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Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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auch sie würde natürlich nicht verstehen, was in Sonja vorging – kein Wunder, Sonja verstand es ja selbst nicht. Sie wusste nur, dass diese Prophezeiung sie zwingen wollte, Lorin das Amulett zu geben.
    Damit er sich opfern konnte.
    Niemals.
    Und damit ließ sie alle ihre Freunde, das Land, die Göttin und Nachtfrost im Stich und half dem Spürer und den Dämonen.
    Über ihr auf der Spitze des Hügels flammte ein weißes Licht auf.
    Sie zuckte zusammen. War sie wirklich so weit oben, dass die Sternrückenberge nur noch Hügel waren? Sie kniff die Augen zusammen und blickte zu dem Licht hoch. Aber so hell war es gar nicht, jedenfalls blendete es nicht. Also öffnete sie die Augen wieder und schaute genauer hin. Da waren noch mehr Lichter, wie gelbe Feuerkugeln, die in dem weißen Schein tanzten. Und sie hörte Gesang, ein wildes, fröhliches Quäken im Rhythmus trappelnder Füße.
    Was für Wesen tanzten da im Licht, das die Füße der Göttin auf den Bergkuppen hinterlassen hatte? Lorin hatte d och gesagt, dass die Lichter ausgingen, wenn man sich ihnen näherte! Aber vielleicht hatten diese Leute etwas zu essen – beim Feiern und Tanzen bekam man immer Hunger. Sonja hatte zwar nicht die allergeringste Lust auf Fröhlichkeit und Tanz, aber sie hatte Hunger. Und allzu Furcht einflößend klang das nicht, was da oben vor sich ging.
    Sie rutschte von Beyashs Rücken und ließ den Rotfuchs weitergrasen, während sie vorsichtig den Abhang hinaufkletterte. Inzwischen hatte sie viel Übung im Klettern, und wenn sie auch gelegentlich die Hände zu Hilfe nehmen musste und sich nicht halb so anmutig bewegte wie Haelfas es getan hatte, kam sie doch rasch und problemlos vorwärts.
    Kurz bevor sie die Hügelkuppe erreichte, legte sie sich auf den Bauch und kroch vorsichtig weiter durch das Gras, bis sie sehen konnte, wer da tanzte.
    Es waren mindestens vierzig oder fünfzig Leute mit wilden Strubbelhaaren, großen Knubbelnasen und noch größeren spitzen Ohren. Sie trugen lange, bunt gestreifte, gepunktete oder karierte Kleider, die wie ärmellose Nachthemden aussahen und sich bei jedem Sprung und jeder Drehung weit bauschten wie altmodische Ballkleider, nur nicht so elegant. Die Wesen schienen nicht besonders groß zu sein, aber vielleicht waren sie auch weiter weg, als es Sonja vorkam. Sie tanzten und hüpften um das weiße Licht herum, das aus dem Boden nach oben strömte. Dabei sangen sie Worte, die Sonja nicht verstehen konnte, weil irgendwie jeder etwas anderes zu singen schien. Im Hintergrund bliesen sechs Musikanten in Holzrohre, die in Wassermelonen gespießt waren. Zumindest sahen die dicken grünen Kugeln am Ende der Rohre wie Wassermelonen aus. Die Musik war quäkend und schrill, aber selt s am mitreißend, und Sonja merkte, dass sie den Rhythmus mit den Fingern trommelte, ohne es zu wollen. Und noch etwas merkte sie: Die Luft duftete nach frisch gebackenem Brot. Sie war so hungrig, dass ihr von dem Duft fast schlecht wurde.
    Was sollte sie tun? In allen Märchenbüchern, die sie je gelesen hatte, gingen die Lichter schlagartig aus und die Tänzer verschwanden, wenn ein Mensch sich näherte. Und dann war alles dunkel, und der Mensch stolperte herum und sah nur noch einen Kreis von Fliegenpilzen, und wenn in einiger Entfernung die Lichter wieder aufflammten und die Musik wieder einsetzte und der Mensch dorthin lief, passierte wieder genau dasselbe. Wahrscheinlich hatten die Zauberwesen von Parva keine deutschen Märchenbücher gelesen, aber auch Lorin hatte gesagt, dass die Lichter auf den Bergkuppen ausgingen, wenn man sich ihnen näherte.
    Egal. Wenn sie es nicht versuchte, konnte sie genauso gut hier liegen bleiben und auf der Stelle verhungern. Denn inzwischen war ihr eins ganz klar geworden: Sie würde nicht zu den Elarim zurückkehren.
    Sie schob sich auf Händen und Knien hoch und stand auf. Langsam ging sie vorwärts, bis das weiße Licht sie einfing und die tanzenden Leute sie bemerkten. Und wieder einmal erwiesen Sonjas Märchenbücher sich als nutzlos, denn die Wesen hörten zwar auf zu tanzen, die Musik erstarb, aber das Licht leuchtete weiter, und niemand verschwand. Die Leute tuschelten aufgeregt miteinander, zeigten auf Sonja und liefen auf sie zu wie neugierige Kinder.
    Sie waren wirklich nicht sehr groß. Eigentlich waren sie gerade nur so groß wie Sonja selbst. Aus der Nähe wirkten s ie noch fremdartiger. Sie hatten gelbe Katzenaugen und blasse Gesichter mit unzähligen verschlungenen

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