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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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eines im Wind klappernden Fensterladens weckte Tris. Er schlug die Augen auf und blickte sich, im ersten Moment orientierungslos, mit hämmerndem Herzen um. Dann schoss ihm die Erinnerung an die Ereignisse der letzten Nacht durch den Kopf; benommen setzte er sich auf und spürte dabei wieder die Strapazen des nächtlichen Ritts in seinen schmerzenden Muskeln.
    Er besah sich das Zimmer, in dem er geschlafen hatte. Ein einzelner Fensterladen, der nur noch von einem zerbrochenen Riegel gehalten wurde, schwang im leichten Wind hin und her. Gezackte Glasstücke klammerten sich an den auseinanderfallenden Fensterrahmen, und durch große Löcher im verkohlten Dach strömte ungehindert das Licht der Morgensonne herein. Tris erhob sich zitternd von seiner schäbigen Schlafstätte, die nichts weiter als eine Ansammlung verwitterter Bretter war. Von der anderen Seite des Raums erhaschte er in einem zerbrochenen Spiegel einen undeutlichen Blick auf sein Spiegelbild; das Glas war zu lange den Elementen ausgesetzt gewesen und stumpf geworden. Er streckte seine Magiersinne aus. Die Geister, deren Gegenwart er in der Nacht zuvor so stark gespürt hatte, waren weg, und das Gleiche galt für die überall vorhandene Macht, die er wahrgenommen hatte.
    »Harrtuck, wach auf!«, sagte Tris. Harrtuck antwortete mit einem Schnarchen und wälzte sich in seinem Sessel herum. »Aufwachen!«, wiederholte Tris mit mehr Nachdruck, und mit einem Schnauben schreckte der stämmige Gardist hoch.
    »Was? Oh, Tris. Göttin, ich habe fest geschlafen«, murmelte Harrtuck, als er sich streckte und die Augen rieb. Er setzte sich auf und hielt inne.
    »Was im Namen des Heiligen Kindes geht hier vor?«, krächzte er und blickte auf das verfallene Zimmer, in dem sie sich befanden. In dem Moment öffnete sich knarrend die Tür zum Flur, und Soterius drängte sich in den Raum; dem Hauptmann stand die Verwirrung ins aschfahle Gesicht geschrieben. Carroway folgte ihm mit vor Angst weit aufgerissenen Augen dicht auf den Fersen.
    »Was zum Teufel ist mit dem Wirtshaus passiert?«, fragte Soterius und ließ seine Blicke durchs Zimmer schweifen.
    »Unten sieht es genauso aus?«, fragte Tris und war nicht überrascht, als der Soldat nickte.
    »Ja. Und der Wasserkrug und die Schüssel, die ich gestern Nacht benutzt habe, liegen in Scherben auf dem Boden, aber ich habe sie nicht zerspringen hören«, antwortete Soterius.
    »Seht euch das an!«, sagte Harrtuck mit belegter Stimme und zeigte auf den Stuhl neben der ramponierten Frisierkommode. Ordentlich zusammengefaltet lagen dort vier saubere Reiseausrüstungen übereinander und daneben ein Stapel brauner Allerweltsreitmäntel.
    »Sie sind real«, bestätigte Tris, der zu den Kleidern hinübergegangen war und einen der Mäntel untersuchte. »Und weiß die Göttin, wir brauchen sie!«
    Mit gezogenen Schwertern machten sie sich auf den Weg zur Gaststube. Die verkohlten Überreste kaputter Tische fielen ihnen auf, als sie sich vorsichtig ihren Weg über die teilweise verbrannte Treppe nach unten bahnten. Die schwere Eingangstür hing schief in den Angeln, und an dem verfallenen Schanktisch wehte totes Laub vorbei.
    »Dort drüben!«, sagte Carroway. Auf einem der wenigen Tische, die noch standen, war Proviant aufgestapelt: ein Mundtuch mit hartem Gebäck, genug Trockenfleisch und eingewickelter Käse, um jeden von ihnen eine Woche lang zu ernähren, eine große Tasche mit Dörrobst und vier neue, gefüllte Weinschläuche. Neben den Weinschläuchen lag ein Beutel mit Silbermünzen, in dem allem Anschein nach mehr als genug Geld für zwei Wochen Verpflegung und Unterkunft für sie alle war.
    »Schaut euch mal die Münzen an!«, sagte Harrtuck, als Tris den Beutel auf seinem Handteller entleerte. Tris hob ein Geldstück hoch und hielt es ins Licht. »Seht aufs Datum!« Im frühen Morgenlicht konnte Tris gerade so die Jahreszahl erkennen, die unter das Konterfei seines Vaters geprägt war: fünfundzwanzig Jahre vorher!
    Wortlos tauschten die vier Männer Blicke. In Carroways Augen spiegelte sich Furcht wider, und Tris sah, dass Soterius und Harrtuck ihr eigenes Unbehagen nur schwer verbergen konnten. Selbst in Margolan, wo die Geister sich oft und offen unter den Lebenden bewegten, ging eine solche Entfaltung weit über die üblichen Begegnungen hinaus, Festtag oder nicht. Mit zitternden Händen sammelte Carroway die Vorräte ein. Tris überlegte hin und her, ob er seinen Entschluss vom Vorabend, Schweigen über die wahre Natur

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