Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
töten.
Plötzlich war ich umringt von Unseelie und konnte Barrons nicht mehr sehen. Von irgendwo hörte ich Gesänge und die Runen unter meinen Füßen begannen wieder zu leuchten.
Ich verdrängte alle Gedanken und konzentrierte mich nur noch auf die Schlacht. Und ich kämpfte.
Ich kämpfte für meine Schwester, die allein in einer verlassenen Gasse gestorben war. Ich kämpfte für die Frau, an der sich der Graue Mann gelabt hatte, während ich Fritten gegessen hatte, und für die, die das Ungeheuer vor zwei Tagen vor meinen Augen getötet hatte. Ich kämpfte fürall die Menschen, die das vielmündige Monster gefressen hatte. Ich kämpfte für die ausgesaugten Opfer, deren sterbliche Überreste durch die vergessenen Straßen zwischen der Collins Street und der Larkspur Lane wehten. Vielleicht kämpfte ich sogar für O’Bannions Gefolgsleute. Und ich kämpfte für die zweiundzwanzigjährige Frau, die vollkommen unbedarft und selbstbewusst in Dublin angekommen war und mittlerweile nicht mehr wusste, woher sie kam und wohin sie ging, und sich gerade den dritten Iceberry-Pink-Nagel abgebrochen hatte.
Die Speerspitze in meiner Hand schien in heiligem Licht zu erglühen, während ich mich duckte und wand, mit einer Hand schlug und mit der anderen stach. Ich spürte, wie ich mich in etwas anderes verwandelte, und es fühlte sich gut an. Einmal kurz sah ich Barrons’ überraschtes Gesicht und wusste, dass es wahrhaftig etwas zu sehen gab, wenn er mich mit einem solchen Blick bedachte. Ich hatte das Gefühl, dass ich einen guten Anblick bot. Ich kam mir vor wie eine gut konstruierte, gut geölte Maschine, die nur ein Ziel im Leben hatte: Feen töten. Gute oder schlechte. Vernichte sie alle.
Und das tat ich. Einer dieser Unholde nach dem anderen fiel mir zum Opfer. Ducken, zuschlagen, stechen, herumwirbeln, zuschlagen, stechen. Sie fielen schnell um. Der Speer war das reinste Gift für sie und es machte mich high, sie sterben zu sehen. Keine Ahnung, wie lange ich so hätte weitermachen können, wenn sie alle Feenwesen gewesen wären, aber leider waren nicht alle Unseelie und ich vermasselte alles.
Ich hatte Mallucé vergessen.
Als er sich von hinten an mich anschlich, fühlte er sich genauso an wie ein Feenwesen – offenbar fing mein Radar alles Außerweltliche in meinem Umkreis auf – und ich wirbelte herum und bohrte den Speer in seine Eingeweide.
Ich erkannte meinen Irrtum sofort, hatte aber keinen Plan, wie ich ihn korrigieren sollte. Der Vampir war eine ernstere Bedrohung für mich als alle Unseelie, sogar die Schatten – zumindest wusste ich, wie ich mir diese Lebenssauger vom Leibe halten konnte: mit Licht. Ich wusste leider nicht, was die Schwäche dieses Blutsaugers war oder ob er überhaupt eine hatte. Barrons hatte geredet, als wäre es unmöglich, einen Vampir zu töten.
Für einen Moment stand ich einfach nur da, meine Waffe in seinen Bauch gebohrt, und hoffte, dass sie irgendetwas bewirkte. Falls der Stich eine Wirkung auf Mallucé ausübte, bemerkte ich nichts davon. Ich starrte dümmlich in die gelben Augen, die in dem weißen Gesicht glühten. Dann setzte mein Verstand wieder ein und ich versuchte, den Speer herauszuziehen, um noch einmal zuzustechen – diesmal in die Brust. Möglicherweise irrte sich Barrons und irgendetwas musste ich ja versuchen. Doch die rasiermesserscharfe Speerspitze saß fest in einem Knorpelknoten oder Knochen und ich konnte sie nicht bewegen.
Er schloss die Hand um meinen Arm. Sie fühlte sich kalt und tot an. »Du kleines Miststück! Wo ist mein Stein?«, zischte der Vampir.
Jetzt verstand ich, warum er nicht sofort davon gesprochen hatte. Er hinterging den Lord Master und konnte nicht riskieren, dass die Rhino-Boys ihm auf die Schliche kamen.
»O Gott, er weiß nicht einmal, dass Sie ihn hatten, stimmt’s?«, rief ich. In dem Moment, in dem ich das sagte, bemerkte ich meinen Fehler. Mallucé hatte viel zu verlieren, wenn der Lord Master seinen Betrug bemerkte – mehr als er befürchten musste, wenn er versehentlich im Kampf eine Sidhe -Seherin tötete. Ich hatte gerade mein eigenes Todesurteil unterschrieben.
Ich zerrte vehement an dem Speer. Mallucé entblößte seine Fänge, als die Waffe nachgab und ich nach hinten stolperte. Während ich das Gleichgewicht verlor, schlug ich um mich – eine Millisekunde zu spät. Der Vampir hieb mir mit dem Handrücken ins Gesicht und ich flog wie eine Stoffpuppe durch die Luft, genau wie damals in dem House of Goth
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