Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Miss Lane? Die würde ich gerne hören.«
Ich kniff die Augen ein wenig zusammen und wich seinen idiotischen Neckereien aus. »Ist dieser Mallucé wirklich ein Vampir, Barrons?«
Er zuckte mit den Schultern. »Er behauptet es. Und er umgibt sich mit Leuten, die es glauben.« Er musterte mich von oben bis unten. »Gestern verlangten Sie zu erfahren, was Sie erwartet, damit Sie Ihre Kleidung darauf abstimmen können. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir heute Nacht einen Besuch bei einem Vampir in einer Gothic-Höhle machen. Warum sehen Sie dann aus wie ein fröhlicher Regenbogen?«
Ich hob trotzig die Schultern. »Nehmen Sie mich mit, oder lassen Sie’s bleiben, Barrons.«
Er nahm mich mit. Genau das hatte ich erwartet.
Es gibt ein paar Dinge, ohne die ein Jäger nicht auskam, und dazu gehörte sein Spürhund.
McCabe lebte im Norden, etwa zwanzig Minuten von der Stadt entfernt, in einem modernistischen Alptraum.
Mallucé wohnte zehn Minuten Fahrzeit südlich von Dublin, lebendig begraben in geschmacklosem Plunder aus der Vergangenheit. Augenscheinlich hatte er ein Faible für die Viktorianische Zeit – die dreiundsechzig Jahre zwischen 1837 und 1901, in denen Königin Viktoria Großbritannien regiert und sich selbst zur Kaiserin von Indien ernannt hatte und deren Stil sich durch üppige Samtportieren und geradezu wollüstig überladene Wohnstuben auszeichnete.
»Steampunk« war das Motto der Nacht bei Mallucé: Klamotten im Viktorianischen Stil, auf aggressive Art verfremdet: zerrissen, durchlöchert, mit Gothic, Rivet und Punk gemixt. Allerdings muss ich zugeben, dass ich Probleme habe, die subtilen Details, die einen individuellenStil der düsteren Mode vom anderen unterschied, zu erkennen. Ich glaube, man muss damit leben, um Bescheid zu wissen.
Wir stiegen aus dem Porsche und ein Unseelie-Rhino-Boy begrüßte uns an der Tür. Seine Tarnung sah aus wie schlichter Deathpunk. Im Gegensatz dazu sah ich tatsächlich aus wie ein fröhlicher Regenbogen.
Mallucés Höhle war ein monströses, verschachteltes Haus aus Ziegel und Stein, ein Architektur-Mischmasch aus der Viktorianischen Zeit, das stark an die Behausung der Addams Family erinnerte mit Türmchen und Säulenvorbauten, schmiedeeisernen Balustraden und Zinnen, Erkerfenstern und Oberlichtern. Es gab so viele verzierte Simse und Stützbalken, dass einem ganz schwindelig wurde, ganz zu schweigen von den Auswirkungen aufs Gemüt.
Vier hohe Stockwerke waren wahllos aufeinandergetürmt und wurden von einem schwarzen Dach gekrönt, das mal flach, dann gefährlich steil und wieder flach war. Die skelettartigen Äste der Bäume, die dringend beschnitten werden müssten, schabten an den schwarzen Schindeln.
Das Haus an sich bot eine Wohnfläche von etwa viertausend Quadratmetern und es würde mich nicht wundern, wenn es mehr als sechzig oder siebzig Zimmer hätte. In der obersten Etage flackerten Strobo-Lichter hinter einem hohen, schmalen Fenster im Rhythmus stürmischer Musik. In den unteren Stockwerken war das Ambiente ganz anders: schwarze und blutrote Kerzen und leise, verträumte, sinnliche Musik.
Barrons hatte mir auf der Fahrt ein paar Dinge über den Gastgeber erzählt. Mallucé war vor gut dreißig Jahren als John Johnstone Jr. in eine britische Geldadelfamilie hineingeboren. Als Johnstone Sr. mit seiner Gattin bei einem dubiosen Autounfall ums Leben kam, hinterließ er seinemvierundzwanzigjährigen Sohn und einzigen Erben ein Vermögen von mehreren hundert Millionen Pfund. J.J. Jr. hatte dem riesigen Finanzimperium seines Vaters ziemlich schnell den Rücken gekehrt, ein Unternehmen nach dem anderen verkauft und alle Aktien und Beteiligungen an anderen Firmen versilbert. Er hatte seinen peinlich wohlklingenden Namen abgelegt und rechtsgültig durch den viel romantischeren Namen »Mallucé« ersetzt. Seither kleidete er sich im zur höchsten Vollendung gebrachten Steampunk-Stil und präsentierte sich seiner Gothic-Gemeinde als ein moderner Untoter.
Im Laufe der Jahre hatte er mit einigen hundert Millionen einen ausschweifenden Kult des wahren Glaubens geschaffen und viele Anhänger und Hardcore-Groupies angelockt. In manchen Gegenden war der Name Mallucé beinahe ein Synonym für Lestat.
Barrons hatte ihn bisher nicht persönlich kennengelernt, ihn jedoch bei einigen Gelegenheiten in Schickeria-Clubs gesehen. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Mallucés Interessen und Errungenschaften von weitem zu verfolgen. »Er ist auf dieselben Artefakte aus
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