Im Bannkreis Des Mondes
herausfand, dass sie gehörlos war.
Sie konnte dankbar sein, wenn er sie bis dahin in die Geheimnisse ihrer Weiblichkeit eingeweiht hatte.
Was ihr einst so große Angst gemacht hatte, war jetzt zu einer Reise geworden, die sie nur zu gern antreten wollte. Und dieser Gedanke beunruhigte sie. Vor allem nach dem, was sie letzte Nacht getrieben hatte.
Sie war ein schamloses Mädchen.
Sie sollte nicht so eifrig sein. Doch eigentlich ging es gar nicht um Anstand und Scham. Sie hatte schon so viel Energie darauf verwendet, ihre Taubheit zu verbergen, dass ihr keine Kraft geblieben war, um jetzt auch dieses neu erwachte Verlangen zu unterdrücken. Und wenn sie ehrlich zu sich war, dann wollte sie das auch gar nicht.
Abigail setzte sich auf und blickte sich um. Erneut erfasste sie Erleichterung, dass Talorc schon fort war. Die Zeltklappe war nach unten geschlagen, aber das Grau der frühen Morgendämmerung drang von draußen ins Zelt. Da sie ihren Laird inzwischen ein wenig kannte, vermutete sie, dass er vorhatte, sich zeitig für den Ritt gen Norden zu rüsten.
Sie schob den Pelz zurück, unter dem sie gelegen hatte, und wollte nach ihrem Unterhemd greifen. Mitten in der Bewegung hielt sie inne und krauste die Nase. Sie roch nach ihm. Sie roch, wie der Sex mit ihm roch.
Diesmal erröteten nicht nur ihre Wangen. Ihr ganzer Körper wurde von der Hitze erfasst, während eine Welle der Scham sie durchströmte. Sie konnte nur hoffen, dass seine Krieger den Geruch ihres Liebesspiels nicht wahrnahmen, weil sie selbst nach Schweiß und Pferd stanken.
Abigail hätte mit Freuden das Kräuterbündel, das sie mitgenommen hatte, für einen kleinen Bachlauf hergegeben, an dem sie sich jetzt waschen könnte. Nicht, weil ihr der Geruch von Talorcs Samen auf ihr nicht gefiel – ein Gedanke, der sie erneut erröten ließ. Musste sie nicht anstößig finden, was er mit ihr gemacht hatte? Merkwürdigerweise war es eher ein sehr befriedigendes Gefühl …
Doch von ihrer unerklärlichen Reaktion einmal abgesehen – sie wollte nicht, dass jemand erfuhr, was sie in der letzten Nacht mit ihrem Ehemann getrieben hatte.
Sie spürte die Vibrationen schwerer Schritte vor dem Zelt und griff nach dem Pelz. Kaum hatte sie sich notdürftig damit bedeckt, als die Zeltklappe auch schon beiseitegeschoben wurde. Talorc blickte finster herein. »Du bist also wach.«
Die vertraute Angst lag ihr plötzlich wieder schwer wie ein Felsbrocken im Magen. Sie hatte irgendetwas nicht mitbekommen. Schon wieder. »Hast du nach mir gerufen? Ich bin gerade erst aufgewacht.«
Der finstere Blick wurde etwas weicher. »Wenn du was essen willst, ehe wir das Lager abbrechen, müsstest du das jetzt tun.«
»Ich würde mich lieber waschen.«
»Dafür bleibt keine Zeit.« Er sah aus, als gefiele ihm das irgendwie.
»Ich rieche ziemlich …«
»Du riechst nach mir.«
»Ja.«
»Genauso soll es sein.«
»Du bist wirklich etwas unzivilisiert, kann das sein?«
»Stimmt.« Jetzt lächelte er sogar. Ihre Frage schien ihn nicht weiter zu stören.
Wenigstens hatte sie ihn nicht beleidigt. Manchmal sagte sie etwas, ohne vorher darüber nachzudenken. Sie hatte ihn nicht beleidigen wollen. Schließlich war sie nicht ganz sicher, ob diese archaischen Ansichten ihres Mannes sie entsetzten oder bezauberten.
»Möchtest du, dass ich dir was zu essen bringe?«
»Das wird nicht nötig sein. Ich werde mich rasch anziehen.« Sobald er sie allein ließ, damit sie wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre hatte.
Doch er machte keine Anstalten zu gehen.
»Ich möchte mich eigentlich nicht in einem offenen Zelt anziehen.«
Er ließ die Zeltklappe hinter seinem Rücken fallen und trat geduckt näher.
Verblüfft starrte sie ihn an. »Du willst, dass ich mich vor deinen Augen anziehe?«
»Weißt du denn schon, wie du die Falten deines Plaids richtig legst?«
»Ähm … nein?«
Er zuckte mit den Schultern, als habe sie sich gerade selbst die Antwort gegeben.
Sie schaffte es irgendwie, unter dem Pelz das Unterhemd und die Bluse überzustreifen, ehe sie aufstand und ihm gestattete, ihr mit dem Plaid zu helfen. In der Enge des Zelts war es schwierig, das zu bewerkstelligen. Irgendwie gelang es ihr mit seiner Hilfe dann doch. Als sie fertig war und das Zelt verlassen wollte, legte er eine Hand auf ihren Arm.
Über die Schulter blickte sie zu ihm auf.
»Ich will alles von dir sehen. Bald.«
Sie antwortete darauf nicht, sondern verließ stumm das Zelt.
An diesem Morgen durfte
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