Im Banne des schwarzen Schwertes
»Dein Liebhaber hat mir genützt!« kicherte er und betrat den Grabberg. Der Todesgeruch war beinahe zuviel für das Mädchen, während sie von dem blinden Verrückten in die Tiefe des Hügels getragen wurde.
Hurd, der durch seinen Spaziergang an der frischen Luft wieder zu sich gekommen war, spürte Entsetzen, als er Veerkads Ziel erkannte; der Grabhügel, der Hügel des Königs, war der gefürchtetste Ort in Org. Hurd zögerte vor dem schwarzen Eingang und wäre am liebsten geflohen. Dann sah er plötzlich Elrics große, blutige Gestalt den Hang herabkommen; der Fluchtweg war ihm abgeschnitten.
Mit einem verzweifelten Schrei floh er in den Hügeleingang.
Elric hatte den Prinzen vorher gar nicht wahrgenommen, so daß der Schrei ihn überraschte, und er sogleich festzustellen versuchte, wer da geschrien hatte. Doch er kam zu spät. Er lief die steile Schräge zum Eingang hinab. Da hastete eine weitere Gestalt aus der Dunkelheit herbei.
»Elric! Dank sei den Sternen und allen Göttern der Erde! Du lebst!«
»Dank sei Arioch, Mondmatt. Wo ist Zarozinia?«
»Dort drinnen - der verrückte Sänger hat sie mitgenommen, und Hurd ist den beiden gefolgt. Sie sind alle verrückt, diese Könige und Prinzen, ich sehe keinen Sinn in ihrem Tun!«
»Ich habe so eine Ahnung, als hätte der Sänger mit Zarozinia nichts Gutes vor. Schnell, wir müssen hinterher!«
»Bei den Sternen, was für ein Totengestank! So etwas habe ich noch nicht eingeatmet - nicht einmal nach der großen Schlacht im Eshmir-Tal, wo die Armeen Elwhers die von Kaleg Vogun bekämpften, des Usurpatorprinzen der Tanghensi. Eine halbe Million Leichen lag im Tal verstreut, von einem Ende zum anderen!«
»Wenn dein Magen zu schwach ist.«
»Ach, komm!«
Die beiden Männer stürmten in den Gang, gelenkt von dem leisen Wahnsinnslachen Veerkads und den nicht ganz so fernen Bewegungen eines von Angst überwältigten Hurd, der nun zwischen zwei Feinden gefangensaß und im Grunde vor einem dritten die meiste Angst hatte.
Hurd stolperte durch die Schwärze und schluchzte entsetzt vor sich hin.
Im phosphoreszierenden Hauptgrab, umgeben von den mumifizierten Leichen seiner Vorfahren, sang Veerkad das Wiederauferstehungsritual vor dem gewaltigen Sarg des Hügelkönigs - ein Riesengebilde, etwa anderthalbmal so groß wie Veerkad, der nicht gerade klein gewachsen war. Veerkad dachte nicht mehr an seine eigene Sicherheit, sondern ausschließlich an seine Rache gegenüber dem Bruder Gutheran. Er hielt einen langen Dolch über Zarozinia, die sich nahe dem Sarg entsetzt auf dem Boden zusammengekrümmt hatte.
Zarozinias Blut würde den Höhepunkt des Rituals bilden, und dann.
.dann würde im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle losbrechen. Jedenfalls plante es Veerkad so. Er beendete seinen Gesang und hob das Messer in dem Augenblick, als Hurd mit einem gellenden Aufschrei und gezogenem Schwert in den Grabraum stürzte. Veerkad fuhr herum, das blinde Gesicht wütend verzerrt.
Ohne auch nur einen Augenblick lang im Lauf innezuhalten, stieß Hurd dem Blinden das Schwert in den Leib; er rammte die Klinge bis zum Griff hinein, so daß die blutige Spitze aus dem Rücken ragte. Der andere aber schloß in ächzendem Todeskampf die Hände um den Hals des Prinzen. Schloß sie endgültig.
Irgendwie gelang es den beiden Männern, sich einen Anschein von Leben zu bewahren; in makabrem Todeskampf miteinander ringend, schwankten sie durch die phosphoreszierende Kammer. Der Sarg des Hügelkönigs begann leicht zu zittern und zu beben - eine kaum merkliche Bewegung.
So fanden Elric und Mondmatt Veerkad und Hurd. Als er sich überzeugt hatte, daß die beiden dem Tode nahe waren, hastete Elric durch den Grabraum zu Zarozinia, die zum Glück bewußtlos geworden war; die Aufregungen waren zuviel für sie gewesen. Elric hob sie hoch und machte Anstalten, den Grabraum zu verlassen.
Da fiel sein Blick auf den bebenden Sarg.
»Schnell, Mondmatt! Der blinde Dummkopf hat die Toten gerufen, das spüre ich. Beeil dich, mein Freund, ehe die Horden der Hölle sich auf uns stürzen!«
Mondmatt hielt keuchend den Atem an und eilte hinter Elric den Gang entlang, der frischen Nachtluft entgegen.
»Wohin jetzt, Elric?«
»Wir müssen riskieren, zur Zitadelle zurückzukehren. Dort befinden sich unsere Pferde und unsere Vorräte. Wir brauchen die Pferde, damit wir schnell von hier fort können, denn wenn mein Instinkt mich nicht trügt, gibt es hier bald ein schlimmes Blutvergießen.«
»Es
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