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Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)

Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)

Titel: Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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unterschrieben.
    Ich drehte mich um und starrte auf das Haus – jetzt sah ich es in einem ganz anderen Licht: Es war kein einfaches Gebäude – es war eine Waffe. Erst letzte Woche hatte ich vor dem Haupteingang gestanden und gedacht, dass es wie ein Bollwerk zwischen dem guten und dem bösen Teil der Stadt stand. Jetzt begriff ich, dass es tatsächlich ein Bollwerk war – die Demarkationslinie, die letzte Verteidigungsanlage vor dem Feind. Und Jericho Barrons wehrte Übergriffe aus der verlassenen, finsteren Nachbarschaft mit den vielen, sorgfältig platzierten Flutlichtern ab. Um seinen Besitz zu schützen, musste er sie nur einschalten, und die hungrigen Schatten waren für ihn Wachhunde aus der Hölle.
    Angezogen durch die Faszination des Grauens oder vielleicht getrieben durch das genetisch in mir verankerte Bedürfnis, möglichst viel über die Feenwesen zu erfahren, ging ich auf den Maybach zu. Ganz oben auf dem Häuflein neben der Fahrertür lag eine edle schwarze Lederjacke, die genauso aussah wie die, die ich vorgestern Abend an Rocky O’Bannion gesehen hatte.
    Es gelang mir kaum, das Schaudern zu unterdrücken, als ich mich bückte und die Jacke aufhob. Eine dicke Hülle fiel heraus, die aussah wie stark vergilbtes, poröses Pergament. Ich zuckte heftig zurück und ließ die Jacke fallen. Ich hattediese Art von »Pergament« früher schon gesehen; Dutzende solcher Hüllen in unterschiedlichen Formen und Größen hatte der Wind durch die verlassenen Straßen geweht an dem Tag, an dem ich mich im Nebel in das ausgestorbene Viertel verirrt hatte. Und ich hatte angenommen, dass in der Nähe eine alte Papierfabrik mit kaputten Fensterscheiben war.
    Aber das war weder Papier noch Pergament – es waren Menschen. Oder vielmehr das, was von ihnen noch übrig war. Und wenn ich es an diesem Tag nicht geschafft hätte, noch vor Einbruch der Nacht aus diesem Stadtteil zu entkommen, wäre ich jetzt auch eine dieser … dieser ausgetrockneten menschlichen Hüllen.
    Ich wich zurück. Natürlich brauchte ich mir die anderen Kleiderhaufen nicht anzusehen, um zu wissen, dass von Rocky O’Bannion und seinen fünfzehn Männern nur noch diese Hüllen da waren, aber ich tat es trotzdem. Ich hob noch drei andere Jacketts hoch – mehr konnte ich nicht ertragen. Die Männer hatten nicht einmal gesehen, was sie tötete. Ich fragte mich, ob die Schatten gleichzeitig angegriffen und gewartet hatten, bis alle Männer ausgestiegen waren, oder ob einige Gangster in den Autos sitzen geblieben und erst aktiv geworden waren, als sie sahen, wie ihre Kollegen zu Boden gingen und ausgesaugt wurden, bis nur noch diese Fetzen übrig waren, die die Schatten offenbar für ungenießbar hielten. Ich malte mir aus, wie sie mit gezogenen Waffen aus den Wagen sprangen, nur um demselben für Normalsterbliche unsichtbaren Feind zum Opfer zu fallen. Waren die Schatten so clever, eine Strategie zu entwickeln, oder wurden sie nur von blindem, unersättlichem Hunger getrieben?
    Hätte es mich damals, als ich nicht mehr wusste, wo ich war, im Dunkeln erwischt, dann hätte ich gesehen, was aufmich zukommt – große, ölige Dunkelheit –, aber damals war ich noch ahnungslos, wusste nichts davon, dass ich eine Lun oder eine Sidhe -Seherin bin. Vermutlich hätte ich die Hände gehoben, um die Schatten abzuwehren, aber ich war nicht sicher, ob sie greifbar genug waren, dass die Berührung sie gelähmt hätte.
    Ich nahm mir vor, Barrons danach zu fragen.
    Ich betrachtete die vier Autos und die Häufchen, die von den sechzehn Männern übriggeblieben waren: Kleider, Schuhe, Schmuck und Waffen – jede Menge Waffen. Jeder musste mindestens zwei bei sich gehabt haben; blauer Stahl, der auf dem Pflaster rund um die Fahrzeuge lag. Augenscheinlich brachten die Schatten einen schnellen Tod oder die Revolver hatten Schalldämpfer, denn ich hatte in der vergangenen Nacht keinen einzigen Schuss gehört.
    Auch wenn diese Männer Kriminelle und Mörder waren, auch wenn sie zwei ganze Familien ausgelöscht hatten, konnte ich mich nicht von der Schuld freisprechen, ihren Tod verursacht zu haben. Fahrlässigkeit oder Vorsatz, ich hatte die Finger im Spiel gehabt und würde diese Schuld für den Rest meines Lebens in mir tragen. Letztendlich musste ich lernen, damit zu leben, aber gefallen würde es mir nie.
    Fiona kam um zehn vor zwölf, um den Laden zu öffnen. Am Nachmittag bewölkte sich der Himmel, es fing an zu nieseln. Mir war kalt und ich legte

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