Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
wie ich«, erzählte mir Barrons. »Letztes Mal hat er versucht, mich bei einer exklusiven Internet-Auktion zu überbieten – ein wohlhabender Einsiedler aus London namens Lucan Trevayne war verschwunden und innerhalb von wenigen Tagen wurde ein großer Teil seiner auserlesenen Sammlung auf dem Schwarzmarkt angeboten – ich hatte vor Beginn der Versteigerung einen Hacker angeheuert, der Mallucés gesamtes Computernetzwerk im entscheidenden Moment lahmlegte.« Barrons’ dunkle Augen funkelten und er lächelte – ein Raubtier, das sich an der Erinnerung eines erfolgreichen Beutezuges erfreut.
Doch das Lächeln verblasste, als er fortfuhr: »Unglücklicherweisewar das, was ich in Trevaynes Sammlung zu finden gehofft hatte, nicht mehr da. Jemand war mir zuvorgekommen. Jedenfalls muss Mallucé schon in den Jahren vor dem Tod seines Vaters vom Sinsar Dubh erfahren haben. Der alte Johnstone beschäftigte sich damals so nebenbei mit Kunst und Antiquitäten und eines Tages herrschte in Fachkreisen hellste Aufregung, weil auf dem Schwarzmarkt fotokopierte Seiten einer Handschrift aufgetaucht waren, die bis dahin als rein mythisch angesehen wurde. Mir ist nicht bekannt, wie viele Kopien existieren, aber ich weiß, dass Mallucé die Seiten irgendwann gesehen hat. Dieser verfluchte Untote pfuscht mir seither immer wieder ins Handwerk.« Das »Dieser verfluchte Untote« klang, als würde sich Barrons wünschen, Mallucé wäre wirklich tot, und als glaubte er nicht, dass er untot war.
»Sie nehmen ihm nicht ab, dass er ein Vampir ist, stimmt’s?«, fragte ich mit gedämpfter Stimme, während wir von einem Zimmer ins nächste an zugekifften Menschen vorbeigingen. Manche lümmelten auf mit Samt bezogenen Diwanen, andere schliefen in Brokatsesseln und wieder andere lagen mehr oder minder bekleidet auf dem Boden. Wir suchten eine Tür zum Kellergeschoss, wo sich, wie uns ein stark benebeltes, rehäugiges Gothic-Mädchen erklärte, »der Meister« aufhielt. Ich bemühte mich, die rhythmischen Bewegungen, Grunzlaute und das Stöhnen nicht wahrzunehmen, als ich über halbnackte Menschenknäuel stieg.
Barrons lachte trocken auf. »Wenn er einer ist, dann hätte ihn derjenige, der ihn dazu gemacht hat, in geweihtem Wasser ertränken, kastrieren, pfählen, ihm die Zähne rausreißen, die Haut abziehen und ihn in der grellen Sonne schmoren lassen sollen.« Er schwieg einen Moment, dann erkundigte er sich: »Fühlen Sie etwas, Miss Lane?«
Ich glaubte kaum, dass er meine Verlegenheit meinte, weil ich über kopulierende Leiber gestiegen war, deshalb schüttelte ich den Kopf.
Wir kamen etwa an einem Dutzend Unseelie vorbei, bis wir den Zugang zum Keller gefunden hatten. Inmitten der weißhäutigen, gepiercten und mit Ketten rasselnden Goth-Typen mit schwarzen Fingernägeln und schwarzen Lippen veranstalteten die Dunklen Feenwesen Dinge mit ihren unwissenden Opfern, die ich lieber nicht genau beobachten wollte. Obwohl ich kein so grausiges Wesen wie den Grauen Mann oder das Ding mit den vielen Mündern mehr zu Gesicht bekommen hatte, wurde mir allmählich klar, dass es so etwas wie einen gutaussehenden Unseelie nicht gab.
»Das stimmt nicht«, erwiderte Barrons auf meine entsprechende Bemerkung. »Die königlichen Unseelie, die Prinzen und Prinzessinnen aus den vier Königshäusern sind ebenso unmenschlich schön wie die königlichen Seelie. Genau genommen ist es praktisch unmöglich, sie auseinanderzuhalten.«
»Wieso treiben sich hier so viele Unseelie herum?«
»Morbidität ist für sie so wichtig wie die Luft zum Atmen, Miss Lane. Sie blühen an Orten wie diesem regelrecht auf.«
Wir irrten eine ganze Zeit durch ein Labyrinth von unterirdischen Gängen, bis wir auf einen langen, schwach beleuchteten Flur stießen, der vor einer massiven, fast quadratischen schwarzen und mit breiten Stahlbändern verstärkten Tür endete. Ein Dutzend Männer mit schweren Patronengürteln über den Schultern und Automatikwaffen in den Händen stand Wache zwischen Mallucé und einigen seiner zu inbrünstigen Anhänger.
Ein bulliger Typ mit rasiertem Schädel stellte sich unsin den Weg. Die Sicherheitsnadeln in seinen Ohren störten mich nicht. Die im Augenlid hingegen schon.
»Was haben Sie hier zu suchen?«, knurrte er und richtete die Waffe mit einer Hand auf Barrons, legte die andere auf den Griff des Revolvers, der im Bund seiner schwarzen Lederhose steckte.
»Richten Sie Mallucé aus, dass Jericho Barrons hier ist.«
»Wieso sollte sich
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