Im Banne des schwarzen Schwertes
sich sehr in acht nehmen muß, würde ich sagen«, gab Mondmatt zurück. »Manche behaupten, daß sie, als sie im Gipfel ihrer Macht standen, keine Götter zu fürchten brauchten.«
»Ein wagemutiges Volk, da hast du recht«, sagte Elric mit feinem Lächeln. »Ich erweise ihm meinen Respekt. Jetzt sind Angst und Götter wieder da, und das zumindest finde ich tröstend.«
Mondmatt grübelte eine Weile über diese Worte nach, antwortete dann aber doch nichts darauf.
In ihm aber erwuchs Unbehagen.
Die Gegend war angefüllt mit unbekanntem Rascheln und Flüsterlauten, obwohl, soweit sie feststellen konnten, kein lebendiges Tier hier wohnte. Störend machte sich das Fehlen von Vö- geln, Nagetieren und Insekten bemerkbar, und obwohl die Männer solchen Geschöpfen normalerweise mit wenig Zuneigung begegneten, hätten sie ihre Gesellschaft in diesem beunruhigenden Wald sehr begrüßt.
Mit zitternder Stimme begann Mondmatt ein Lied zu singen, in der Hoffnung, sich damit die Stimmung zu erhalten und zu verhindern, daß sich seine Gedanken zu sehr mit dem lauernden Wald beschäftigten:
»Mein Handwerk ist Lachen und Reden,
Damit friste ich mein Leben,
Ich bin zwar nicht groß, und mein Mut ist klein,
Doch wird mein Ruhm so schnell nicht vergessen sein.«
Mit solchem Gesang, der ihm die natürliche gute Laune zurückbrachte, ritt Mondmatt hinter dem Mann her, den er für seinen Freund hielt -einen Freund, der für ihn eine Art Herr und Meister war, obwohl keiner der beiden es zugab.
Elric lächelte über Mondmatts Lied: »Über den eigenen Mangel an Größe und Mut zu singen -das dürfte nicht gerade dazu beitragen, Feinde zu verscheuchen, Mondmatt.«
»Aber auf diese Weise stelle ich auch keine Provokation dar«, antwortete Mondmatt wortgewandt. »Wenn ich meine Fehler besinge, bin ich sicher. Würde ich mit meinen Talenten prahlen, könnte dies jemand als Herausforderung ansehen und den Entschluß fassen, mir eine Lektion zu erteilen.«
»Das stimmt«, sagte Elric ernst, »und du hast wohl gesprochen.«
Er begann auf bestimmte Blüten und Blätter zu deuten, erklärte ihre fremdartige Färbung und Beschaffenheit und belegte sie zuweilen mit Bezeichnungen, die Mondmatt nicht verstand; er wußte, daß die Ausdrücke zum Vokabular eines Zauberers gehörten. Der Albino schien unberührt von den Ängsten, die den Ostländer heimsuchten, doch bei Elric verhüllte der äußere Schein oft gegensätzliche Realitäten.
Sie machten eine kurze Pause, während Elric einige Muster sortierte, die er von Bäumen und Pflanzen abgerissen hatte. Sorgsam verstaute er seine Funde im Gürtelbeutel, verriet Mondmatt aber nicht den Grund für sein Tun.
»Komm!« sagte er schließlich. »Troos' Geheimnisse erwarten uns.«
Doch im nächsten Augenblick sagte eine fremde Stimme, eine Frauenstimme, leise in dem Dämmerlicht: »Hebt euch den Ausflug für ein andermal auf, Fremde.«
Elric zügelte sein Pferd, eine Hand auf Sturmbringers Griff gelegt. Die Stimme hatte eine überraschende Wirkung auf ihn. Sie klang leise und tief und versetzte einen Augenblick lang den Puls in seinem Hals in hektische Eile. Es war unglaublich - doch er spürte plötzlich, daß er auf einer Straße des Schicksals stand - doch wohin ihn diese Straße führen würde, wußte er nicht. Hastig bezwang er seine Gedanken und dann seinen Körper und blickte zu den Schatten hinüber, aus denen die Stimme gesprochen hatte.
»Sehr freundlich von dir, uns deinen Rat anzubieten, meine Dame«, sagte er streng. »Komm, zeig dich, gib uns eine Erklärung.«
Da ritt sie herbei, sehr langsam, auf einem schwarzverhüllten Wallach, der im Banne von Kräften tänzelte, die sie kaum zurückzuhalten vermochte. Mondmatt zog anerkennend den Atem ein, denn sie hatte zwar ein rundes, volles Gesicht, war aber unglaublich schön. Gesichtsausdruck und Haltung verrieten eine hohe Abkunft, die Augen schimmerten graugrün und verbanden Rätselhaftigkeit mit Unschuld. Sie war noch sehr jung. Trotz ihrer Fraulichkeit und Schönheit schätzte Mondmatt sie auf etwa siebzehn Jahre oder wenig mehr.
Elric fragte stirnrunzelnd: »Bist du allein unterwegs?«
»In letzter Zeit«, erwiderte sie und versuchte ihr offenkundiges Erstaunen über die Hautfarbe des Albinos zu verbergen. »Ich brauche Hilfe -Schutz. Männer, die mich sicher nach Karlaak geleiten. Dort werden sie dafür bezahlt werden.«
»Karlaak an der Tränenwüste? Das liegt doch auf der anderen Seite von Ilmiora, hundert Meilen
Weitere Kostenlose Bücher