Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Verräter.
Soterius kam auf Tris zugelaufen, der die Hände auf seine Seite presste. Harrtuck machte kurzen Prozess mit dem verbleibenden Angreifer; sein Verbündeter jedoch hatte den Kampf nicht überlebt. Carroway rollte Tris’ Widersacher mit dem Stiefel herum, nahm sein Messer wieder an sich und wischte es mit zwei raschen Bewegungen an der Uniformjacke des Toten ab, woraufhin er sich neben Tris auf die Knie niederließ.
»Das werden nicht die letzten Soldaten gewesen sein«, warnte Soterius sie.
»Sie haben den König ermordet, Prinz Martris!«, keuchte Harrtuck. »Keiner von uns konnte ihn retten. Ihr müsst fliehen!«
Tris schnappte nach Luft, als Carroway ihn mit Mühe aufsetzte. Soterius kniete sich neben Tris; Carroway machte ihm Platz, damit der erfahrene Schwertkämpfer die Wunde untersuchen konnte. Auch ohne ein Wort von Soterius konnte Tris an seinem Gesicht ablesen, dass es ihn schlimm erwischt hatte.
»Wir müssen dich zu einem Heiler bringen«, sagte Soterius knapp und bedeutete Carroway durch ein Nicken, auf Tris’ andere Seite zu gehen, und gemeinsam stellten sie ihn auf die Beine.
»Aye, aber zuerst müssen wir aus Shekerishet raus«, stimmte Harrtuck ihm zu.
Wie aufs Stichwort ertönten Stiefeltritte auf der Hintertreppe. Mit einem Zeichen gab Harrtuck Carroway zu verstehen, er solle Tris decken, während er und Soterius sich um die Neuankömmlinge kümmerten. Ein stämmiger Gardist in der blutbefleckten Uniform des Königs kam in Sicht, der von zwei weiteren Gardisten flankiert wurde. Harrtuck wartete schweigend, bis alle drei in Reichweite waren.
»Jetzt!«, rief der Waffenmeister, sprang mit ausgestrecktem Schwert vor und durchbohrte den linken Gardisten. Ein Pfeifen in der Luft und ein dumpfer Schlag, und die Wache an der Spitze stürzte zu Boden, die Hände im Sterben um Carroways Dolch geklammert, indes Soterius’ Klinge aus dem Schatten herabsauste und den dritten Mann glatt von der Schulter bis zur Hüfte spaltete.
»Los jetzt!«, rief Soterius. Er kehrte zu der Stelle zurück, wo Tris und Carroway warteten, nachdem er vorher den Dolch des Barden aus dessen Opfer gezogen hatte, und half Tris erneut auf die Beine. Das Blut hämmerte in Tris’ Ohren und seine Knie drohten unter ihm nachzugeben.
»Es wird nicht einfach werden, hier rauszukommen«, befürchtete Carroway, als sie auf die Tür zugingen.
»Hast du vielleicht eine bessere Idee?«, knurrte Soterius.
»Genau genommen ja!«, zischte der Spielmann. »Hier herein!«
Mehr zog Carroway Tris und die anderen, als er sie führte, in einen Abstellraum unter der Hintertreppe. Die Kammer lag voller Mäntel und Jacken, Masken und Kostüme von der nächtlichen Festlichkeit. »Hier, schau, ob das passt!«, sagte er, indem er eine schwarze Jacke, einen Umhang und eine Maske aufhob und Soterius hinstreckte.
»Du musst verrückt sein!«, sagte der Schwertkämpfer ungläubig. »Wir laufen um unser Leben, und du willst, dass ich –«
»Mach’s einfach!«, herrschte Carroway ihn an und suchte weitere Sachen aus dem Durcheinander, die er Tris und Harrtuck zuwarf.
»Was in den Sieben Königreichen –?«, wunderte sich Harrtuck.
»Hier ziehen sich die Unterhaltungskünstler um, bevor sie aufs Fest gehen«, erklärte Carroway atemlos, während er hastig seinen eigenen Umhang ablegte und sich anschließend seiner Jacke mit einem Ruck über den Kopf entledigte. »Sie werden erst morgen wiederkommen, um ihre Sachen zu holen, denn heute Nacht gibt es zu viel zu tun, als dass sie sich darum Sorgen machen könnten. Der Göttin sei Dank!«
Doch als Carroway mit einem weiten Umhang in der Hand auf Tris zukam, merkte Tris, wie ihm das Blut in den Kopf schoss und seine Beine unter ihm nachgaben. Dumpf vernahm er noch die besorgten Rufe seiner Kameraden, als er zu Boden sank. Dann wurde alles dunkel.
Als Tris wachgerüttelt wurde und die Augen aufschlug, starrte er in die Sterne. Die kalte Herbstluft schmerzte auf seinem Gesicht; um ihn herum drängelte sich eine Menschenmenge, die nach Bier und Schweiß roch und deren Krakeelen die gedämpfteren Gesänge der Priesterinnen übertäubte.
Als Tris Miene machte, sich mühevoll aufzusetzen, kam ihm eine Hand zuvor, die ihn wieder nach unten drückte. »Lieg still!«, raunte Soterius. »Wir sind in der Prozession, auf dem Weg zu den Stadttoren.«
Der Schmerz in seiner Seite drohte ihm erneut das Bewusstsein zu rauben, doch Tris biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen die Welle der
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