Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Sie das nicht von mir.«
»Ich verlange es. Was ist es?«
»Letzte Chance.«
»Zu schade. Ich will keine letzte Chance. Sagen Sie es mir.«
Sein dunkler Blick bohrte sich regelrecht in meine Augen. Dann zuckte er mit den Schultern. Der edle Anzug glitt über seinen Körper, wie es nur ein maßgeschneidertes Kleidungsstück aus feinstem Tuch vermochte. »Das Sinsar Dubh ist ein Buch.«
»Ein Buch? Das ist alles. Nur ein Buch?« Das erschien mir schrecklich enttäuschend.
»Ganz im Gegenteil, Miss Lane. Machen Sie nie diesen Fehler. Denken Sie nie, dass es nur ein Buch ist. Es ist eine kostbare und sehr, sehr alte Handschrift und unzählige Menschen würden morden, um es in ihren Besitz zu bringen.«
»Sie eingeschlossen? Würden Sie töten, um es an sich zu bringen?« Ich musste genau wissen, wo wir standen, er und ich.
»Absolut.« Er beobachtete mein Gesicht, während ich das verdaute.
»Überdenken Sie noch mal Ihre Entscheidung, Miss Lane?«
»Keineswegs.«
»Dann wird man Sie in einem Zinksarg nach Hause schicken.«
»Ist das wieder eine Drohung?«
»Nicht ich werde Sie ins Jenseits befördern.«
»Wer dann?«
»Ich habe Ihre Frage beantwortet, jetzt sind Sie an der Reihe, meine zu beantworten. Was wissen Sie über das Sinsar Dubh , Miss Lane?«
Offenbar nicht annähernd genug. Um Himmels willen, in was war meine Schwester da hineingeraten? In Dublins finstere Unterwelt, in der Mörder und ruchlose Diebe gestohlene Kunstwerke horteten?
»Sagen Sie es mir«, forderte er. »Und lügen Sie nicht. Ich werde Ihnen ohnehin auf die Schliche kommen.«
Ich bedachte ihn mit einem scharfen Blick. Ja, fast könnte man ihm glauben, dass er mich durchschauen würde. Oh, nicht auf übersinnliche Weise – an solches Zeug glaubte ich nicht –, sondern auf die Art eines Mannes, der die Menschen genau studierte, ihre kleinsten Gesten und Mienen deuten konnte. »Meine Schwester hat hier studiert.« Er hatte mir nur das Allernotwendigste verraten und ich würde ihm keinen Deut mehr bieten. »Sie wurde vor einem Monat ermordet. Kurz bevor sie starb, hat sie eine Nachricht auf meine Mailbox gesprochen und mir eingeschärft, dass ich das Sinsar Dubh finden müsse.«
»Warum?«
»Das hat sie nicht gesagt. Sie behauptete lediglich, alles hinge davon ab.«
Barrons schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Wo ist diese Nachricht? Ich muss sie mir selbst anhören.«
»Ich hab sie versehentlich gelöscht«, log ich.
Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sichan die Wand. »Lügnerin. So einen Fehler würde jemand, der wie Sie bereit ist, für die Schwester in den Tod zu gehen, niemals machen. Wo ist sie?« Da ich schwieg, fügte er gefährlich leise hinzu: »Wenn Sie nicht auf meiner Seite stehen, Miss Lane, sind Sie gegen mich. Ich kenne keine Gnade bei meinen Feinden.«
Ich zuckte mit den Schultern. Er wollte dasselbe wie ich und er war bereit, dafür zu töten. Das machte uns nach meinem Dafürhalten sowieso zu Feinden. Ich spähte über die Schulter durch die offene Tür und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Seine Drohung beeinflusste meine Entscheidung nicht. Aber ich wollte sein Gesicht sehen, wenn ich ihm Alinas Nachricht vorspielte. Falls er etwas mit meiner Schwester oder ihrem Tod zu tun hatte, würde er sich, wie ich hoffte, verraten, sobald er ihre Stimme und die Worte hörte. Außerdem wollte ich ihm klarmachen, dass ich einiges wusste, und er sollte denken, dass auch die Polizei Kenntnis von dieser Nachricht hatte.
»Ich habe bereits eine Kopie der Aufnahme an die Dubliner Gardai übergeben«, erklärte ich, während ich mein Handy aus der Handtasche fischte und die gespeicherten Nachrichten abrief. »Sie arbeiten daran, den Mann ausfindig zu machen, mit dem sie sich offenbar eingelassen hat.« Sieh mal an, Mac blufft schon wieder. Besser als: Sieh mal an, Mac nimmt Reißaus. Und sehr viel besser als: Sieh mal an, die dämliche Mac rennt geradewegs in ihr Verderben. Er stellte meine Aussage nicht in Frage – so viel zu seiner vollmundigen Behauptung, er würde wissen, wann ich lüge. Ich stellte den Ton auf laut, dann spielte ich das Band ab und Alinas Stimme füllte das kleine Zimmer.
Ich zuckte zusammen. Gleichgültig, wie oft ich mir das anhörte, es erschreckte mich immer wieder – meine Schwester nur wenige Stunden vor ihrem Tod in schrecklicherAngst. Noch in fünfzig Jahren würde ich diese letzte Nachricht Wort für Wort im Ohr haben.
… Alles ist aus dem Ruder
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