Im Bann des Maya-Kalenders
Scientology eine Milliarde Dollar angehäuft. Die Spendengelder würden gehortet und in überflüssige Immobilien investiert, was gegen den Willen von Hubbard sei, der sich stets für die Verbreitung seiner Lehre eingesetzt habe. Die Aussagen von Debbie Cook sind besonders glaubwürdig, weil sie ihre Kritik aus Liebe und Respekt zu Ron Hubbard verbreitete, wie sie ihren Gesinnungsgenossen mitteilte.
Hubbard beanspruchte die globale Macht. Wahrlich ein Endzeitszenario, allerdings nur für die Welt der Nicht-Scientologen. Würden die Visionen von Hubbard und seinen Anhängern Realität, wäre dies für viele wohl eine von Menschen gemachte Apokalypse.
22. Epilog: Ungestillte Sehnsucht nach der Endzeit
Die Mitglieder apokalyptischer Glaubensgemeinschaften sehnen sich die Erlösung förmlich herbei. Für sie wäre es eine besondere Gnade, in der gesegneten Zeit der apokalyptischen Offenbarung ein Diener Gottes oder der kosmischen Autorität zu sein und
mithelfen zu können, die Endzeit vorzubereiten. Sie möchten eine aktive Rolle beim entscheidenden Ereignis der Menschheit spielen. Mit der Apokalypse würde sich das Tor zum Paradies für sie weit öffnen.
Die Sehnsucht nach dem Ende der Welt führt aber oft in eine Scheinwelt, die sich schlecht mit den Anforderungen verträgt, sich im Alltag zu bewegen und die reale Existenz zu bewältigen. Die Konzentration aufs Jenseits entfremdet viele Gläubige und Anhänger von Endzeitkulten von den alltäglichen Erfordernissen und fördert paradiesische Wunschvorstellungen. Sie laufen Gefahr, eine Todessehnsucht zu entwickeln. Und da sie vorwiegend in religiösen Dimensionen denken und empfinden, entgeht ihnen die verhängnisvolle psychische Dynamik ihrer Bewusstseinsverengung. Sie verdrängen alle Warnsignale als Versuchung des Teufels, sie vom Heilspfad abzubringen.
In dieser ausweglosen Situation sehnen sich viele die reinigende Katastrophe und die anschließende Erlösung herbei. Die erdrückenden Schuldgefühle, die vor allem Anhänger christlich dogmatischer Glaubensgemeinschaften kultivieren, erzeugen die Sehnsucht nach der göttlichen Bestrafung, welche die Sünden tilgen soll. Die Bilder von Harmagedon sind das perfekte Reinigungsrezept für Gläubige, die von grundsätzlichen Zweifeln gepackt und von apokalyptischen Ängsten verfolgt werden: In einer Art religiöser Selbstkasteiung reden sich viele ein, Harmagedon verdient zu haben. Sie erhoffen sich die letzte Bestrafung und die damit verbundene Katharsis. Dabei erleiden sie oft einen Einbruch des Selbstwertgefühls und des Glaubens an sich.
Was als Trost gedacht war, ist in den sektenhaften Organisationen eine permanente Quelle der Furcht und Unsicherheit. Das erhoffte Heil im Jenseits wird zur Hölle im Diesseits. Die Angst vor einer Verfehlung kann bei Gläubigen mit einem überhöhten Über-Ich zu Neurosen und Zwangshandlungen führen.
Angst ist ein grundlegendes Lebensgefühl, das unabdingbar zum Menschsein gehört. Glück bedeutet unter anderem Abwesenheit
von Furcht. Sektenanhänger unterliegen aber dem Irrtum, eine absolute Heilsgewissheit vermittle schon im Diesseits ein permanentes Glücksgefühl. Sie verkennen, dass Angst vor Verlust, Krankheit, Schmerz und physischem Tod nicht eine Frage der religiösen Überzeugung ist, sondern eine menschliche Grundkonstante. Wer diese natürlichen Ängste mit Hilfe eines religiösen Konzepts verdrängt, läuft Gefahr, psychisch zu erkranken oder eine emotionale Regression zu erleiden.
Angst als Ausdruck mangelnden Glaubens
Die Angst wird als Funktion des Bösen gewertet und als Gegenkonzept zum religiösen Heilsprinzip erklärt. Somit interpretieren die Gläubigen Angstgefühle häufig als Mangel an Glauben. Sie fürchten, Gott habe sie verlassen oder sie seien der Versuchung des Teufels erlegen. Ängste werden als Gefahr für das religiöse Wachstum betrachtet und mit allen Mitteln bekämpft. Der Prozess der Selbsterniedrigung spitzt sich zu, wenn die religiösen Führer den psychischen Störungen mit spiritistischen Heilungsversuchen oder Ritualen begegnen wollen. Meist ein aussichtsloser Kampf, der die Todessehnsucht weiter nährt.
Die durch die Bewusstseinskontrolle geförderte Sehnsucht nach der Apokalypse und letztlich nach der Erlösung unterminiert langfristig den Willen zur Selbstbehauptung. Indoktrination ist oft ein Angriff auf den Überlebenstrieb. Gläubige fundamentalistischer Heilslehren müssen unbewusste Regungen und intuitive Empfindungen
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