Im Bann des stolzen Griechen
„Bleib locker, Andreas. Warum hätte ich das tun sollen?“
„Warum denn nicht?“, fuhr Andreas ihn an. „Gabi hat die Kinder drei Monate lang versorgt. Sie muss vor Kummer außer sich sein.“
„Das glaube ich auch, aber wir waren uns einig, dass es nicht anders geht, damit ich eine Beziehung zu meinen Söhnen aufbauen kann.“
Obwohl er das einsah, tat sich plötzlich eine unendliche Leere vor Andreas auf.
„Sie lässt dir ihren Dank ausrichten, weil du sie hier untergebracht hattest.“
Andreas strich sich über den Nacken, während er die Neuigkeiten zu verarbeiten versuchte. Wenn er an Gabis Reaktion am Strand und an der Tür am Vortag dachte … Hatte es ihr denn nichts bedeutet?
„Hast du gehört, was ich gesagt habe, Bruderherz?“, hakte Leon leise nach.
Ja, er hatte es gehört, aber er konnte keine Zeit mehr verschwenden. „Tu mir einen Gefallen und entschuldige mich bei den anderen, Leon. Ich bin gleich wieder da.“
Während Leon ihm verblüfft nachblickte, lief Andreas die Treppe hoch. Sobald er außer Sichtweite der anderen war, rief er bei der Ferienhausverwaltung an. „Andreas Simonides. Ich möchte bitte mit Lena sprechen.“
Er ging einen Moment auf und ab, bis er ihre Stimme hörte. „Kyrie Simonides? Was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe gerade erfahren, dass Ms. Turner heute ausgecheckt hat. Haben Sie für sie ein Taxi zum Flughafen bestellt?“
„Nein, nicht zum Flughafen. Sie hat die Fähre genommen.“
Die Fähre fuhr nur nach Kimolos.
Sein Puls begann zu rasen. „Danke, Lena. Mehr wollte ich nicht wissen.“
Er beendete das Gespräch. Gabi würde auf Kimolos übernachten müssen, weil die Fähre nach Heraklion erst am nächsten Morgen ablegte. Er hatte also noch genug Zeit, um Pläne zu schmieden.
Schnell ging er zu den anderen, die die weinenden Babys umherreichten. Offenbar hielten die beiden nach dem wunderschönen, vertrauten blonden Engel Ausschau, der keinem Mitglied seiner Familie ähnelte.
Weder seine Schwestern noch seine Mutter oder Estelle konnten die Kleinen beruhigen. Auch Leon schaffte es nicht. Andreas wusste, dass Gabi in noch schlechterer Verfassung sein musste als die Kinder.
Seine Mutter warf ihm einen neugierigen Blick zu. „Wo warst du? Warum ist Irena nicht bei dir?“
Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihr von ihrer Trennung zu erzählen. „Sie konnte nicht mitkommen. Und ich musste gerade einen wichtigen Anruf tätigen.“
„Hast du schon gegessen?“
„Ich habe keinen Hunger.“
Sie schüttelte den Kopf. „Dein Bruder hat uns die Geschichte von den Zwillingen und deiner und Gabriella Turners Rolle darin erzählt. Du bist wirklich ein ganz besonderer Mensch, Andreas.“
„Deline ist schon wieder völlig am Boden zerstört.“
Seine Mutter nickte. „Ich fürchte, sie wird die Kinder nicht akzeptieren, nachdem sie sich so lange vergeblich ein Baby gewünscht hat.“ Erneut füllten ihre Augen sich mit Tränen. „Aber die beiden sind so süß. Es ist fast unheimlich, wie sehr sie dir und Leon ähneln, als ihr in dem Alter wart.“
„Sie sehen auch ihrer Mutter ähnlich. Ich habe Fotos von Thea gesehen, als ich im Konsulat war.“
„Für die Turners muss der Verlust sehr schmerzlich sein. Dein Vater und ich würden sie gern kennenlernen.“
„Ich kümmere mich darum.“ Sobald ich Gabi gefunden habe.
Gabi erschrak, als ihr Blick in den Spiegel im Hotelzimmer fiel, denn sie sah richtig verweint aus. Sie hoffte nur, dass die Spuren der schrecklichen Nacht, die hinter ihr lag, verschwunden waren, wenn sie später an Bord der Fähre nach Heraklion ging.
Sie zog eine ärmellose weiße Bluse und Jeans an. Ihr Haar begann schon zu trocknen, und nachdem sie etwas Lippenstift aufgetragen hatte, fühlte sie sich etwas besser.
Da Leon den größten Teil des Gepäcks am Vortag mitgenommen hatte, ging sie nur mit ihrer Reisetasche zum Anleger. Innerlich fühlte sie sich ganz leer, denn von ihrem Kurztrip nach Athen abgesehen, hatten die Zwillinge sie in den letzten Monaten immer begleitet. Ob die beiden sie vermissten? Ihr brannten die Augen. Ihre Eltern konnten mit dem Verlust nur umgehen, weil sie einander hatten.
Als sie noch geglaubt hatte, sie würde die Jungen allein großziehen, war sie froh gewesen, dass sie alleinstehend war. Nun konnte sie sich nur noch an ihren Träumen festhalten – von einem Mann, den sie niemals haben konnte.
„Gabi?“
Hörte sie jetzt schon Stimmen? Gabi ging weiter, aber als sie
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