Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
versteifte sich und krümmte sich und biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien.
Die Stimme verstummte so plötzlich, wie sie ertönt war, und als Tris um sich blickte, war das Mädchen verschwunden.
Erschüttert schloss Tris die Augen. Ich sehe Dinge , dachte er und schluckte schwer. Göttin hilf mir, ich muss im Sterben liegen!
»Falls Harrtuck Pferde für uns gefunden hat«, flüsterte Soterius, »wartet er am Ende der nächsten Gasse mit ihnen.«
Carroway schwenkte aus der Prozession aus und lenkte seine Schritte zu dem dunklen Schlund der nächsten Einmündung hin; sie bahnten sich ihren Weg durch den vollgestopften, verwinkelten Durchgang, der kaum Platz für zwei Reiter nebeneinander bot. Harrtuck tauchte aus der Dunkelheit auf und gab ihnen ein Zeichen. Carroway und Soterius folgten dem Soldaten zu der Stelle, wo vier kräftige Pferde an einem wackligen Pfosten angebunden waren und ungeduldig warteten. Behutsam half Harrtuck ihnen dabei, Tris’ Trage auf dem Boden abzusetzen.
»Könnt Ihr reiten, mein Lehnsherr?«, erkundigte sich Harrtuck über Tris gebeugt.
Tris nickte. »Ich habe keine Wahl«, sagte er und biss die Zähne zusammen, während er aufzustehen versuchte. Zu seinem Erstaunen beantwortete kein stechender Schmerz in seiner Seite die Bewegung. Er ließ sich von Harrtuck helfen, sein nervöses Ross zu besteigen, und vorsichtig machten sich die vier auf den Weg zurück zur Prozession.
»Verfluchte Schicksalsgöttinnen!«, zischte Soterius, als sie sich wieder unter die Pilger und Feiernden mischten. Eine Hand voll Schlosswachen lief an den Toren herum, weit weg von ihrem üblichen Posten. Sie waren zu Fuß, doch in der Nähe standen ihre gesattelten Pferde. Tris und Harrtuck wechselten besorgte Blicke.
»Sind wir bereit?« Soterius’ ausdruckslose Stimme riss sie aus ihrer Verwirrung.
»Wir werden uns den Weg freibluffen müssen«, beurteilte Harrtuck die Lage. »Falls wir getrennt werden, haltet auf die Straße nach Norden zu.«
»Gib das Zeichen«, stimmte Tris zu, ohne die Wachen an den Toren auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen.
Sie warteten, bis die Prozession in einem weiten Bogen einer Kurve folgte und der Strom der Feiernden so nah wie möglich ans Tor getragen wurde. Sie waren noch wenigstens zwanzig Meter entfernt, und wenn die Tore auch geöffnet wurden, so musste doch jeder, der hinein oder hinaus wollte, die Wachen passieren.
»Jetzt!«, rief Soterius, ließ sein Pferd einen Kreis von der Prozession weg beschreiben und brauste direkt auf die Tore zu. Die anderen taten das Gleiche, was die Festbesucher in der Nähe dazu zwang, sich hastig vor den Hufen der Pferde in Sicherheit zu bringen. Die Tore schienen ewig weit weg zu sein, als Tris sich tief über sein Pferd beugte und dem Tier das Äußerste abverlangte.
Das Manöver traf die Wachen völlig unvorbereitet, und die Fliehenden nutzten ihren Vorteil, um durch ihre Kette zu preschen. Soterius und Harrtuck griffen zuerst an, zückten die Schwerter und schlugen sich ihren Weg durch die Wachen, die die Tore blockierten. Tris konnte beinahe den Atem von Carroways Reittier in seinem Nacken spüren, als ihre Pferde in die Dunkelheit jenseits der Stadttore setzten. Hinter ihnen erschollen die Schreie der Wächter, die die Verfolgung aufnahmen.
»Fast geschafft!«, rief Soterius.
Die Pferde jagten den Abhang hinab, der die Stadtmauer von der Hauptverkehrsstraße trennte. Als sie diese erreichten, spürte Tris einen schwindlig machenden Ruck, als ob er eine unsichtbare Grenze passiert hätte. Er klammerte sich an seine Zügel, als ein Nebel von der Straße aufstieg und sich um sie herum ausbreitete, indes der Abstand zu ihren Verfolgern sich immer mehr verringerte.
Der Nebel wurde dichter und stieg so hoch, dass er bereits um das Zaumzeug der Pferde wirbelte. In dem Dunst streifte etwas Festes und Kaltes Tris’ Bein. Die zu Tode verängstigten Pferde wieherten schrill und scheuten und bockten; aus dem Wald selbst drang ein entsetzliches Stöhnen und erfüllte die Finsternis. Tris umkrampfte mit hämmerndem Herzen seine Zügel, als der Nebel rings um sie sich wand und verformte. Aus dem Dunst wurden Geister, die mit aufgerissenen Mündern stierten und heulten, während mehr und mehr des gespenstischen Nebels aus dem dunklen Wald auf die Reiter zuwaberte. Diesige Schwaden wurden zu tastenden Tentakeln, Wasserdampfstöße dehnten sich aus und bildeten Furcht erregende, hohläugige Gesichter. Eine Vielzahl
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