Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
war, rasten wir dahin. Die Luft war lau, am Himmel funkelten die Sterne und unter anderen Umständen hätte ich die Fahrt richtig genossen.
Ich warf Barrons einen Blick zu. Was immer er auch sein mochte – vermutlich auch ein Sidhe -Seher und meistens eine echte Nervensäge –, war er im Grunde doch auch ein Mann, der sein teures Spielzeug liebte und sich freute, durch die schier endlose Nacht zu flitzen.
»Wohin fahren wir?« Ich musste schreien, um mich bei dem Motorengeräusch und dem Rauschen des Windes verständlich zu machen.
Ohne den Blick von der Straße zu wenden, wofür ich ihm bei mehr als zweihundert Stundenkilometern von Herzen dankbar war, antwortete er: »Es gibt drei Hauptspieler in der Stadt, die auch nach dem Buch gesucht haben. Ich möchte in Erfahrung bringen, ob sie schon in irgendeiner Weise erfolgreich waren. Sie, Miss Lane, sind mein Spürhund.«
Ich schaute auf die Uhr am Armaturenbrett. »Es ist zwei Uhr morgens, Barrons. Was sollen wir tun? In ihre Häuser einbrechen und durch die Zimmer schleichen, während sie schlafen?« Ein deutlicher Beweis dafür, dass mein Leben eine Wende ins Surreale genommen hatte, war, dass ich im Falle einer Bejahung nicht protestieren, sondern mich beschweren würde, dass er mich gezwungen hatte, mich für seine Raubzüge so aufzubrezeln. Highheels und ein kurzer Rock würden mir sicherlich nicht helfen, wenn ich vor der Polizei oder einem wütenden, bewaffneten Hausbesitzer flüchten musste.
Barrons fuhr ein wenig langsamer, damit ich ihn besser verstehen konnte. »Nein, diese Leute sind Nachtschwärmer, Miss Lane. Sie sind noch wach und bestimmt ebenso bereit, mich zu empfangen, wie ich, sie zu sehen. Wir behalten uns gegenseitig aufmerksam im Auge. Allerdings haben sie niemanden wie Sie.« Ein träges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Augenscheinlich war er sehr zufrieden mit seiner neuen Geheimwaffe. Plötzlich hatte ich eine ziemlich düstere Zukunftsvision, in der mich ständig jemand wie in der Verizon-Werbung fragte: Ist Ihnen jetzt schlecht?
Barrons beschleunigte wieder und in den nächsten zehn Minuten schwiegen wir, dann bog er von der Hauptstraße in ein mit einer Mauer umgebenes Grundstück ein. Nachdemuns zwei weiß uniformierte Sicherheitsmänner mit einem diskreten Telefonanruf im Haupthaus angekündigt und das Stahltor geöffnet hatten, schnurrten wir über eine gewundene, zu beiden Seiten von riesigen, uralten Bäumen gesäumte Zufahrt.
Das Haus am Ende des Weges war ein Anachronismus in dieser Umgebung. Offenbar hatte man das alte Herrenhaus, das hier zweifellos einmal gestanden hatte, dem Erdboden gleichgemacht, um es durch ein weitläufiges, nüchternes, hell beleuchtetes Gebäude aus Stahl und Glas zu ersetzen. Verglaste Treppenhäuser verbanden die fünf versetzten Ebenen miteinander. Auf den von Stahlgerüsten gestützten Terrassen standen New-Age-Möbel, die entsetzlich unbequem aussahen. Ich gebe es zu – ich bin altmodisch. Ich bevorzuge eine gute alte Veranda mit Holzgeländer, weißen Korbmöbeln, Schaukeln an jedem Ende, langsamen Deckenventilatoren, an Spalieren rankendem Efeu und Hängekörben mit üppigen Farnen – und das alles im Schatten eines Magnolienbaumes mit wachsartigen Blüten. Dieses Haus war mir zu künstlerisch, zu unbehaglich.
Als wir ausstiegen, sagte Barrons: »Nehmen Sie all Ihren Verstand zusammen und berühren Sie nichts, was nicht menschlich aussieht, Miss Lane.«
Ich wäre fast an einem nervösen Lachen erstickt. Was war mit den guten alten Ratschlägen wie: »Benimm dich, behalte die Hände bei dir und sieh erst nach rechts, dann nach links (oder umgekehrt, wenn man in Irland war), bevor du die Straße überquerst« ? Ich sah zu Barrons auf. »Nicht dass ich es wollte, aber warum soll ich das nicht tun?«
»Ich vermute, Fiona hat recht«, sagte er, »und Sie sind eine Lun. Das heißt, Sie würden uns verraten, wenn Sie ein Feenwesen berühren würden.«
Ich betrachtete meine Hände, die hübschen pinkfarbenenNägel, die nicht gerade gut zu meinem neuen Look passten. Zu der dunklen Kurzhaarfrisur würde ich eher einen kräftigeren Nagellack wählen. Ich würde meine Garderobe aufstocken und ein paar Accessoires besorgen müssen. »Eine Lun?« Ich hatte mit den hohen Absätzen Mühe, mit Barrons Schritt zu halten, als wir über die mit weißen Quarzkieseln aufgeschüttete Einfahrt gingen.
»In den alten Legenden werden Sidhe -Seher erwähnt, die ein Feenwesen durch Berührung mit den
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