Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
nächtliches Vorhaben auseinandersetzte, zeigte seine Miene, dass er sich damit abgefunden hatte.
»Ich bin dabei!«, stimmte der Spielmann zu, als Tris geendet hatte. »Wir Barden sind recht offen für Magie«, meinte er mit gespielter Hochnäsigkeit in Richtung Soterius, der ein finsteres Gesicht aufsetzte. »Anders als diese plebejischen Militärtypen, die nur an das glauben, was sie sehen. Auf mich kannst du zählen!«
»Was ich sehe, macht mir schon genug Sorgen«, grummelte Soterius. »Wartet hier! Ich hole meine Ausrüstung.«
KAPITEL ZWEI
S oterius kam mit einer großen Tasche aus seinem Quartier zurück, und gemeinsam machten sich die drei auf den Weg durch die Korridore von Shekerishet. Es war bereits in den frühen Morgenstunden; der Trubel der Feierlichkeiten erstarb allmählich im Schloss. Die meisten Festbesucher waren gegangen. Ein paar kostümierte Nachzügler zogen noch über die Höfe, als Tris und seine Freunde die Treppen zu den oberen Räumlichkeiten emporstiegen.
Ihr Ziel war der Bereich über den Audienzzimmern des Königs. Tris gab sich alle Mühe, seine früheren Vorahnungen beiseitezuschieben. Trotz der Warnungen des Geistes und der Erscheinung seiner Großmutter stießen sie auf nichts Ungewöhnliches. Unter anderen Umständen hätten sie an ihrem nächtlichen Abenteuer vielleicht Spaß gehabt und alte Streiche wieder aufgewärmt, die er und die anderen zusammen ausgeheckt hatten, wenn sie von den Pflegefamilien zurückkamen. Sie waren damals temperamentvolle Jungen gewesen, Zachars persönlicher Fluch, wie der Seneschall ihnen gerne erzählte. Tris mochte der zweite Sohn des Königs sein, aber das hatte ihn nicht vor einer Standpauke bewahrt, wenn die Dinge einmal ausuferten.
»Du bist so still«, holte Soterius ihn aus seinen Erinnerungen zurück in die Gegenwart.
Tris zuckte die Schultern. »Vielleicht hat mich die ganze Feierei ermüdet. Es war eine lange Woche.« Er zögerte. »Carroway, hast du seit der Wahrsagerin eins der Schlossgespenster gesehen?«
Carroway schüttelte den Kopf. »Jetzt wo du es erwähnst – nein. Eigenartig, besonders für Spuken. Ich habe jede Menge Leute gesehen, die als Gespenster verkleidet waren, aber keine Spur von den echten Geistern.«
Tris nickte unbehaglich. »Irgendetwas stimmt da nicht. Ist euch die Art und Weise aufgefallen, wie die Wahrsagerin verschwunden ist, wie sie weggezogen zu werden schien? Und wo sind die übrigen Geister? Auf dem Fest gibt es immer mindestens so viele Geister wie Sterbliche, und darüber hinaus sind sie an Spuken auch am besten zu erkennen.«
»Das hat wohl was damit zu tun, warum wir es so nennen, haha!«, witzelte Carroway. »Aber sonderbar ist es schon, da gebe ich dir recht.« Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht unterhalten sie alle die Gäste im Schlosshof. Oder vielleicht haben sogar sie ein bisschen zu viel gefeiert und haben sich dahin zurückgezogen, wo Geister sich eben so ausruhen.«
»Vielleicht«, sagte Tris nicht überzeugt.
Carroway wurde wieder ernst. »Denkst du auch deswegen, dass es Schwierigkeiten gibt?«, fragte er, und Tris erkannte, dass er damit mehr meinte, als er sagte. Während Tris vor Soterius sein magisches Talent immer verlegen heruntergespielt hatte, war Carroway stets ein williger Helfer gewesen, wenn Bava K’aa die Jungen um Handreichungen bei einem kleineren Wirken gebeten hatte. Carroway stand auch Tris’ Fähigkeit aufgeschlossen gegenüber, zu jeder Zeit des Jahres – nicht nur an Spuken – mit Geistern zu reden, und bezog den Stoff für einige seiner besten Lieder und Erzählungen aus den Geschichten dieser lange toten Höflinge. Tris hatte früh gelernt, seine Gabe zu verheimlichen, obwohl Kait und Bava K’aa ihn insgeheim zu ihrer Pflege ermutigten. Instinktiv wusste Tris, dass in Jared kein Verdacht aufkommen durfte, dass sein Bruder ein magisches Talent besaß. Und nur zu gern enthielt er auch den Schlosswitzbolden weiteren Stoff für ihren Klatsch vor.
»Beeilung!«, wisperte Soterius und hielt eine Tür auf. Sie folgten ihm in den dunklen Raum; Carroway entzündete eine Fackel.
»Also wie sieht jetzt der Plan aus?«, fragte Tris.
Soterius grinste und packte seine Tasche aus. Zwei große, schwere Seilrollen fielen auf den Boden. Ihnen folgten zwei Klettergurte aus Lederriemen und Schnallen. Soterius wand sich in einen Gurt hinein und reichte den anderen Tris. »Könntest du mir vielleicht mal helfen?«
»Und jetzt?«, fragte Carroway skeptisch. »Menschen
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