Im Banne des schwarzen Schwertes
Gutheran hob den Kopf. »Von Tribut war nicht die Rede.«
»Eure Anerkennung der Götter muß in der Form von kostbaren Juwelen und Edelmetallen erfolgen, König Gutheran. Ich dachte, das hättest du begriffen.«
»Ihr kommt mir eher wie gewöhnliche Diebe vor denn als ungewöhnliche Sendboten, meine Freunde. Org ist arm, wir haben nichts, um es Scharlatanen in den Rachen zu werfen.«
»Achte auf deine Worte, König!« Elrics klare Stimme hallte warnend durch den Saal.
»Wir werden uns den Tanz anschauen und dann über die Wahrheit deiner Äußerungen urteilen.«
Elric nahm Platz und drückte Zarozinias Hand tröstend unter dem Tisch, ehe sie aufstand.
Anmutig und zuversichtlich schritt sie in die Mitte des Saals und begann zu tanzen. Elric, der sie liebte, war verblüfft über ihre Anmut und Geschicklichkeit. Sie tanzte die alten schönen Tänze Ilmioras und verzauberte damit sogar die begriffsstutzigen Orger. Während sie sich noch bewegte, wurde ein großer goldener Gastkelch hereingetragen.
Hurd lehnte sich an seinem Vater vorbei und
sagte zu Elric: »Der Gastkelch, Herr. Es ist bei uns üblich, daß unsere Gäste davon in Freundschaft trinken.«
Elric nickte, verärgert, daß er in seiner Betrachtung des wunderschönen Tanzes gestört wurde, die Augen auf Zarozinia gerichtet, die schwerelos über den Boden schwebte und immer neue Posen erfand. Im Saal herrschte Stille.
Hurd reichte ihm die Schale, die er geistesabwesend an die Lippen setzte, während Zarozinia zum Tisch tanzte und daran entlangwirbelte, auf Elric zu. Als er den ersten Schluck trank, schrie Zarozinia auf und schlug ihm den Kelch mit dem Fuß von den Lippen. Der Wein ergoß sich über Gutheran und Hurd, die wutentbrannt aufsprangen. »Der Wein war vergiftet, Elric! Sie haben ihn vergiftet!«
Hurd schlug mit der Hand nach ihr und traf sie voll ins Gesicht. Sie fiel zurück und blieb leise stöhnend auf dem schmutzigen Boden liegen. »Hexe! Können denn die Boten der Götter an versetztem Wein Schaden nehmen?«
Zornig schob Elric Gutheran zur Seite und schlug außer sich vor Wut über die Mißhandlung Zarozinias nach Hurd, dem der Mund blutig aufplatzte. Aber das Betäubungsmittel zeigte bereits Wirkung. Gutheran brüllte etwas, und Mondmatt zog, nach oben blickend, seinen Säbel. Elric schwankte; seine Sinne verwirrten sich, die ganze Szene hatte plötzlich etwas Irreales. Er sah, wie Diener nach Zarozinia griffen, konnte aber nicht erkennen, wie es Mondmatt erging. Die Welt drehte sich um ihn, Übelkeit machte sich in seinem Magen breit, und er vermochte kaum noch seine Gliedmaßen zu kontrollieren.
Elric mobilisierte seine letzten Kräfte und schlug Hurd mit einem gewaltigen Fausthieb nieder. Dann sank er selbst bewußtlos zusammen.
3
Der kalte Griff von Ketten umgab seine Handgelenke, und Wasser sprühte ihm dünn ins Gesicht, das dort schmerzte, wo Hurds Nägel seine Haut aufgerissen hatten.
Er blickte sich um. Er war zwischen zwei Steinsäulen angekettet und lag offensichtlich auf einem Begräbnishügel von erheblicher Größe. Es war Nacht, und ein bleicher Mond schwebte am Himmel über ihm. Er blickte auf die Gruppe von Männern unter sich hinab. Hurd und Gutheran gehörten dazu. Sie grinsten ihn spöttisch an.
»Leb wohl, Sendbote! Du wirst uns nützlich sein und die Kreaturen vom Hügel beruhigen!« rief Hurd zu ihm empor, und er und die anderen eilten zur Zitadelle zurück, die sich unweit als Silhouette erhob.
Wo war er? Was war aus Zarozinia geworden-und Mondmatt? Warum hatte man ihn so angekettet, offensichtlich auf - Erkenntnis und Erinnerung kehrten zurück - auf dem Hügel?
Er erschauderte, hilflos in kräftige Ketten geschlagen. Verzweifelt begann er daran zu zerren, doch sie gaben nicht nach. Er durchforschte sein Gehirn nach einem Plan, doch Schmerzen und die Sorge um die Sicherheit seiner Freunde verwirrten ihn. Er hörte ein fürchterliches raschelndes Geräusch von unten und sah eine gespenstische weiße Gestalt in das Dämmerlicht huschen. Verzweifelt bäumte er sich auf, gehalten von rasselndem Eisen.
Im Großen Saal wurde die wilde Feier zu einer ekstatischen Orgie. Gutheran und Hurd waren total betrunken und lachten brüllend über ihren Sieg.
Außerhalb des Saals hörte Veerkad den Lärm der Ausschweifungen und empfand Haß. Vor allem haßte er seinen Bruder, den Mann, der ihn verstoßen und geblendet hatte, um zu verhindern, daß er die Zauberei studierte, mit deren Hilfe er den König unter dem
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