Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Sie, wo Sie danach suchen sollen?«
Ich funkelte ihn an. Die Antwort darauf kannten wir beide.
»Meinen Sie nicht, der sicherste Weg, das Dunkle Buchund den Mörder Ihrer Schwester zu finden, ist, in die Welt einzutauchen, in der sie umgekommen ist?«
Selbstverständlich meinte ich das. Daran hatte ich die ganze letzte Woche gedacht. »Solange ich nicht selbst ganz schnell in dieser Welt umkomme«, sagte ich. »Und es scheint wirklich, als würde ich dieses Schicksal herausfordern.«
Er lächelte ein wenig. »Ich glaube, Sie haben noch immer nicht verstanden, Miss Lane. Ich lasse nicht zu, dass Sie Ihr Leben verlieren. Unter keinen Umständen.« Er erhob sich und durchquerte den Raum. Als er die Tür öffnete, sagte er über die Schulter: »Und eines Tages werden Sie mir dankbar dafür sein.«
Machte er Witze? Ich sollte ihm dankbar sein, dass er meine Hände mit Blut besudelt hatte? »Das glaube ich kaum, Barrons«, stellte ich klar, aber die Tür war bereits hinter ihm ins Schloss gefallen und er verschwand in die Dubliner Nacht.
Achtzehn
Schatten: vielleicht meine größten Feinde unter den Feenwesen, schrieb ich in mein Tagebuch.
Ich legte den Stift zwischen die Seiten und sah wieder auf die Uhr; immer noch zehn Minuten, bis das Museum aufmachte. Ich hatte in der Nacht schlecht geträumt und war so erpicht darauf gewesen, das Haus zu verlassen und den sonnigen Morgen zu spüren, irgendwohin zu gehen, wo sich Touristen tummelten und Normalität herrschte, dass ich ganz vergessen hatte nachzusehen, wann das Museum öffnete. Nachdem ich mir in einem Cafe Brötchen und Kaffee gegönnt hatte, blieb mir noch immer eine halbe Stunde Zeit. Ich war eine von vielen, die hier draußen herumlungerten. Manche standen in Grüppchen zusammen, andere saßen auf den Bänken vor dem Eingang zum Museum für Archäologie und Geschichte in der Kildare Street.
Mir war es gelungen, eine dieser Bänke für mich zu erobern, und ich nutzte die Zeit, um Aufzeichnungen über die letzten Ereignisse zu machen und zusammenzufassen, was ich gelernt hatte. Meine Besessenheit, Alinas Tagebuch zu finden, bestimmte das, was ich in mein eigenes schrieb und wie: alles und möglichst detailliert. Im Nachhinein hat man immer eine bessere Sicht auf die Dinge und man weiß nie, welche Schlüsse ein anderer aus dem Geschriebenen zog. Ich war vielleicht für manches blind gewesen, weil ichzu beschäftigt damit war, mein Leben zu leben. Doch falls mir etwas zustoßen sollte, wollte ich den bestmöglichen Bericht über meine Erlebnisse hinterlassen, für den Fall, dass jemand Nachforschungen anstellte – obwohl ich mir das, ehrlich gesagt, kaum vorstellen konnte –, und ich hoffte, dass Alina dasselbe getan hatte.
Ich nahm den Stift wieder in die Hand.
Laut Barrons , schrieb ich, haben die Schatten keine Substanz. Das bedeutet, ich kann sie weder lähmen noch mit der Speerspitze durchbohren. Wie es scheint, habe ich keine Möglichkeit, mich gegen diese niedrige Kaste der Unseelie zu verteidigen.
Das barg eine gewisse Ironie in sich, die mir nicht entging. Die Schatten waren die Geringsten ihrer Art, fast ohne Empfindungen, und dennoch war der Speer in meiner Handtasche (die Spitze sorgfältig in Folie gewickelt), der angeblich selbst den mächtigsten Haien im Feen-Meer den Tod bringen konnte, machtlos gegen den gefräßigen Abschaum. Nun, ich musste mich eben von ihnen fernhalten und mich mit allem bewaffnen, was sie vertrieb. Ich kritzelte noch etwas unter meine Einkaufsliste: etliche Dutzend Taschenlampen in verschiedenen Größen. Ich würde mir angewöhnen, stets zwei oder mehr bei mir zu haben, den Rest wollte ich im ganzen Buchladen verteilen – in jedem Winkel jeden Zimmers, um gewappnet zu sein, wenn das Entsetzliche geschah und ein Stromausfall alles lahmlegte. Ich fröstelte in der warmen Sonne, wenn ich nur daran dachte. Seit gestern, als ich die Kleiderhaufen rund um die papiernen sterblichen Überreste entdeckt hatte, gingen mir die Schatten nicht mehr aus dem Kopf.
Warum lassen sie die Kleider zurück?, hatte ich Barrons gefragt, als ich gestern Abend auf dem Weg zu meinem Zimmer im hinteren Foyer an ihm vorbeiging. Der Mannwar eine richtige Nachteule. In meinem zarten Alter – zu meiner Verteidigung möchte ich anführen, dass ich in letzter Zeit ziemlich viel Stress hatte – war ich um ein Uhr abends so müde, dass mir fast die Augen zufielen, aber er wirkte widerwärtig frisch und tatkräftig und gut gelaunt. Mir war
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