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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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Regiment. Noch mehr Festbesucher hatten der bunten Pracht der Ludergöttin, Glück, den Vorzug gegeben und warfen Münzen aus Süßigkeiten und bemalte Karten in die Menge. Andere stolzierten durch die Straßen im aufgetakelten Glanz Athiras der Hure und brauchten sich nicht anzustrengen, um deren trunkenen, wiegenden Gang nachzuahmen. Wie dunkle Schatten im Fackellicht spielten grau eingehüllte Festbesucher die Rolle Istras, der Dämonengöttin, und schienen körperlos wie Geister im flackernden Licht und wabernden Rauch. Bucklige Gestalten, Alte und Junge, hatten sich die Erscheinung Sinhas der Vettel zu eigen gemacht und gingen in abgerissenen Lumpen einher.
    Eine Göttin, acht Aspekte – vier helle und vier dunkle. Tris hatte schon immer den Verdacht gehabt, dass der Aspekt, den jemand verehrte, ebenso viel über ihn selbst aussagte wie das Königreich und die Traditionen, aus denen er kam. Das Königreich Margolan beispielsweise hatte eine besondere Vorliebe für die Mutter, obwohl auch viele innerhalb seiner Grenzen den Aspekt des Kindes anbeteten. Isencroft, an Margolans Westgrenze, huldigte dagegen Chenne, der Kriegerin. Fahnlehen, im Nordosten, Heimat von Karawanen und Söldnergesellschaften, Händlern und Hafenarbeitern, hatte eine Schwäche für die Geliebte. Ostmark, Fahnlehens östlicher Nachbar, verehrte die Hure, Favoritin der Glücksspieler und bezahlten Soldaten. Dhasson, in Margolans Osten, ermutigte zur Anbetung aller Gesichter der Lady, außer dem der Vettel. Dhassons Abneigung, Verehrer der Vettel in die Arme zu schließen, war ganz natürlich angesichts seines südlichen Nachbarn, Nargi, dessen sauertöpfische Priester rücksichtslos den asketischen Doktrinen der Vettel Geltung verschafften. Trevath, Margolans südlicher Nachbar und häufiger Rivale, bekannt für seine Minen und feinen Teppiche, teilte Nargis Anbetung der Vettel, jedoch war diese Anbetung in Trevath viel praktischerer Natur und diente dazu, die Macht des Königs zu stärken.
    Die Dunkle Lady war die Schutzherrin der Vayash Moru, der Untoten, die nachts umgehen. Wenige Sterbliche erwiesen der Dunklen Lady Reverenz, obschon ihr Name häufig für Verwünschungen herhielt. Vom achten Aspekt, des Kindes dunklem Spiegelaspekt, sprachen sogar noch weniger. Die Anbetung der Formlosen hatte vor Generationen aufgehört, und jetzt, wenn der schrecklichste der Aspekte tatsächlich einmal erwähnt wurde, geschah es mit einem nervösen Blick und einem Abwehrzeichen. Fast alle Einwohner der Sieben Königreiche erwiesen zumindest nominell einem oder mehreren Aspekten Reverenz, auch wenn Tris gehört hatte, dass einige noch heimlich den alten Wegen folgten: dem Glauben an den Geist und die Macht der Bäume und Felsen, der Wasserläufe und dunklen Orte unter der Erde.
    Diese Wege, hieß es, waren die Wege der Sieben Königreiche von einem Jahrtausend zuvor, bevor Grethor Langarm aus den östlichen Steppen einfiel und, als seine Regentschaft in Margolan von Erfolg begleitet war und seine Macht wuchs, seinen Einfluss ausdehnte. Seine Magier waren stärker und sein Reichtum und seine Macht verführerisch genug, dass der Glaube an die Eine Göttin der Vielen Gesichter nach und nach die alten Wege verdrängte, obwohl Elemente des Aberglaubens und der Blutopfer dieser Wege fortlebten: in dem grausamen Kult der Nargi, dünn übertüncht mit der Verehrung der Vettel.
    Von seiner Bahre aus beobachtete Tris, wie ein junges Mädchen, das als die Kindgöttin kostümiert war, am Straßenrand aus der Menge auftauchte. Es spielte seine Rolle mit Leib und Seele und warf denen, denen es seine Gunst erweisen wollte, Stücke bunter Lumpen und Stroh zu statt des Kindes sagenhafter Blumenüberfülle. Als Tris vorbeigetragen wurde, sah das junge Mädchen auf, und ihre Blicke trafen sich. Du bist meine auserwählte Waffe, hörte Tris eine Stimme in seinem Verstand erklingen, verwirrend klar, von überall und nirgendwo zugleich kommend, und als er in die Augen des jungen Mädchens starrte, glaubte er einen Augenblick lang, sie bernsteinfarben strahlen zu sehen, und auch ihr Gesicht schien jetzt nicht mehr das eines sterblichen Kindes, sondern das der Kindgöttin selbst zu sein. Stirb nicht, bis ich dich rufe. Deine Zeit ist noch nicht gekommen. Und als die Augen des Mädchens in die seinen starrten, spürte Tris, wie ein plötzliches Feuer die Wunde in seiner Seite berührte, als ob ein glühend heißes Eisen gegen das aufgerissene Fleisch gepresst würde. Er

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