Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
duftenden Ölen war, während ein anderer frische Kleider aufs Bett legte und ein dritter eine kleine Mahlzeit aus Wein, Obststücken und Brot zubereitete. Berrys Anwesenheit im Schloss ermöglichte es ihm, seine Wachsamkeit zu lockern. Er zog seine zerschlissene und schmutzige Reisekleidung aus und schlüpfte in die Wanne. Vielleicht habe ich die erste Lektion des Königtums schon zu gut gelernt , dachte er trocken und zwang sich dazu, sich zu entspannen, während er an dem Pokal mit Wein nippte. Egal wo ich hingehe, immer rechne ich mit einem Messer zwischen den Schulterblättern.
Ob es Carinas Gegenmittel oder das Verstreichen einiger Tage war, Tris spürte die Auswirkungen des Wurmwurz kaum noch. Mit Schaudern erinnerte er sich an den Eindruck der Leere, als seine Macht außerhalb seines Zugriffs gewesen war. Diese Abwesenheit hatte sich angefühlt, als ob etwas Lebenswichtiges direkt aus seinem Knochenmark herausgesogen worden wäre, und er hatte keinerlei Zweifel an Carinas Bemerkung, dass eine lang andauernde Verabreichung von Wurmwurz in hohen Dosen einen Magier in den Wahnsinn treiben oder umbringen konnte. Er beschloss, sich bei der ersten Gelegenheit mit den Schwestern dieses Problems anzunehmen.
Besser jetzt damit konfrontiert zu sein, wo ich herausfinden kann, wie damit umzugehen ist, als später, wenn es gegen Jared geht.
Er beendete ein geruhsames Bad zur offensichtlichen Zufriedenheit der Diener, die seinem Wohlergehen zugeteilt waren. Tris fragte sich, wie nachdrücklich Berry den Dienern wohl eingeschärft haben mochte, sich um jedes seiner Bedürfnisse zu kümmern, denn obwohl er mit Lakaien und Kammerdienern aufgewachsen war, konnte er sich nicht daran erinnern, jemals so verschwenderisch verwöhnt worden zu sein, nicht einmal in seinem eigenen Königreich.
Die Glocken des Hofturms läuteten die Stunde des Abendessens, als Tris sich ins Empfangszimmer begab, um auf seine Gefährten zu warten. Stadens Bedienstete waren bemerkenswert geschickt darin, passende Kleider zu finden: Tris trug eine graue Jacke und eine Hose aus feinstem Satin, die – denn zu seinem Leidwesen war der Kammerdiener nicht davon abzubringen gewesen – durch einen ›Zaubererumhang‹ komplettiert wurden. Als er einen flüchtigen Blick auf sich selbst in einem Spiegel erhaschte, kam Tris nicht umhin zuzugeben, dass seine Erscheinung tatsächlich der landläufigen Vorstellung von einem Seelenrufer entsprach: ein Geistermagier, gewandet in die Farbe der Schatten.
Carroway und Soterius kamen gemeinsam an. Der extravaganten Jacke aus Seidenstoffen in Edelsteintönen mit den weit ausgeschnittenen Ärmeln war anzusehen, dass der Barde die erste Gelegenheit seit fast drei Monaten genoss, wieder höfische Kleidung zu tragen. Soterius’ Aufmachung war das krasse Gegenteil: schlichte Kleidung in gedämpftem Jägergrün ohne jegliche Ausschmückung, auffallend nur wegen der unverkennbaren Kostbarkeit des Brokats und ihrem perfekten Sitz. Zu ihrer Überraschung traf wenige Augenblicke später Gabriel ein, von Kopf bis Fuß in Mitternachtsblau gekleidet.
»Die Schwestern sagten mir, dass ich euch hier finden würde«, erklärte der Vayash Moru lässig sein unerwartetes Erscheinen.
»Nein! Das werde ich nicht! Du kannst betteln, so viel du willst! Schlimm genug, dass ich mein Schwert ablegen musste! Fort mit dir!« Tov Harrtuck war immer noch mit dem ihm zugeteilten Kammerdiener am streiten, als er den Raum betrat, denn er bestand darauf, weiter sein altes Lederwams über einem prächtigen braunen Brokatensemble zu tragen.
Der Lakai zerrte an der abgetragenen Weste und versuchte sie ihm mit Gewalt auszuziehen, doch Harrtuck setzte eine finstere Miene auf und hielt daran fest wie ein Terrier an einem Knochen, womit er bei Tris und den anderen einiges Kichern auslöste. »Bitte, Sir, überlegt es Euch noch einmal! Ihr werdet heute Abend die Gäste des Königs sein! Gewiss könnt Ihr da doch eine Ausnahme –«
»Ich mag meine Weste. Und du hast mich schon in diese … Sachen stecken dürfen«, sagte er mit einer Handbewegung auf seine feinen Gewänder. Tris kam zu Bewusstsein, dass in all den Jahren seiner Bekanntschaft mit dem Waffenmeister er diesen nicht ein einziges Mal, ganz egal bei welcher Gelegenheit, anders angezogen als für die Kaserne gesehen hatte.
»Sir, bitte –!« Der Kammerdiener war den Tränen nahe, doch Harrtuck gab nicht nach. Allerdings hatte es den Anschein, als ob der unerschütterliche Kämpfer das
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