Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
konnte sich nicht daran erinnern, dass die Geister jemals irgendeinem Fest ferngeblieben waren, erst recht nicht Spuken.
Als das Festessen seinen Fortgang nahm, fühlte Tris Soterius’ zunehmende Anspannung. Bei der ersten Gelegenheit entschuldigte sich Soterius und schlüpfte zu dem diensthabenden Leutnant hinüber, um mit ihm zu sprechen. Nach wenigen Augenblicken kam er zurück, doch seine Miene spiegelte immer noch Besorgnis wider. »Was gibt’s?«, murmelte Tris.
»Das gefällt mir nicht. Der Leutnant sagt, Jared habe ihm befohlen, die Wachen auszutauschen.« Soterius schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Schau dich doch um! Es sind alles neue Wachen, die jüngeren, die von Jareds Gerede von einer größeren Armee angetan sind. Ich hatte mehr von den erfahrenen Männern befohlen, deren Loyalität dem König gegenüber ich nicht anzweifle.«
Tris ließ seinen Blick über die Menge wandern: Soterius hatte recht. Monatelang hatte Jared den Kasernen Besuche abgestattet. Um die Stimmung der Wachen zu heben, hatte der Prinz auf die Fragen seines Vaters geantwortet. Bricen, möglicherweise der ständigen Auseinandersetzungen mit seinem Erben müde, ließ es dabei bewenden. Jetzt spürte Tris, wie sich seine bösen Ahnungen wegen Jareds plötzlichem Interesse erneut meldeten. Ebenso beunruhigend waren, wie ihm auffiel, die Gesichter, die er unter den Festbesuchern sah – beziehungsweise nicht sah. Nur wenige der älteren Edelmänner waren anwesend, der Lords und Barone, deren Loyalität zur Krone uneingeschränkt war. Diejenigen, die sich unter den Gästen befanden, sahen aus, als ob sie sich in ihrer Haut nicht wohlfühlten, eine Seltenheit auf einer von Bricens legendären Feiern. Stattdessen erblickte Tris viele Angehörige des neueren Adels, Grundbesitzer, deren Erstgenerationenstatus auf dem Schlachtfeld gewonnen oder durch eine noch nicht lange zurückliegende Gunstbezeigung zuteilgeworden war. Und Tris wusste, dass, genau wie bei den Wachen, bei diesen Neuadligen Jareds flammende Reden von Expansion und Eroberung auf offene Ohren trafen und als viel aufregender empfunden wurden als Bricens solide Staatskunst.
Unter dem Vorwand, einen Becher schlechten Wein zurückgeben zu wollen, gab Tris Zachar ein Zeichen. Eine geflüsterte Frage und deren Bestätigung gaben Tris seine Antwort, auch wenn diese nicht dazu beitrug, seine Befürchtungen zu beschwichtigen.
»Zachar sagt, dass viele der älteren Adligen zu spät auf die Einladung geantwortet haben, so als ob sie sie nicht rechtzeitig erhalten hätten«, berichtete Tris Soterius im Flüsterton. »Sehr eigenartig. Und in jedem Fall schien es einen dringenden Grund zu geben, warum sie nicht kommen konnten.«
»Denkst du, sie wissen etwas, was wir nicht wissen?«
Tris warf einen verstohlenen Blick auf Jareds Ende des Tisches, wo Foor Arontala neben dem Prinzen saß und mit dem Essen auf seinem Schneidebrett spielte, jedoch nichts davon aß. »Vielleicht wurde bei diesen dringenden Gründen etwas nachgeholfen«, meinte Tris und sah weg, als Arontalas starrer Blick in seine Richtung fiel.
»Und was sollen wir deshalb unternehmen?«, fragte Soterius, die Worte gedämpft von einem Bissen Wildbret.
Tris zögerte. »Ich will mir einmal anschauen, was in Arontalas Arbeitszimmer vor sich geht.«
Soterius verschluckte sich an seinem Fleisch, sodass der Diener hinter ihm ihm auf den Rücken schlagen musste. »Du willst was?«, krächzte er, nachdem er einen Schluck Wein genommen hatte. »Bist du übergeschnappt?«
Einen Moment lang gab Tris keine Antwort, der Tatsache eingedenk, dass Jareds Blicke auf ihnen ruhten. Als Jared seine Unterhaltung mit dem rotgewandeten Magier wieder aufnahm, sah auch Tris Soterius wieder an. »Wenn Jared irgendwas im Schilde führt, dann kannst du darauf wetten, dass Arontala dahintersteckt. Und wir werden nicht erfahren, um was es sich handelt, wenn wir uns nicht in diesem Arbeitszimmer umschauen.« Obwohl Tris nicht bereit war, seinem Freund von der Warnung des Geistes zu erzählen, war er bereits zu dem Schluss gekommen, dass, falls ein Wesen wie ein ›Seelenfänger‹ eine Bedrohung darstellte, das Bibliothekszimmer des Feuerclan-Magiers der erste Ort war, um danach zu suchen.
»Du weißt, dass ich nicht viel von Magie halte«, versetzte Soterius leise. »Aber ich glaube meinen Wachen, wenn sie mir sagen, dass die Türen zu Arontalas Räumen durch Zauber fest verschlossen sind. Niemand kommt oder geht ohne ihn.«
Tris kaute
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