Im Bann des Mondes
gelegen haben mochte, starb angesichts ihres Geständnisses einen jähen Tod. »Und was sagen Sie jetzt?«
Daisys Unterlippe zitterte, und sie senkte den Kopf, während sie sich dafür verfluchte, ausgerechnet vor ihm zu weinen. »Ich hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen«, wisperte sie. »Ich bin nicht für ihn bestimmt.«
Beinahe hätte sie gelacht, als Talent den Kopf schief legte und sie völlig verwirrt anstarrte. Aber sie konnte nicht. Nicht, wenn ihr Herz gerade brach. Verdammt, aber Ian hatte richtig gelegen: Man konnte sich immer noch eine Zeit lang etwas vormachen.
»Sie …« Talent knirschte mit den Zähnen, ehe er fortfuhr. »Sie machen ihn glücklich.«
Ein Geständnis, das er nur mit allergrößtem Widerwillen machte. Dessen war Daisy sich sicher. Dieses Mal lachte sie, doch es war ein freudloses Lachen. »Ja. Und er macht mich auch unendlich glücklich.« Sie schniefte, als ihre Nase anfing, wie ein blöder Wasserhahn zu tropfen. Mit einem angeekelten Schnauben reichte Talent ihr sein Taschentuch.
»Danke«, sagte sie. »Wissen Sie … eigentlich habe ich nie geweint. Doch jetzt scheine ich nichts anderes mehr tun zu können.«
»Wenn Sie ihn glücklich machen und er Sie«, meinte Talent, »dann kann es Ihnen doch völlig egal sein, was ich sage.«
Mit feuchten Augen sah sie ihn an. »Ach, plötzlich geben Sie also zu, dass Sie nicht allwissend sind?« Als er sie wütend ansah, lächelte sie. »Ich bin ein Mensch, Jack.« Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen, und sie versuchte sie zurückzudrängen. »Ich werde sterben.« Sie schluckte. »Am Ende werde ich sterben, und er bleibt zurück.«
Er wollte schon etwas erwidern, als ein lautes Geräusch von unten ihn innehalten ließ. Er erstarrte und hob eine Hand, um Daisy zum Schweigen zu bringen, während er lauschte. Wieder ertönte das Geräusch. Glas brach. Seine grünen Augen leuchteten entschlossen auf, als er sie ansah. »Bleiben Sie hier.«
Daisy taumelte hoch, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ehe er sich in Bewegung setzen konnte, packte sie seinen Arm. »Gehen Sie nicht nach unten.«
Ärgerlich sah Talent erst die Hand an, die auf seinem Arm lag, dann Daisy. »Sie machen wohl Witze? Natürlich gehe ich nach unten. Das ist meine Pflicht.«
Daisy ließ ihn nicht los. Talent mochte zwar die Hälfte der Zeit grob und aufgeblasen sein, aber sie ertrug die Vorstellung nicht, dass ihm etwas passierte. »Es könnte der Werwolf sein.«
»Das hoffe ich doch. Ich bin ganz erpicht darauf, diesen Mistkerl endlich in die Finger zu bekommen.« Er versuchte, sich ihr zu entziehen. »Lassen Sie mich los, ja?«
»Nein.« Sie packte ihn fester. »Ian hat gesagt, Sie wären kein Lykaner. Wie kommen Sie also auf die Idee, Sie könnten es überhaupt mit ihm aufnehmen?«
Talent schnaubte. »Das fragen Sie mich erst jetzt?«
»Ich vertraue Northrups Urteil«, erwiderte sie. »Aber Sie haben ja keine Ahnung, wie stark dieses Biest ist.«
Wut und Erheiterung schwangen zu gleichen Teilen in seiner Stimme mit, als er lachte. »Verdammt, Frau, ich bin ein Gestaltwandler.«
Sie hatte keine Ahnung, was ein Gestaltwandler war, aber es klang nicht sonderlich beeindruckend. »Was genau ist ein Gestaltwandler?«
»Zur … Ein Gestaltwandler ist eine eigene Art Bestie. Ich kann die Gestalt jedes lebenden Wesens annehmen.« Ein böses Lächeln huschte über sein Gesicht, dann fing die Luft um ihn herum an zu schimmern, und sein Körper verformte sich so schnell, dass das Auge es nur als einen Wirbel wahrnahm.
Daisy gab einen erschreckten Schrei von sich und wäre fast zu Boden gestürzt.
Talent lachte. »Was ist? Gefällt Ihnen nicht, was Sie sehen?«
Mit offenem Mund starrte sie sich selbst an. Er hatte sich in sie verwandelt! Ihr Gesicht, ihre Gestalt, gehüllt in Talents Kleidung, sah sie an.
»Gütiger Himmel«, stotterte sie. Plötzlich kam ihr ein Gedanke, und sie fiepte fast. »Sie waren diese verdammte Krähe, die mir gefolgt ist!«
Die Luft um ihr herum flimmerte, als er sich zurückverwandelte. »Sie sind eine ganz Schnelle, was?« Er beugte sich vor, und alle Erheiterung schwand aus seiner Miene. »Ich kann mich in alles verwandeln«, betonte er. »Sogar in einen Werwolf.«
Als Daisy ihn mit großen Augen ansah, zu benommen, um irgendetwas zu sagen, lachte Talent herzhaft. Sie hatte recht gehabt. Er war atemberaubend, wenn er lächelte. »Haben Sie es immer noch nicht begriffen, Frau? Sie leben wohl hinterm Mond. Die Monster sind
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