Im Bann des Mondes
bemerkte das belustigte Funkeln in seinen Augen, während er auf das Notizbuch pochte. »Der Parfümeur hatte eine Schwester – Miss Lucy Montgomery.« Northrups Blick bekam ein gefährliches Leuchten. »Sie war nicht nur Neds Schwester, sondern Miss Lucy war auch als Pflegerin in Ranulf House angestellt. Es ist nicht zu weit hergeholt, wenn man davon ausgeht, dass sie wohl für die Pflege eines syphilitischen Lykaners zuständig war.« Seine Stimme bekam einen tödlichen Unterton. »Mein Mistkerl von Bruder hat mich angelogen.«
»Das könnte ein Zufall sein. Vielleicht hat Conall mit all dem gar nichts zu tun.« Daisy wusste, dass Ian – egal was er sagte – die Vorstellung, seinen Bruder umzubringen, schwer zu schaffen machte.
»Und was ist mit der Anstecknadel?«, hielt ihr Northrup entgegen.
»Vielleicht hat ihm jemand die Nadel gestohlen.«
»Gestohlen?«, wiederholte Northrup, und sie sah, wie es um seine Mundwinkel zuckte. Einen atemberaubenden Moment lang wurde sein Blick ganz warm und weich, sodass es in ihrem Bauch flatterte, doch dann schüttelte er den Kopf, als versuchte er ihn klarzubekommen, und der Moment war vorbei. »Ein hübscher Gedanke«, meinte er mit seiner seidigtiefen Stimme.
»Nun, könnte es denn deine sein? Vielleicht hat sie ja jemand
dir
gestohlen.«
Er ging über ihr Necken hinweg. »Nein, Kleines. Meine Anstecknadel habe ich schon lange nicht mehr.« Eine dunkle Wolke der Trauer legte sich über sein Gesicht. »Ich habe sie meinem Sohn mit ins Grab gelegt.«
Da berührte sie ihn endlich, denn sie konnte es keinen Moment länger ertragen, es nicht zu tun. Seine Hand fühlte sich warm an unter ihren Fingern. »Vielleicht ist es ja gar nicht diese bestimmte Anstecknadel, sondern eine, die ihr nur ähnlich sieht. Victoria ist vor sechsundvierzig Jahren gekrönt worden«, fügte sie hinzu, als er den Kopf schüttelte. »Es ist so lange her, dass du nicht erwarten kannst, dich noch wirklich an alles erinnern zu können.«
Ein breites, draufgängerisches Lächeln legte sich auf sein Gesicht. »Du meinst also, ich wäre ein alter Mann, dessen Erinnerungsvermögen allmählich nachlässt, nicht wahr?«
»Du bist nicht alt.«
Er schnaubte amüsiert. »Ich gehe auf die hunderteinunddreißig zu.«
»Das ist etwas anderes«, erwiderte sie scharf.
»Ach?« Er zog die Augenbrauen hoch und sah sie mit durchtriebenem Blick an. »Inwiefern denn?«
»Du hast den Elan und die Erscheinung eines Mannes in den besten Jahren, wie du sehr wohl weißt, du arroganter Mistkerl.« Sie versuchte ärgerlich zu klingen, aber zum ersten Mal war er heute wieder mehr er selbst. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie sehr sie sein Necken, seine Freude,
ihn
brauchte.
Northrups weiße Zähne blitzten auf. »Ja, Elan ist ziemlich wichtig, nicht wahr?«
»Bleib ernst, Northrup.«
»Ian.«
»Ian«, verbesserte sie sich, während sich in ihrem Innern etwas zusammenzog.
Seine Miene entspannte sich, als sie seinen Namen aussprach, und sie rückte näher, wobei sie registrierte, wie seine Nasenflügel flatterten und leidenschaftliche Glut in seine Augen trat. Sie schluckte. Doch der Moment war vorbei, als er wieder sprach. »Anstecknadel hin oder her … hast du eine Erklärung dafür, dass Miss Montgomery in Ranulf House gearbeitet hat? Und eine enge Beziehung nicht nur zu einem der Opfer, sondern auch dem Parfümeur unterhielt?«
Die hatte Daisy nicht. »Dann müssen wir sie warnen. Ist es das, was du heute Abend vorhast?«
Langsam strich sein Daumen über ihre Fingerknöchel. »Nein, Liebes, ich glaube, dass man Miss Montgomery längst nicht mehr helfen kann. Lane beschreibt sie als hellhaarig, blauäugig und hübsch.« Ian senkte die Lider. »Die Frau, die wir bei Ned gefunden haben, könnte all das einst gewesen sein. Und Miss Montgomery verließ vor ungefähr einem Monat aus Gesundheitsgründen Ranulf House. Krebs, behauptete sie. Aber ich würde meinen Hut darauf verwetten, dass sie an Syphilis erkrankt war. Die hat sie sich garantiert bei dem geheimnisvollen Lykaner geholt, der jetzt ein Werwolf ist. Lane nahm das offensichtlich ebenfalls an.«
»Tja«, meinte Daisy und lehnte sich zurück. »Es scheint so, als wäre Winston doch ein besserer Detektiv, als du immer gedacht hast.«
»Er ist ein guter Mann«, erwiderte Ian. »Und ich werde diesen Angriff auf ihn nicht ungesühnt lassen.«
»Dann sag mir, was du vorhast«, forderte sie ihn mit einem leichten Anflug von Verärgerung auf.
Er zögerte nur
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