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Im Bann des Maya-Kalenders

Im Bann des Maya-Kalenders

Titel: Im Bann des Maya-Kalenders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Stamm
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erweist sich auch bei den Scientologen als wirksames Instrument zur Bewusstseinskontrolle. Die Unterordnung unter das vermeintlich rettende Kollektiv und die erlösenden Dogmen von Hubbard führen manchmal zu Überanpassung, welche die Qualität
einer Selbstaufgabe erreichen kann. Ein Effekt, der Hubbard gar nicht ungelegen kommt: Seine Anhänger werden verfügbar.
    Die Untergangsszenarien sind bestens geeignet, die Scientologen an die Organisation zu binden und von der angestammten Umgebung zu entfremden und zu isolieren. Die klassische Karriere eines Scientologen erweckt den Eindruck eines Leidensweges und beginnt in der Regel mit dem Sturm aufs Bankkonto. Die Novizen müssen nach Kräften mithelfen, die Finanzstatistik aufzupolieren. Droht die wöchentlich kontrollierte Umsatzkurve einzubrechen, müssen alle Mitglieder helfen, die Kasse zu füttern. Dazu pumpen sie auch mal Freunde und Verwandte an oder nehmen einen Bankkredit auf. Dieser wird als Investition für die Zukunft verstanden oder als Versicherung gegen den Untergang.
    Ist ein Scientologe finanziell ausgepowert, wird er oft gedrängt, seine physischen Ressourcen der »Kirche« zur Verfügung zu stellen und als Mitarbeiter im Zentrum zu helfen, »den Planeten zu klären«, wie es in der Sprachregelung von Scientology heißt. Angehörige empfinden die Arbeitsbedingungen als unmenschlich, ausbeuterisch sind sie in jedem Fall. Bei einem Wochenpensum von oft 60 und mehr Stunden – scientologisches Studium inbegriffen – erhalten die Mitarbeiter in der Regel nur ein besseres Trinkgeld. Der »Lohn« ist von den Einkünften des Zentrums und der eigenen Leistung abhängig und bewegt sich in der Größenordnung von 50 Euro pro Woche. Bei einem Leistungseinbruch des gesamten Zentrums und des einzelnen Mitarbeiters bleibt die Lohntüte auch mal leer. In den größeren Scientology-Zentren brennen die Lichter meist bis weit nach Mitternacht.
    Hubbard verlangt bedingungslose Disziplin. In der Regel verlässt kein Mitarbeiter das Zentrum, bis die Arbeitsziele erreicht sind. Alle anderen Verpflichtungen und die persönlichen Bedürfnisse werden den scientologischen Ansprüchen untergeordnet. Schließlich geht es um die Rettung des Planeten. Der maßgebende Wert sind die Statistiken. Die Vorgesetzten kontrollieren
in der Regel täglich die Kurve ihrer Mitarbeiter. Sinkt sie, drohen Sanktionen. Bei internen Schwierigkeiten treten der Ehtik-Officer und das Kader auf den Plan, die einen Sicherheits-Check am Hubbard-Elektrometer, eine Art Lügendetektor, anordnen können. Oft führen solche Aktionen zu einer Handhabung, die an Gerichtsverhandlungen erinnern. Das Repertoire an Maßnahmen ist beträchtlich. Die sanfteste besteht darin, dass der betroffene Mitarbeiter weiterarbeiten muss, bis er den erforderten statistischen Wert erreicht. Mitglieder der Eliteeinheit Sea-Org können in eine Arbeitskolonne versetzt werden, die an ein Arbeitslager erinnert. Aussteiger, die das Ritual über sich ergehen lassen mussten, sprechen von einem Straflager.
    Brücke zur neuen Welt
    Hubbard schuf einen apokalyptischen Anreiz, um Mitarbeiter, Staff-Member genannt, zu ködern. Wer vollamtlich tätig wird, darf die sündhaft teuren Kurse gratis belegen. Der »Vorteil« liegt auf der Hand: Als Staff-Member kann ein Scientologe die »Brücke zu einer neuen Welt« viel schneller überschreiten, als wenn er mit dem Ersparten die Kurse bezahlen muss. »Arbeitskraft gegen ewiges Seelenheil«, lautet die verlockende Devise.
    Wahrscheinlich können die wenigsten Scientologen die Konsequenzen eines Arbeitsvertrags auf Anhieb abschätzen. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sie sich meist auf fünf Jahre. Und dies unter Bedingungen, die nicht einmal das Existenzminimum sichern. Sie lassen sich von der Klausel blenden, die Kurse gratis absolvieren zu dürfen. Die wenigsten realisieren, dass sie sich damit noch mehr an die Organisation binden. Denn bei Vertragsbruch müssen sie zumindest einen Teil der gratis bezogenen Kurse zurückzahlen. Kommt ein Mitarbeiter mit dem »Lohn« nicht klar oder kann er die Kreditraten nicht mehr aufbringen, muss er eine Arbeitsstelle außerhalb von Scientology
suchen. Dann droht ihm eine so genannte Freeloarder Bill: Eine Rechnung für die gratis bezogenen Kurse.
    Geradezu apokalyptische Dimensionen weist der Vertrag auf, den Mitarbeiter der Elite-Organisation »Sea-Org« unterschreiben. Die Muster-Scientologen tauchen nicht nur in eine Gegenwelt ab und opfern sich

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