Im Bann seiner Küsse
das Wort heraus, plötzlich wütender, als sie je im Leben gewesen war. »Nein, verdammt«, rief sie und schüttelte ihn energisch. »Das lasse ich nicht zu. Du hast mir ein Versprechen gegeben.« Ihre Stimme brach. Schmerz zerriss sie. Sie klammerte sich an ihn, ließ den Kopf sinken und weinte. Ihre Kampfkraft war erschöpft und hinterließ eine schmerzende, quälende Leere.
»Jack, du hast es versprochen«, stieß sie mühsam hervor. »Du sagtest, wir würden ewig tanzen ...«
Tess hatte keine Ahnung, wie lange sie aneinander gedrückt dasaßen, sie in Tränen, Jack vor sich hin starrend, während sich Wolke um Wolke über den fast vollen Mond schob und tiefe Schwärze sich mit bläulichem Mondschein abwechselte.
»Lissa?«
Das Wort wurde so leise gesprochen, dass Tess zunächst glaubte, sie hätte es sich nur eingebildet. Matt hob sie den Kopf.
»Lissa?«
Sie hielt die Hand vor den Mund, vor Erleichterung ganz schwindelig.
Er sah blinzelnd auf sie hinunter.
Tess schlang die Arme um ihn und schmiegte sich an ihn. »Ich bin da, Jack«, raunte sie und wiegte ihn in den Armen. »Ich bin da. Bei mir bist du sicher.«
Er zog sich zurück und sah sie an. In seinem Blick lag eine Leere, die Tess das Herz zerriss. »Ich werde nie sicher sein, Lissa.« Er schloss die Augen. »Niemals.«
»Sag das nicht. Bitte. Wir werden es gemeinsam durchstehen. Ich weiß, dass wir es können.«
Er schüttelte langsam und unendlich bekümmert den Kopf. »Ich dachte ... mit dir ... so wie die Dinge standen ... dachte ich, dass es mir besser ginge.« Die Worte wurden ohne einen Funken Gefühl ausgesprochen.
Tess musste schwer schlucken. »Tu es nicht, Jackson Rafferty. Wage es ja nicht.«
Er starrte mit blicklosen Augen ins dunkle Gras. »Was nicht?«
»Wage es ja nicht aufzugeben.« Sie packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. »Ich liebe dich.« Ihr Ton verriet Bewegtheit und die Verzweiflung einer Frau, die der Liebe zu spät begegnet war und nun erleben musste, wie sie ihr wieder zu entgleiten drohte. »Ich lasse nicht zu, dass du aufgibst. Wir sind eine Familie, verdammt noch mal, und wir brauchen dich. Ich brauche dich.«
Er zuckte unter jedem Wort zusammen. »Du brauchst niemanden. Hast nie jemanden gebraucht.«
Heiße Tränen des Schmerzes brannten in ihren Augen und liefen über ihre Wangen. Wieder spürte sie, dass ihr alles durch die Finger glitt. Sie versuchte, die Fäuste zu ballen, doch je mehr sie sich bemühte, desto rascher glitt alles davon.
»Du irrst dich«, flüstert sie verzweifelt. »Vor dir war ich immer allein und immer voller Angst. Ich habe mein ganzes Leben lang auf dich gewartet.«
»Lissa ...«
Ihr Name war ein Seufzer der Niederlage. Tess spürte das leise ausgesprochene Wort wie eine Faust an der Kehle. Tränen liefen ihr übers Gesicht und gerieten auf ihre Zunge. Sie schmeckten nach all dem, was sie im Leben angestrebt und nie ganz erreicht hatte, nach allen verpassten Gelegenheiten und vergessenen Träumen. »Bitte, Jack«, sagte sie gebrochen, »schließ mich nicht aus.«
Es dauerte lange, bis er sprach. Und als er es schließlich tat, war seine Stimme unsicher und schwach. »Das möchte ich auch nicht.«
Ihre Erleichterung hätte nicht größer sein können. Sie wischte die Tränen aus den Augen und starrte ihn an. »Versprich, dass du immer bei mir bleibst.« Ihre Stimme brach. »Versprich mir, dass du nicht aufgeben wirst.«
Da sah er sie an, und sie las in seinen Augen, wie sehr er sie liebte. Ihre Kehle wurde so eng, dass sie nicht sprechen konnte. Bitte, Jack, sprich es aus. Sag das winzige Nichts von Wörtchen ...
»Ich kann nicht.« Die Worte klangen rau und wie aus seiner Seele gerissen.
Für Tess war es wie ein Schlag. Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt oder gerüttelt oder sonst etwas ... irgendetwas. Nur um die Distanz, die er zwischen ihnen geschaffen hatte, zu überwinden.
Doch es gab nichts, was sie tun konnte. Er saß neben ihr, berührte sie, und dennoch war ihr, als wäre er viele Meilen weit entfernt. Oh Gott...
Er nahm sie in die Arme und hielt sie so fest, dass es ihr den Atem raubte. Ihre tränennassen Gesichter lagen Wange an Wange, und dann, ganz langsam, rückten sie voneinander ab, nur so weit, um sich in die Augen sehen zu können.
Der Kuss, den er ihr gab, war verzweifelt und angstvoll und schmeckte nach Tränen.
In jener Nacht stand Jack am Schlafzimmerfenster und starrte hinaus in die Finsternis. Sein Körper war angespannt wie
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