Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Reinigungsversuchen noch feucht war. »Und wie nennen Sie das? Wenn ich noch was im Magen hätte, würde ich immer noch auf dem Boden kauern. Ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen, aber ich finde, dass künstlich verursachte Würgereize und Erbrechen durchaus eine Schädigung sind.« Ganz zu schweigen von der tiefsitzenden Angst, die ich noch immer nicht abschütteln konnte. Die Härchen am ganzen Körper standen mir zu Berge, als stünde ich unter Strom. Ich wollte so viel Distanz zwischen mich und »dieses Ding« bringen wie nur möglich.
»Sie werden sich dran gewöhnen …«
»Das sagten Sie bereits«, murrte ich.
»… und die Reaktionen werden mit der Zeit schwächer.«
»Ich beabsichtige nicht, so viel Zeit in der Nähe dieses Dings zu verbringen.«
»Dieses Ding« waren Fotokopien von zwei Seiten, dieangeblich aus dem Sinsar Dubh stammten. Fotokopien – nicht einmal die echte Handschrift! Bloße Kopien hatten mich regelrecht gegen die Wand gepresst bei meinen hektischen Versuchen, den Seiten zu entkommen. Ich spürte, dass ich kurz davor war, die Wände hochzugehen und mich nur mit meinen nach wie vor pinkfarbenen Nägeln festzukrallen, obschon ich stark bezweifelte, dass ich mich halten könnte.
»Atmen Sie langsam und tief ein«, forderte Barrons mich auf. »Sie können dieses Gefühl überwinden. Konzentrieren Sie sich, Miss Lane.«
Ich schnappte nach Luft. Es half nicht.
»Ich sagte: einatmen. Nicht wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappen.«
Ich bedachte ihn mit einem eisigen Blick, inhalierte und hielt den Atem an. Nach eine Weile nickte Barrons und ich atmete langsam aus.
»Das ist schon besser«, befand er.
»Warum geschieht das mit mir?«, wollte ich wissen.
»Das ist Teil Ihrer Natur, Miss Lane. Vor Tausenden von Jahren, als die Feenwesen noch wilde Jagd auf Menschen machten und alles vernichteten, was sich ihnen in den Weg stellte, überkam eine Sidhe -Seherin dasselbe Gefühl, sobald Tuatha De Danaan-Reiter in Horden anrückten. Es war ihr eine Warnung und sie führte ihre Sippe in Sicherheit.«
»Ich habe das nicht empfunden, als ich diese Unseelie sah«, gab ich zurück. Doch als ich die ersten beiden Begegnungen noch einmal in Gedanken Revue passieren ließ, wurde mir bewusst, dass mir sehr wohl übel geworden und den »Visionen« eine unerklärliche Angst vorausgegangen war. Ich hatte es nur nicht als das erkannt, was es war, weil ich nicht mehr imstande gewesen war, irgendetwas genauer zu bestimmen. Bei dem letzten Monster hatte ichnichts anderes im Sinn gehabt, als zu Alinas Wohnung zu kommen, und dann war ich so unvermittelt mit ihm zusammengestoßen, dass ich nicht mehr sagen konnte, was ich kurz zuvor empfunden hatte.
»Ich sprach von Horden«, erwiderte Barrons. »Allein oder paarweise üben sie keine so starke Wirkung aus. Es ist denkbar, dass nur das Sinsar Dubh – oder vielleicht noch tausend Unseelie, die sich auf Sie stürzen – eine solche Übelkeit hervorruft. Das Dunkle Buch ist das mächtigste der Feen-Heiligtümer. Und das todbringendste.«
»Bleiben Sie mir vom Leib«, kreischte ich. Mittlerweile war er mit diesen schrecklichen Blättern in der Hand bis auf einen Meter an mich herangekommen. Er machte noch einen Schritt und ich versuchte geradezu, hinter die Tapete zu kriechen.
»Beherrschen Sie Ihre Angst, Miss Lane. Es sind nur Kopien der echten Seiten. Nur die echten Seiten könnten einen bleibenden Schaden verursachen.«
»Tatsächlich?« Das veränderte die Lage grundlegend. »Sie meinen, falls es uns gelingen sollte, dieses Buch zu finden, könnte ich es nicht einmal berühren?«
Seine Lippen kräuselten sich, aber der Blick blieb kalt. »Sie könnten es schon. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Sie sich danach noch mögen würden.«
»Warum sollte ich …« Ich brach ab und schüttelte den Kopf. »Vergessen Sie’s. Ich will’s gar nicht wissen. Halten Sie nur diese Blätter von mir fern.«
»Heißt das, Sie geben die Suche nach dem Mörder Ihrer Schwester auf, Miss Lane? Ich dachte, sie hätte Sie gebeten, das Sinsar Dubh zu finden. Sagte sie nicht, alles hinge davon ab?«
Ich schloss die Augen und sank zurück. Für ein paar Minuten hatte ich Alina ganz vergessen. »Warum?«, flüsterteich, als könnte Alina mich noch hören. »Warum hast du mir nichts von alldem erzählt? Wir hätten uns gegenseitig helfen können. Vielleicht hätten wir beide unser Leben gerettet.« Und das war das Bitterste an der ganzen Geschichte –
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