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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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dass ihr seine Hand entglitt. Er schlug nicht einmal die Beine unter, sondern legte seine Hände auf die angewinkelten Knie. »Die Liebe ist ein Zwitterwesen. Manchmal sanft und lieblich, dann wieder hart und quälend. Deshalb kann man sie nicht so einfach zuordnen. Es kommt darauf an, wie man sie erlebt.«
    Désirée wollte fragen, wie Arkani sie erlebte, besann sich aber im letzten Moment noch. Er hatte sie gerügt, weil sie eine direkte Frage gestellt hatte. Das galt offensichtlich als sehr unschicklich.
    »Und was heißt ›Ich liebe dich‹?«, wollte sie schließlich wissen.
    Arkani wandte sich zu ihr um und beugte sich etwas zu ihr herab. » Ar tufat , Désirée«, sagte er und erhob sich.
    Sie streckte die Hand nach ihm aus und sprang auf. »Aber das heißt ›Gute Nacht‹!«, rief sie enttäuscht. »Dieses Wort kenne ich.«
    »Es heißt tatsächlich ›Gute Nacht‹«, gab er zu. »Hast du bemerkt, die Nacht ist weiblich, sanft und geheimnisvoll.«
    Sie presste die trockenen Lippen zusammen. Sie hatte zu viel erhofft.

XXVI
    Das Reiten wurde Désirée zur Qual. Der Sturm hatte pulverfeinen Sand durch ihre Kleidung geweht. Ihr gesamter Körper fühlte sich an wie eingepudert. Nur dass dieser Puder scharf war wie Salz. In jeder Körperfalte scheuerte und brannte er. Am liebsten hätte sie sich die Sachen vom Leib gerissen. Verzweifelt schaute sie zu den Reitern. Auch sie hatten den schrecklichen Sturm ertragen müssen. Ja, sie hatten ihren Meharis Augen und Nüstern gereinigt, sich selbst allerdings nicht. Verspürten sie denn nicht diesen mehr als unangenehmen Schmerz? Jede Bewegung wurde zur Pein. Je mehr Désirée versuchte diesen Schmerz zu ignorieren, umso mehr bohrte er sich in ihr Bewusstsein.
    Dann musste sie sich eben mit Trinkwasser waschen. Sie hielt diese Tortur keine Stunde länger aus. Ein Blick auf die schlaffen Lederschläuche, die an den Seiten der Meharis baumelten, ließ sie den Gedanken fallen lassen. Sie hatten fast kein Wasser mehr. Aber den toten Menahil hatten sie damit gewaschen!
    Zorn kam in ihr auf. Arkani hatte Recht, sie würde diese Menschen, dieses Denken, dieses Leben nie verstehen! Gingen die Lebenden nicht vor?
    Sie warf den Kopf in den Nacken und unterdrückte einen verzweifelten Aufschrei. Sie wollte weinen, aber der letzte Rest salziger Tränen brannte höllisch in ihren Augen. Heftig schlug sie den Schleier vor die Augen und rieb damit. Der Schmerz wurde dadurch nur verstärkt.
    »Verdammt, verdammt«, wimmerte sie vor sich hin. Die Prüfungen, die die Wüste ihr auferlegte, waren unerträglich.
    Arkani bemerkte, dass mit Désirée etwas nicht stimmte. Er dirigierte sein Mehari an ihre Seite.
    »Geht es dir gut?«, wollte er wissen.
    »Verdammt noch mal, nein«, heulte sie auf. »Eine mittelalterliche Folter kann nicht schlimmer sein. Überall ist Sand, und er reibt und schmerzt. Wahrscheinlich habe ich gar keine Haut mehr auf dem Körper.«
    »Wer da leidet auf Erden, den wird Allah mit dem Paradies belohnen«, sagte er salbungsvoll.
    Désirée stieß einen zischenden Laut aus. »Nichts könnte ich jetzt mehr gebrauchen als geistigen Beistand. Soll das ein Trost sein?«
    Arkanis Blick blieb nach vorn gerichtet, während er mit monotoner Stimme sprach: »Siehe, die Gerechten werden wahrlich in Wonne sein; auf Ruhebetten liegend, werden sie ausschauen; erkennen kannst du auf ihren Angesichtern den Glanz der Wonne; getränkt werden sie von versiegeltem Wein, dessen Siegel Moschus ist – und hiernach mögen die Begehrenden begehren – und seine Mischung ist Wasser von Tasnim, einer Quelle, aus der die Allah nahe Stehenden trinken.«
    »Wie kannst du in so einer Situation auch noch so zynisch sein?«, empörte sie sich. »Wasser einer Quelle, Wonneglanz in den Gesichtern, Begehren auf Ruhebetten – Arkani, willst du mich zum Narren halten?«
    »Es steht in der dreiundachtzigsten Sure des Korans. In der Verzweiflung sucht der Gläubige Trost im Gebet.«
    »Es fällt mir schwer, dir das zu glauben. Es ist das erste Mal, dass du den Koran zitierst. Und du glaubst doch nicht im Ernst, dass mich das in meiner Qual tröstet. Ich finde es einfach nur zynisch.«
    »Nun, kennst du eine passende Stelle aus der Bibel?«, wollte er wissen.
    »Nein«, erwiderte sie wahrheitsgemäß. »Ich bin kein sehr religiöser Mensch, und ich glaube, dass es Gott, Allah oder wem auch immer ziemlich egal ist, dass mein Hinterteil aufgerieben ist und höllisch schmerzt. Wahrscheinlich ist es sogar

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