Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
Vom Netzwerk:
fiel ihm auf, dass der Grauschimmel des Soldaten nicht die schweißigen Ausdünstungen absonderte, die die übrigen keuchenden Pferde wie ein feiner Dunst einhüllten.
    Die Kälte der Nachtluft trug keine Schuld an der zunehmenden Taubheit, die Tris in seinem Inneren spürte, während er mit Schmerz und Furcht und Kummer rang. Doch das mechanische Antreiben seines Pferdes half ihm, die Gefühle abzuwehren, die ihn zu überwältigen drohten.
    Sie folgten ihrem Führer den größten Teil eines Kerzenabschnitts lang, bis Shekerishet und die Schlossstadt weit hinter ihnen lagen und sie den pechschwarzen Wald fast durchquert hatten. Schließlich machte Hassad langsamer und hielt dann ganz an.
    »Weiter kann ich nicht reiten, mein Lehnsherr«, erklärte der Mann, der in der Dunkelheit kaum zu sehen war. »Aber ich habe ein Geschenk für Euch. Nehmt es.« Mit diesen Worten reichte er Tris ehrerbietig ein langes, schlankes, in Tuch eingewickeltes Päckchen. »Es ist das Schwert des Vaters Eures Vaters. Möge es Euch nach Hause führen, damit Ihr Margolan als guter und wahrer König regieren könnt!«, sagte er feierlich, als Tris das Päckchen entgegennahm.
    »Ihr seid jetzt fast durch den Wald«, fuhr Hassad fort und sah an Tris vorbei auf dessen Gefährten. »Auf der anderen Seite liegt ein kleines Dorf; dort gibt es ein Wirtshaus mit dem Namen ›Zum Lämmerauge‹. Bleibt heute Nacht dort; Ihr werdet in Sicherheit sein. Die Betreiber werden Euch für Eure Reise mit Proviant versorgen.«
    »Das Lämmerauge?«, wunderte sich Harrtuck. »Wann haben sie das denn wieder aufgebaut? Es ist letztes Jahr abgebrannt.«
    »Sucht Eure Zuflucht in dem Gasthaus. Dort werdet Ihr in Sicherheit sein«, wiederholte Hassad.
    Hinter ihnen raschelte das Laub, und alle wirbelten herum, doch es war nur ein Tier, das in Deckung huschte. Als Tris sich wieder umdrehte und ihren Führer weiter befragen wollte, lag die Straße vor ihnen leer da. »Er ist weg«, sagte Carroway leise und blickte sich um.
    »Er kann doch nicht einfach verschwunden sein!«, protestierte Soterius und dirigierte sein nervöses Pferd mit dem Zügel vorwärts. Ein Dutzend Schritte weiter hielt er an. »Ich denke, das solltet ihr euch ansehen«, sagte er und winkte die anderen zu sich.
    Tris, Carroway und Harrtuck ritten zu der Stelle, wo Soterius’ Ross ruhelos mit den Hufen scharrte. Ein totes Pferd mit margolanischem Zaumzeug lag auf dem Waldboden, gefällt von einem Armbrustbolzen. Sein glückloser Reiter lag eingeklemmt unter dem toten Tier und rührte sich nicht mehr: Seine Rüstung hatte ihn nicht vor einem zweiten Armbrustbolzen geschützt, der seine Brust durchbohrt hatte.
    »Er ist es, nicht wahr?«, sagte Carroway heiser. »Und das ist nicht gerade eben erst passiert, stimmt’s?«
    »Oh, oh«, meinte Harrtuck beklommen, doch nahm er das Bild mit der Distanziertheit des Kriegers, der schon viele Gefallene gesehen hat, in sich auf. »Ich würde sagen, der ist schon einige Stunden tot.«
    »Ich hatte befürchtet, das zu hören«, flüsterte Carroway.
    Soterius schaute den Barden von der Seite an. »Neuer Stoff für deine Geschichten, Spielmann, falls wir lang genug leben, dass du sie erzählen kannst. Diese hier wird deine Zuhörer sicherlich fesseln.«
    »Falls wir lang genug leben«, wiederholte Tris und ließ seine Blicke durch den dunklen Wald rings um sie schweifen.
    Carroways Miene ließ keinen Zweifel an seinem Entsetzen zu. »Diese Geschichten, über die Geister, die an Spuken feste Gestalt annehmen können – ich habe nie wirklich gedacht …«
    »Je eher wir von der Straße runterkommen, desto besser«, unterbrach Soterius die Grübeleien. Er wirkte so, als fühle er sich so unbehaglich wie die anderen, doch seine Kampfausbildung setzte sich gegen die Angst durch. »Wir sollten uns lieber aufmachen!«
    »Wohin?«, fragte Carroway mit kaum hörbarer Stimme.
    Tris warf einen Blick zurück auf den Spielmann und sah schreckgeweitete Augen in einem fahlen Gesicht. Er bezweifelte, dass er selbst viel besser aussah, von der Heftigkeit ausgehend, mit der sein eigenes Herz schlug.
    »Zum Lämmerauge«, meinte er schulterzuckend und setzte sein Pferd mit den Fersen in Bewegung. »Es sei denn, jemand hat eine bessere Idee.«
    Als sie am Waldrand ankamen, fanden sie sich auf der Kuppe eines Hügels wieder. Unter ihnen warfen die Feuer des Dorfes ein beruhigendes Licht in die Dunkelheit. Auch die Landbevölkerung feierte Spuken, wenn auch mit weniger Ausgelassenheit

Weitere Kostenlose Bücher