wer hat mein Baby?«
    »Ich habe den Kleinen, Ma’am«, sagte eine andere Stimme. »Mein Name ist Ethan Myers. Sie müssen Rose sein.«
    Sie war zu müde, um das Offenkundliche zu bestätigen oder den Mann auch nur anzusehen. Das Messer wurde langsam von ihrer Kehle zurückgezogen. Erst in dem Moment fühlte sie das leichte Brennen. Die Drohung war äußerst real gewesen. Es gelang ihr tatsächlich, über ihre Schulter zu dem Mann aufzublicken, und ihr Herz sank wie ein Stein. Sie erkannte denjenigen, den sie Javier nannten. Der Tod starrte sie an. Dieses Gesicht war vollkommen ausdruckslos.
    »Rose«, sagte der Mann mit den schwarzen Augen. Er sprach ihren Namen sehr sanft aus.

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